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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Vater sagt, daß das nie rauskommt, schaffe ich es kaum, mit dieser Gesetzesübertretung zu leben«.
    Michael legte eine Kopie des Testaments vor sie auf den Tisch. Erst betrachtete sie es verständnislos, dann vertiefte sie sich in das Dokument, und zum Schluß hob sie das Papier mit zitternden Händen hoch und hielt es sich dicht vor die Augen, bevor sie es wieder auf den Tisch legte. Sie wühlte in ihrer Ledertasche und zog ein Etui mit einem viereckigen, schwarzen Brillengestell heraus. Sie setzte die Brille auf und las das Schriftstück noch einmal. Dann ließ sie das Blatt sinken, legte die Brille jedoch nicht zurück in das Etui. Die Brille ließ sie erwachsener aussehen, intelligenter, ihre blauen Augen bekamen einen klaren, konzentrierten Blick. Es war unmöglich, den Zorn in ihrem Gesicht zu übersehen. Wieder verzog sich ihr Mund, eine Bewegung, die er nun schon kannte.
    »Sie haben nichts davon gewußt?« fragte Michael und legte das Schriftstück zurück in den braunen Umschlag, ohne den Blick von ihr zu wenden.
    Sie schüttelte den Kopf. »Aber das wundert mich nicht, überhaupt nicht«, sagte sie und brach in Tränen aus.
    »Warum weinen Sie?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das verstehen Sie nicht.«
    Michael seufzte. »Dann erklären Sie es mir doch. Vielleicht kann ich es verstehen, wenn Sie es mir erklären.«
    »Er konnte mir noch nicht mal meinen Haß lassen. Er mußte einen Akt vollbringen, der edel aussieht. Typisch! Wie immer hat er nicht an mich gedacht, sondern nur an sich selbst, trotz dieser Sätze, mit denen er seine Achtung vor mir ausdrückt. Wer soll mir glauben?«
    Im Zimmer blieb es lange still.
    »Ich fürchte«, sagte Michael und beugte sich vor, »wir müssen noch eine Detektorbefragung machen, vielleicht ist das Ergebnis diesmal anders, schließlich wissen wir jetzt genau, was wir fragen müssen. Sie brauchen keine Angst zu haben, vorausgesetzt, Sie sagen die Wahrheit.«
    Sie habe keine Angst, sagte sie, sie sei dazu bereit, man solle ihr nur glauben.
    »Wir teilen Ihnen noch den genauen Termin mit. Sie müssen sich aber im klaren sein, daß Sie diesmal zu Dingen befragt werden, die weh tun. Über die Ehe, die Scheidung, die Schwangerschaft, die Gedichte, das Testament – das werden die Themen sein. Niemand will Sie demütigen, wir ermitteln nur in einem Mordfall, in zwei Mordfällen.«
    Sie nickte und fragte hoffnungsvoll: »Ist das alles? Sind wir jetzt fertig?«
    »Für heute sind wir fertig«, sagte Michael und stand auf. Seine Hände und seine Beine zitterten, als habe er etwas Schweres getragen.
    Sie streckte die Hand nach der schwarzen Mappe aus. »Ich fürchte, die muß einstweilen hierbleiben«, sagte Michael entschuldigend.
    »Aber Sie dürfen sie niemandem zeigen«, bat sie ängstlich. Er ging zur Tür, sie folgte ihm zögernd. Ein paarmal drehte sie sich noch um und warf einen Blick auf die Mappe mit den Gedichten, die auf dem Tisch liegengeblieben war.
    Neben der Tür stand Klein mit dem Gesicht eines Menschen, der seine Tochter den Händen eines brutalen Arztes überlassen mußte. Er schaute sie an, die Tränenspuren auf den blassen Wangen, und Michael sagte: »Ich würde mich gerne mit Ihnen unterhalten, wenn Sie noch einen Moment Zeit haben.«
    Klein schaute Ja'el an, als bitte er sie um Erlaubnis.
    »Wir können sie zurückbringen, falls das ein Problem ist«, sagte Michael.
    »Ich kann alleine zurückgehen«, sagte Ja'el, nahm die Brille ab und steckte sie in ihre graue Schultertasche. Ihre Augen wurden wieder zu ruhigen Seen, ihr Blick war verhangen.
    Klein betrachtete sie besorgt. »Ich bringe dich noch hinaus.«
    Michael Ochajon ging ins Zimmer zurück und stellte das Aufnahmegerät aus. Er war erschöpft, sein Körper schmerzte, aber an diesem Schmerz war nichts Befriedigendes, wie etwa an dem Schmerz nach einer physischen Anstrengung. Er blickte sich verzweifelt in dem kahlen Zimmer um und sehnte sich danach, endlich ins Bett zu gehen und nichts mehr zu hören. Es war erst zwei Uhr nachmittags.
     
     
     

Fünfzehntes Kapitel
     
     
    »Soweit ich mich erinnere«, sagte Klein und begann, unter den Büchern und Papieren auf seinem Schreibtisch zusuchen, »habe ich die Telefonnummer in einem Notizbuch aufgeschrieben, das wir in den Vereinigten Staaten benutzt haben. Nicht die Adresse, nur die Telefonnummer, aber der Himmel weiß, wo das Ding ist.« Vor sich hin murmelnd, zog er die Schreibtischschublade auf.
    Er prüfte zerstreut jedes Papierstückchen, das

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