Althars Wolkenhort
das Schwert in den Gürtel und machte sich daran, sie abzureißen, wo sie noch am Turm hafteten. Zögernd folgte Nottr seinem Beispiel. Auch Sadagar kam hinzu. Endlich lag der Eingang zum Wolkenhort frei vor ihnen.
Mythor trat zurück und holte Luft. Er lächelte Kalathee zu, dann sah er Nottr besorgt an. »Du hast dir den Rücken verbrannt, eh?«
»Nottr kennt keinen Schmerz! Ein Lorvaner lernt es als Kind, ihn zu besiegen!«
»Genauso siehst du jetzt auch aus«, kam es von Sadagar.
Mythor sah, dass Nottr nur mühsam an sich hielt. Vorsichtig trat er wieder auf den Turm zu und berührte das bronzefarbene, angerußte Material mit den Fingern. Es kühlte schneller ab, als er erwartet hatte.
Nun gab es nur noch den Riegel, der ihnen den Weg ins Innere des Turms versperrte.
Mythor spürte plötzlich leichten Schwindel. Er verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war, aber er war ein deutliches Alarmzeichen. Das Gift der Hornissen oder die Folge der Anstrengung? Oder etwas ganz anderes? Hatte er unbewusst Angst vor dem, was ihn im Wolkenhort erwarten mochte?
»Unsinn«, murmelte er und strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Bist du soweit, Nottr?«
»Ich warte nur auf dich.«
Mythor hatte sich nicht vorgestellt, dass es leicht sein würde, den fingerdicken und zwei Männerfäuste breiten Riegel aus der Halterung zu schieben. Die Tür selbst hing in schweren Angeln, die in einem Holzbalken rechts von ihr befestigt waren. Ein zweiter Balken links hielt das nach oben hin offene, gewinkelte Eisen, in dem der Riegel lag. Wenn es gelang, ihn herauszuheben und nach oben zu schieben, musste sich die Tür nach außen öffnen lassen. Der ebenfalls aus Eisen geschmiedete, reich verzierte Griff war groß genug, um von zwei Männern gezogen zu werden.
Mythor und Nottr holten tief Luft und gingen in die Knie. Ihre Hände schoben sich unter den Riegel. Die beiden bissen die Zähne aufeinander. Alle ihre Muskel spannten sich.
»Jetzt, Nottr!« presste Mythor hervor.
Die Muskelstränge spannten sich und drohten die Haut der Männer platzen zu lassen. Mit aller ihnen zur Verfügung stehenden Kraft stemmten sie sich gegen den Riegel.
Immer wieder setzten sie ihre Hände neu an. Mythor brach der Schweiß aus allen Poren. Er kniff die Augen zusammen. Nottr ächzte. Der Riegel ließ sich keinen Fingerbreit bewegen.
»Weiter, Nottr«, stieß Mythor keuchend hervor. »Noch einmal!« Der Riegel bewegte sich nicht.
Nottr stieß laut die Luft aus und sprang zurück. »Es hat keinen Sinn, Mythor. Wir schaffen es nicht. Keine zehn Männer schaffen es!«
»Wir kommen hinein«, knurrte Mythor.
Er richtete sich ebenfalls auf und betrachtete den Riegel genauer. Dort, wo er in der Halterung lag, war er angerostet. Das gleiche galt für das andere Ende, das sich, um einen schweren Metallbolzen liegend, nach oben drehen lassen musste .
»Sadagar!« Der Steinmann kam heran.
»Soll er den Riegel hochschieben?« fragte Nottr. Er lachte rau .
»Manchmal kommt es nicht auf Muskelpakete an, sondern hierauf«, konterte Sadagar mit listigem Lächeln und einer bezeichnenden Handbewegung zum Kopf.
»So!« dröhnte Nottr. »Du bist also schlauer als wir!«
»Nur schlauer als du«, versetzte der Steinmann ungerührt. »Ich weiß, was Mythor vorhat.« Sadagar trat am Lorvaner vorbei und zog eines seiner zwölf Messer aus dem Gürtel. Dann begann er, den Rost sorgfältig abzukratzen.
»Das sollte genügen«, sagte Mythor schließlich.
Sadagar steckte das Messer wieder ein und grinste Nottr schelmisch an. Der fluchte und ließ seine Muskeln spielen.
»Nottr!«
»Jaja«, brummte der Lorvaner und trat wieder neben Mythor. Wieder gingen die beiden Männer in die Knie, schoben die Hände unter den Riegel und spannten die Muskeln an. »Jetzt, Nottr!«
Zusammen drückten sie gegen das Eisen. Und diesmal bewegte es sich. Der offensichtliche Erfolg verdoppelte ihre Kräfte. Zugleich drückten sie von unten gegen den Riegel. Nottrs Gesicht wurde zur Grimasse. Sämtliche Adern traten dick hervor. Schweiß brach aus allen Poren. Gebannt sahen Sadagar und Kalathee, wie sich der Riegel unter lautem Knirschen Stück für Stück hob. Er war aus der Halterung. »Weiter, Nottr!« presste Mythor zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Wir schaffen es!«
»Mit ein wenig Verstand lässt sich jedes Problem lösen«, kommentierte Sadagar. Kalathee stieß ihn mit vorwurfsvollem Blick mit dem Ellbogen an. Die Spitze des Riegels schob sich nach oben über
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