Am Anfang des Weges
seit mehreren Jahren mit niemandem mehr gesprochen, denn er redete am laufenden Band über alles, was ihm in den Sinn kam, und was ihm in den Sinn kam, waren hauptsächlich die Verschwörung der Neuen Weltordnung, der Präsidentschaftskandidat der Populisten von 1992 und ehemalige Delta-Force-Kommandeur »Bo« Gritz.
Mr. Saville hatte sein ganzes Leben in Creston verbracht und erklärte mir stolz, Harry Tracy, das letzte überlebende Mitglied der »Hole in the Wall«-Gang, sei auf einer Ranch bei Creston, keine drei Meilen von dem Café entfernt, erschossen worden. Ich nehme an, jede Stadt hat etwas, worauf sie stolz ist.
Ich bezahlte meine Rechnung, versprach, Mr. Gritz’ Buch zu kaufen, und machte mich wieder auf den Weg. Es war ein langer, langweiliger Marsch, und der Höhepunkt meines Nachmittags bestand darin, etwa fünfzig Meter vor mir einen Rotluchs über den Highway huschen zu sehen. Ich wusste nicht, ob ich wegen des Tiers beunruhigt sein sollte oder nicht. Ich hatte einmal gelesen, Rotluchse würden nur selten Menschen angreifen. Sie täten es im Allgemeinen nur, wenn sie tollwütig wären, was kein rechter Trost war, denn vor die Wahl gestellt, würde ich doch lieber von einem nicht tollwütigen Rotluchs angegriffen werden als von einem tollwütigen. Vorsichtshalber hob ich einen großen Stein vom Straßenrand auf, was sich jedoch als völlige unnötige Anstrengung erwies, da der Luchs bereits verschwunden war, als ich mich wieder aufrichtete.
Der Abend dämmerte bereits, als ich die Davenport erreichte – eine richtige Stadt mit einem Lion’s-Club-Schild am Ortseingang. Außerdem gab es dort ein recht gutes mexikanisches Restaurant, in dem ich mir die Burrito-Comboplatte mit grünem Chili und einen Flanpudding bestellte. McKale hatte sich immer Flanpudding bestellt.
Als ich die Rechnung bezahlte, fragte ich die Bedienung, wo ich hier am besten übernachten könnte. Wie sie mich daraufhin ansah, beunruhigte mich ein wenig, und ich befürchtete schon, sie würde vorschlagen, bei ihr zu Hause. Ich war erleichtert, als sie das Bed & Breakfast & Café in der Morgan Street vorschlug. Es lag nur ein paar Blocks weiter den Highway hinunter. Ich ließ ihr fünf Dollar Trinkgeld da, schulterte meinen Rucksack und machte mich auf den Weg zu der Pension.
Dreiunddreißigstes Kapitel
Die Besitzerin des Bed & Breakfast hatte Bali, China, Nepal, Europa und den Tod gesehen. Aber nicht in dieser Reihenfolge.
Alan Christoffersens Tagebuch
Das Bed & Breakfast in der Morgan Street war ein altmodisches, im viktorianischen Stil errichtetes Haus aus dem Jahr 1896. Die viktorianischen Motive waren schlicht gehalten, aber das Haus besaß noch immer ein paar Zierbalustraden, einen großen Frontgiebel und ein Queen-Anne-Türmchen mit einer glockenförmigen Kuppel.
McKale hätte dieses Haus geliebt , dachte ich. In Bezug auf Bed & Breakfasts war McKale ein echter Connaisseur. Ich erzählte schon, dass sie mich an unserem verlorenen Wochenende mit einem Bed & Breakfast auf Orcas Island überraschen wollte. Sie hatte eine Liste von B&Bs im Pazifischen Nordwesten erstellt, und alle paar Monate verbrachten wir ein Wochenende in einem davon. Einmal, als ich zu viel Arbeit hatte, fuhr sie alleine weg.
Ich drückte die schmiedeeiserne Pforte auf und stieg die Verandastufen hoch. Die Haustür war verschlossen, daher drückte ich auf die Klingel. Fast im selben Augenblick hörte ich Schritte. Ein Riegel wurde zurückgeschoben, und die Tür ging auf. Dahinter stand eine Frau mittleren Alters mit silbergrauem Haar und einer blau umrandeten Brille. Sie trug einen gelben Pullover über einem roten Printkleid.
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Ja. Haben Sie ein Zimmer frei?«
Sie lächelte. »Ja, das haben wir. Kommen Sie herein.« Sie trat von der Tür zurück.
Ich ging hinein und stand auf einem Perserteppich. Drinnen war es warm, und die Empfangshalle machte einen sehr eleganten Eindruck.
»Stellen Sie Ihren Rucksack einfach hier ab.« Sie zeigte auf den Boden neben der Treppe.
»Danke.«
Sie ging zu einem viktorianischen Mahagonischreibtisch an der Wand und nahm ein Gästebuch aus einem Fach. »Sie sind allein?«
»Ja, Ma’am.« Ich nahm den Rucksack von den Schultern und lehnte ihn gegen die Wand.
»Ihr Name, bitte.«
»Alan Christoffersen.«
Sie sah auf. »Sind Sie mit diesem Sänger verwandt?«
»Nein. Mein Name wird auch anders geschrieben.«
Sie beugte sich wieder über das Gästebuch. »Na schön. Wir haben heute
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