Althalus
Honig zu bringen, oder die Vögel überreden könnte, ihm ihre Eier auf seinen Frühstücksteller zu legen.
Ich sag euch, Brüder, dieser Junge wird weit kommen.«
Althalus kam tatsächlich weit. Er war schon vom Wesen her nicht sesshaft und schien mit einer grenzenlosen Neugier gesegnet oder geschlagen -zu sein, unbedingt sehen zu wollen, was auf der anderen Seite des Hügels oder Berges oder FlussesJag, zu dem er gelangte. Seine Neugier beschränkte sich jedoch nicht auf Örtlichkeiten, noch viel mehr interessierte ihn, was sesshaftere Menschen in ihren Häusern oder Geldsäckeln hatten. Diese doppelte Neugier verbunden mit der beinahe instinkthaften Erkenntnis, dass er sich lange genug an einem bestimmten Ort aufgehalten hatte -sorgte dafür, dass Althalus ständig weiterzog.
So kam es, dass er das Grasland von Plakand und Wekti gesehen hatte, die sanften Hügel von Ansu und die Gebirge von Kagwher, Arum und Kweron. Hin und wieder hatte er sogar Abstecher nach Regwos und Südnekweros gemacht, obwohl man ihn vor den Schrecken gewarnt hatte, die in den Bergen je nseits des äußeren Randes der Grenze ihr Unwesen trieben.
Was Althalus besonders von anderen Dieben unterschied, war sein erstaunliches Glück. Er konnte jedes Mal gewinnen, wenn er Würfel in die Hand nahm, und egal wohin er sich begab und in welchem Land, er hatte seine Glücksfee dabei, wie er es nannte. Eine Zufallsbegegnung oder ein Gespräch führten ihn fast immer zu dem Reichsten und Arglosesten eines jeden Ortes, und es schien, dass jeder Weg, den er aufs Geratewohl nahm, ihn schnurstracks zu lohnenden Gelegenheiten führte wie keinen anderen Dieb. In der Tat war Althalus noch bekannter für sein Glück als für seine Schläue oder sein Geschick.
Mit der Zeit verließ er sich gänzlich auf sein Glück. Wie es schien, besaß er tatsächlich seine eigene Glücksfee, der er uneingeschränkt vertraute. Es ging so weit, dass er insgeheim glaubte, die Glücksfee spräche im verborgenen Schweigen seines Geistes zu ihm. Und das gewisse Kribbeln, das Althalus stets verriet, wann es an der Zeit war, einen bestimmten Ort zu verlassen, hielt er für die Stimme seiner Fee, die ihn vor Unannehmlichkeiten warnte, die am Horizont lauerten.
Die Verbindung von Verstand, Geschick und Glück hatte ihm Erfolg gebracht, doch war er auch wendig und flink -und wenn die Lage es erforderte, war er behände wie ein Reh.
Wenn ein Mensch von Diebstahl lebte und regelmäßig zu essen haben wollte, musste er viel von seiner Zeit damit verbringen, Gäs ten in einer Schenke zu lauschen, da Hinweise für einen einfalls reichen Dieb außerordentlich wichtig sind. Es bringt nicht viel, Arme auszurauben. Althalus mochte einen guten Becher milden Met nicht weniger als andere Schenkengäste, doch trank er selten so viel, dass der Wein ihm zu Kopfe stieg, was man von anderen Zechern nicht unbedingt behaupten konnte. Einem Beschwipsten unterlaufen Fehler, und ein Dieb, der Fehler macht, lebt für gewöhnlich nicht lange. Althalus verstand sich sehr geschickt darauf, in jeder Schenke auf Anhieb jenen Gast auszumachen, der mit der meisten nutzbringenden Information aufzuwarten wusste. Mit Wit zen und Großzügigkeit brachte Althalus sein Opfer für gewöhnlich auch dazu, ihn an diesem Wissen teilhaben zu lassen. Redseligen Männern in Schenken Met zu spendieren betrachtete er als Geschäftsauslagen. Althalus sorgte immer dafür, dass der Inhalt seines Becher stets etwa zur gleichen Zeit zur Neige ging wie der des von ihm Eingeladenen. Doch der größte Teil des Mets aus Althalus' Becher rann aus irgendeinem Grund gewöhnlich auf den Fußboden statt in seinen Magen.
Und so wanderte er von Ort zu Ort, erzählte den Männern in den Schenken seine Witze und bezahlte ein paar Tage lang ihren Met. Wenn er dann erfahren hatte, wer die Reichsten in der Gegend waren, stattete er diesen gegen Mitternacht einen Besuch ab, und gegen Morgen war er meilenweit entfernt auf der Straße und unterwegs zu irgendeinem anderen Grenzstädtchen.
Zwar war Althalus hauptsächlich an heimischer Information interessiert, hörte aber notgedrungen auch zu - wenngleich mit großen Bedenken -, wenn Geschichten über die Städte im Flachland von Equero, Treborea und Perquaine erzählt wurden, den zivilisier ten Ländern im Süden. Niemand auf der Welt konnte so dumm sein, die Straßen seiner Stadt mit Gold zu pflastern, und ein Springbrunnen mit Fontänen aus Brillanten mochte ja sehr hübsch aus sehen,
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