Altoetting
was ganz anderes werden wollte. Egal, hatte er sich dann gedacht, geh ich meinem Vater zuliebe eben auf die Schauspielschule und mach nebenher was anderes. Machte er dann auch. Ha-Ra-Vertretung in Oberbayern. Am Abend und zwischen den Schauspielstunden. Quasi Theorie-Praxis. Was er morgens gelernt hat, hat er abends gleich umgesetzt. Als Rollenspiel, von Haustür zu Haustür, in einer Verkaufsimprovisation. Als er nach zwei Jahren von der Schauspielschule abgehen musste – war eben schlussendlich doch zu viel Ha-Ra und zu wenig Schauspiel –, war Arno bereits Generalvertriebsleiter von Ha-Ra-Produkten für Oberbayern, mit Aussicht auf Niederbayern. Außerdem hatte er einen schnellen Sportwagen und lebte mitten in Schwabing allein in einer Vierzimmerwohnung. Penthouse mit Dachterrasse. Natürlich hatte er auch die Schönsten vom anderen Geschlecht, weil er immer gut bei Kasse war. Ja, einen Geschäftssinn und eine Überzeugungsgabe hatte Arno, wirklich, allererste Klasse.
Ganz anders Plotek. Vom Geschäft hat der überhaupt nichts verstanden. Von keinem Geschäft. Nichts von der elterlichen Landwirtschaft, nichts von der Schweinezucht, nichts von der Milchwirtschaft, auch nichts vom Gemeindeleben. Also sollte er nicht Bauer, nicht Milchfahrer, auch nicht Verwaltungsbeamter in der nahen ostalbschwäbischen Kreisstadt werden. Höchstens etwas mit Kirche und Fußball wäre bei ihm in Frage gekommen. Deswegen sollte er am liebsten Priester werden. Wenn‘s nach der Mutter von Plotek gegangen wäre, wäre er zuerst Novize im Stift Neresheim geworden, danach Theologiestudium und alles, was man braucht, und dann Gemeindepfarrer zu Hause in Lauterbach. Da hätte die Mutter von Plotek den Sohn als ihr Kind nicht verloren, weil er dann als Geistlicher natürlich keine Frau ins Haus gebracht hätte, mit Heirat und allem. Auch die Wäsche hätte sie ihm nach wie vor waschen können, bis zu seinem irdischen Ende. Oder ihrem. Plotek brächte die schmutzige am Wochenende hin und nähme die saubere wieder mit. Auch die Unterhosen hätte sie ihm weiterhin kaufen dürfen. Der Geschmack wäre egal gewesen, es hätte die schlabberigen Sonderangebote ohnehin niemand gesehen – wegen dem Zölibat natürlich.
Das gibt‘s bei Müttern von Söhnen oft. Sie hängen an ihren Söhnen wie die Fliegen am Haufen und kommen nicht los. Die Schwiegertöchter haben da keinen guten Stand. Wegen der Konkurrenz natürlich. Die Schwiegertöchter können sich noch so bemühen, aber irgendetwas ist immer. Wenn‘s letztlich auch unverständlich bleibt. Wie meistens bei der Psychologie. Das Einzige, was die Mütter dann doch veranlasst, auf die Söhne zu verzichten, sind die Enkel. Es ist quasi eine Enkel-Sohn-Entscheidung. Da siegt dann meistens der Enkel, wegen dem Vererbungs-Gen. Reproduktionswahn!
Für die Enkel bei Ploteks war aber der Bruder von Plotek auserwählt. Der Bruder war ganz anders als Plotek. Der hatte für alles Verständnis: für die Landwirtschaft, für die Milchwirtschaft und die Gemeinde. Überall kannte er sich aus und interessierte sich. Der Bruder von Plotek hätte alles werden können: Landwirt, Milchfahrer und Verwaltungsbeamter in der nahen ostalbschwäbischen Kreisstadt. Nur nicht Ffarrer. Nein, Ffarrer auf keinen Fall. Und auch nicht Fußballer. Für Fußball hatte er zwei linke Füße und für das Priesteramt ein zu großes Herz. Obwohl man nicht sagen kann, dass ein Ffarrer kein großes Herz hat und ein kleines braucht. Nein, ganz und gar nicht. Aber mal ehrlich, beim Pfarrer ist doch vor allem Gott im Herzen, also Abendmahl, Eucharistie, die Passion und all das. Beim Bruder von Plotek dagegen waren‘s die Mädchen, später dann die Frauen. Der Bruder war der gefürchtetste Frauenheld von ganz Lauterbach. Und auch in der nahen ostalbschwäbischen Kreisstadt war er bekannt.
Ganz anders Plotek. Der war den Frauen zwar nicht abgeneigt, hatte aber viel weniger. Plotek war immer wählerisch, so wie die Mutter bei den Schwiegertöchtern. Dem Bruder dagegen war jede recht.
Außerdem hatte Plotek lange Zeit nur Fußball im Kopf. Deswegen hätte er, wenn’s nach dem Vater gegangen wäre, Fußballer werden sollen. Also, nach der Mutter Priester, nach dem Vater Profifußballer. Nach Plotek selbst auch Profifußballer. Pfarrer auf keinen Fall, nein, bloß nicht Pfarrer, da gibt’s sonst gar keine Frauen und keinen Fußball.
Plotek ist früher eine große Fußballerkarriere vorausgesagt worden. Zuerst hat er bei der SpVg
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