Am Abend des Mordes - Roman
der Valdemar Kuskos gata beschrieben die beiden als ruhige Menschen, die nicht viel Aufhebens um sich machten. Man grüßte sich in der Waschküche, und wenn man einander zufällig auf der Straße oder im Einkaufszentrum begegnete, das war alles.
Aber man wusste natürlich, wer sie war. Die Schlächterin von Klein-Burma. Das lud nicht gerade zu einer Vertiefung des persönlichen Kontakts ein, was nicht hieß, dass man Vorurteile oder vorgefasste Meinungen hatte. Selbstverständlich nicht und Gott bewahre.
Die kriminaltechnischen Berichte zur Fischerhütte, dem blauen Moped sowie der Mückenhölle Stora Svartkärret umfassten ungefähr zwanzig Seiten und waren in etwa so ergiebig wie ein Interview mit einem verletzten schwedischen Leichtathletikstar. Barbarotti begriff nicht, warum ihm ausgerechnet dieser Vergleich in den Sinn kam, aber so war es. Vielleicht hatte es etwas mit Eigelb und Eiweiß zu tun, und das war der Moment, in dem Inspektorin Backman die Tür einen Spaltbreit öffnete und sich eine Abfuhr einhandelte.
Nach der Mittagsbanane stapfte er in den Korridor hinaus und holte sich eine Tasse Kaffee. Begegnete keinem einzigen Kollegen, kehrte in sein Zimmer zurück, stopfte sich mehr Fado in die Ohren, überlegte es sich dann jedoch gleich wieder anders und schaltete die Musik aus. Deponierte den iPod in der rechten Schreibtischschublade und holte das Material zu dem Mord auf Klein-Burma aus der linken.
Bestimmt eine gute Idee, sich auch darin einzuarbeiten, dachte er. Wenn er sich schon mit der Hauptperson persönlich unterhalten sollte. Es war keine Begegnung, auf die er sich freute; abgesehen von seinen Kindern traf er generell nur ungern andere Menschen, aber wenn man darauf angesetzt wurde, das Tun und Lassen einer Mörderin zu untersuchen, war es wahrscheinlich unausweichlich, dass man sich, früher oder später, mit ihr an einen Tisch setzte und ein Gespräch führte.
Weil sie noch in der Schar der Lebenden zugänglich war und sich besten Wohlergehens erfreute. Oder wie es ihr nun auch immer gehen mochte.
Dass man die Sache aufschob und sich ein wenig vorbereitete, war ebenfalls eine gängige Vorgehensweise.
Er hatte bereits einige Seiten des Verhandlungsprotokolls gelesen, als sein Handy klingelte. Er sah, dass es Sara war, und merkte erstaunt, dass er dennoch eine Sekunde zögerte, ehe er sich meldete.
»Papa?«
»Ja, klar. Hallo, Sara.«
»Hallo. Wie geht es dir?«
»Danke der Nachfrage.«
»Im Ernst.«
»Nicht besonders. Wie ist es in Stockholm?«
»Es regnet. Ich lerne.«
»Hast du Vorlesungen gehabt?«
»Ja. Erzähl mir, wie es dir geht, Papa.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Was tust du gerade?«
»Ich gehe wieder arbeiten. Sitze in meinem Büro.«
»Gut. Es ist gut, dass du wieder arbeitest.«
»Ja, das sagen sie.«
»Sie?«
»Ja …«
»Kannst du nachts schlafen?«
Es waren gerade einmal fünf Tage vergangen, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Vor zwei Tagen hatten sie zuletzt telefoniert. Was immer das bedeutete, es bedeutete auf jeden Fall, dass sie sich Sorgen um ihn machte.
»Nein, ich schlafe nicht besonders gut. Aber ich komme schon zurecht, Sara.«
»Warst du noch mal bei diesem Therapeuten?«
»Ich sehe ihn am Donnerstag.«
Es wurde kurz still. Er hörte, dass sie nach Worten suchte.
»Ich habe mir etwas überlegt …«
»Ja?«
»Ich möchte, dass du ein paar Tage zu mir kommst. Nur du … übers Wochenende, vielleicht?«
»Ich weiß nicht …«
»Das würde dir sicher gut tun.«
»Ich muss an die Kinder denken.«
Sie seufzte. »Die kommen schon klar, Papa. Sie sind fast erwachsen. Ehrlich gesagt bist du hier am stärksten betroffen, ich würde mit dir gerne ein Wochenende in Stockholm verbringen … wir könnten ins Theater gehen. Oder ins Kino. Oder einfach nur spazieren gehen und in netten Restaurants essen. Nur wir zwei. Reden … verstehst du?«
»Ja, ich verstehe. Das hört sich toll an, Sara.«
»Du darfst nicht nur sagen, dass es sich toll anhört. Es muss auch etwas daraus werden. Wie wäre es mit diesem Wochenende?«
»Dieses Wochenende ist es ein bisschen schwierig. Ich müsste …«
»Okay. Dann sagen wir das nächste. Das passt mir eigentlich sogar besser, da habe ich nämlich meine letzte Prüfung hinter mir. Dann könnten wir zusammen zurückfahren.«
»Ich werde mal schauen, ob es sich einrichten lässt, Sara.«
»Versprich es mir.«
»All right. Versprochen.«
Sie schwiegen einige Sekunden.
»Sie sind
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