Althalus
Staatskunst und Diplomatie, Althalus«, riet Wendan. »Kriege sind ein klein wenig anders. Soldaten werden mehrmals am Tag hungrig und müssen versorgt werden. Wenn man darauf achtet, dass sie nichts zu essen bekommen, ver zögert man ihren Vormarsch am wirksamsten. Die Erntezeit dürfte begonnen haben - vielleicht haben die Kanthoner mit ihrem Ein-fall darauf gewartet. Ich hoffe, Eure Arya hängt nicht zu sehr am Weizenertrag dieses Jahres, denn damit wird es schlecht aussehen, wenn Gelun und ich das Grenzland erreicht haben. Wir werden alles auf fünfzig Meilen in der Runde in Brand setzen.«
»Und jeden Brunnen vergiften, den wir finden«, fügte Gelun hinzu.
»Vergiften?« Althalus erschrak.
»Nun, daraufläuft es hinaus, wenn man ein Pferd oder eine Kuh oder sonst ein Tier hineinwirft, das mehr als eine Woche tot ist. Das Wasser ist dann nicht mehr trinkbar.«
»Und wenn gerade kein totes Vieh herumliegt, kann man auch Leichen nehmen. Daran mangelt es in einem Krieg nicht«, meinte Wendan.
Althalus schüttelte sich angewidert. »Könnt ihr Smeugor und Tauri davon abhalten, sich einzumischen?«
Gelun rümpfte die Nase. »Alles, was mehr als eine Meile von ihrem Pavillon entfernt ist, könnte sich genauso gut am Ende der Welt befinden. Unsere ruhmreichen Führer sind keine großen Freunde körperlicher Betätigung. Wendan und ich salutieren zackig, wenn die beiden uns etwas befehlen, doch sobald wir außer Sicht-und Hörweite sind, tun wir, was wirklich getan werden muss. Sagt Sergeant Khalor, dass wir ihm Invasoren schicken, die entsetzlich hungrig und durstig sein werden. Er wird schon wissen, was er mit ihnen anfangen soll.«
»Aber lasst uns die Karte hier«, bat Wendan. »Wenn Ihr uns nun entschuldigen würdet. Es wird Zeit, dass wir unseren Männern den Marschbefehl erteilen.«
»Viel Spaß«, wünschte ihnen Althalus und verließ das Zelt.
»Euch mangelt es noch an guten Umgangsformen, Althalus«, bemerkte Leitha, als er sich ihr wieder anschloss. »Wart Ihr nicht etwas zu barsch zu Smeugor und Tauri? «
»Ich hätte noch barscher sein können. Was haben sie gesagt, nachdem ich gegangen war? «
»Sie sind furchtbar aufgeregt und außerordentlich besorgt. Seit der Zusammenkunft in Albrons Festung ist es ihnen nicht gelungen, sich mit Ghend in Verbindung zu setzen. Im Augenblick sind sie ziemlich ratlos, wie es scheint. Gewöhnlich läuft es so ab, dass Argan ihnen Botschaften von Ghend überbringt und ihre Nachrichten mit zurücknimmt, doch sie haben ihn seit Wochen nicht gesehen. Das verstehen sie nicht, und es macht ihnen schreckliche Angst. Sie wissen, dass Ghend sie bestrafen wird -möglicherweise mit einem grausamen Tod -, falls sie etwas falsch machen.«
»Wie bedauerlich«, spöttelte Althalus. »Wir sollten zusehen, dass wir in den Turm zurückkommen, ehe Khalor aus der Haut fährt.«
»Da ist noch etwas, Althalus«, sagte Leitha mit besorgter Miene,
»aber ich werde nicht recht schlau daraus.«
»Ach? «
»Argan ist derjenige, der Spione für Ghend anwirbt -gewöhnlich mit Bestechungen. Das hat er zumindest in Wekti getan. In Treborea ist es etwas anders. Er besticht zwar immer noch alle möglichen Staatsdiener, doch ich habe von Smeugor und Tauri immer wieder das Wort ›Bekehrung‹ aufgefangen, das ihnen grauenvolle Furcht einjagt. Sie nehmen zwar mit Vergnügen Geld von Argan, aber es sind offenbar einige Bedingungen damit verknüpft.«
»Das hat uns gerade noch gefehlt«, brummte Althalus. »Ich hasse es, wenn Religion mit Politik verknüpft wird.«
»Ich dachte mir jedenfalls, dass Ihr es wissen solltet, Althalus.«
»Vielen Dank.« Er blickte sie an. »Wie kommt Bheid eigentlich zurecht? Gher sagte, er hat sehr verlegen ausgesehen, als du gewisse Türen für ihn geöffnet hast - du weißt schon, was ich meine.«
Sie kicherte. »Er war nicht ganz bereit für manche Dinge, die damit zu tun hatten. Es störte ihn nicht, Ideen auszutauschen, aber bei Gefühlen hat ihm der Austausch arg zu schaffen gemacht.«
»Würde dich ein Vorschlag kränken, Leitha?«, fragte Althalus behutsam, als sie sich der Turmtreppe näherten.
»Das kommt auf den Vorschlag an.«
»Würdest du die nächste Zeit ein wenig sanfter mit Bheid umgehen? «
»Was versteht Ihr unter ›sanfter‹?«
»Sorg dafür, dass er nicht ständig errötet. Und lass die ›schlimmen Gedanken‹ - zumindest bis er sich daran gewöhnt hat, Fremde in seinem Kopf zu haben.«
»Aber er ist so süß, wenn er errötet«,
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