Am Ende Der Straße: Roman
um seinen Kram kümmern. Ich war nicht länger der Richtige für diesen Job.
Dann beschloss Christy, dass wir mal wieder rausgehen müssten, und so begann das Debakel mit der Zoohandlung. Rückblickend würde ich sagen, das war der Anfang vom Ende. Aber vielleicht auch nicht. Vielleicht fand der eigentliche Anfang vom Ende hinter diesem Einkaufszentrum statt, als wir sie alle verloren. Doch selbst dann, selbst nach dieser Sache, gab es noch Hoffnung. Ich selbst spürte sie nicht. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich nichts als schuldig für das, was passiert war. Doch Russ und einige andere hatten noch Hoffnung, und ich insgeheim wohl auch – ausgelöst durch ihre.
Nach der Geschichte mit der Zoohandlung starb auch die letzte Hoffnung in mir. Wenn die Sache hinter dem Einkaufszentrum meiner Hoffnung ein Messer in die Brust gerammt hatte, dann sorgte der Vorfall in der Zoohandlung dafür, dass ihr sechsmal in den Kopf geschossen und ihre blutige Leiche vergewaltigt wurde.
FÜNFZEHN
W ie sich herausstellte, hatte das Abenteuer, das Christy während ihrer Plünderungsaktion erlebt hatte, sie stärker erschüttert als gedacht. Allerdings ging es dabei nicht darum, dass sie beinahe von einer Bande betrunkener, frauenhassender Sadisten in Ausbildung entdeckt worden wäre, und auch nicht darum, was sie wahrscheinlich mit ihr gemacht hätten, wenn sie sie in ihrem Versteck in der Dusche aufgestöbert hätten. Nein, es stellte sich heraus, dass Christy immer wieder an all die toten Haustiere denken musste, die sie bei diesem Ausflug gefunden hatte.
Oder zumindest hatte es den Anschein.
Wir lagen gerade im Bett und versuchten, genügend Energie aufzubringen, um aufzustehen, wobei wir gleichzeitig nach einem Grund suchten, warum das überhaupt nötig war. Ich bin mir nicht sicher, wie viel Uhr es war. Schätzungsweise früher Morgen. Es war zu diesem Zeitpunkt ungefähr eine Woche her, dass wir das letzte Mal draußen gewesen waren. Nach dem, was ich von Russ gehört hatte, verpassten wir nicht viel. Die Situation wurde immer schlimmer, und es geschah sehr schnell. Egal, ob es nun die Dunkelheit oder einfach die Hoffnungslosigkeit unserer Lage war – die Leute drehten reihenweise
durch. Walden brach komplett zusammen. Seine Mitte war instabil.
»Ich muss immer wieder an diese toten Tiere denken«, sagte Christy. »Die in den Wohnungen.«
Ich schüttelte die Dose mit Kartoffelchips, die zwischen uns lag, bis etwas rauskam, dann nickte ich.
»Weißt du, das hat mich zu der Frage gebracht, wie viele es wohl noch gibt«, fuhr sie fort. »Eine Menge Leute haben Haustiere. Und dann ist da auch noch die Zoohandlung. «
»Welche Zoohandlung?«
»Die im Stadtzentrum, neben dieser Einrichtung, wo wir letztes Jahr die Steuer haben machen lassen.«
»Ich wusste gar nicht, dass es da eine Zoohandlung gibt.«
»Doch. In der Mittagspause oder auf dem Heimweg von der Arbeit bin ich manchmal da vorbeigegangen, um mir die Welpen und die Kätzchen anzusehen.«
Ich schwieg einen Moment lang und dachte darüber nach. Christy und ich lebten schon lange zusammen, und irgendwie war ich davon ausgegangen, dass wir alles voneinander wüssten. Herauszufinden, dass sie ein Ritual hatte, von dem ich nichts wusste – selbst wenn es ein so harmloses war wie die Gewohnheit, bei einer Zoohandlung vorbeizuschauen –, kam mir seltsam vor.
»Ich sage das nicht gerne«, meinte ich schließlich, »aber die Tiere in dieser Zoohandlung sind inzwischen wohl auch alle tot, könnte ich mir denken. Da reinzugehen wäre wohl so ähnlich, wie in ein Seuchenschutzgebiet zu laufen.«
»Glaube ich nicht. Das ist nicht so wie bei den Tieren in den Wohnungen. Ich meine, denk doch mal nach, Robbie. Die Leute sind an dem Morgen zur Arbeit gefahren und haben ihren Tieren nur genug Futter und Wasser hingestellt, damit sie den Tag überstehen, weil sie davon ausgegangen sind, abends wieder nach Hause zu kommen. Aber in der Zoohandlung sind automatische Futterspender und Tränken installiert. Soweit ich weiß, haben die Angestellten die jeden Abend aufgefüllt, damit immer genug da ist. Brandon hat mal erzählt, dass die Tiere mit dem, was da drin ist, eine ganze Weile auskommen können, aber sie haben sie trotzdem immer aufgefüllt, wegen …«
»Wer?«
Sie blinzelte irritiert. »Was?«
»Brandon. Du hast gerade gesagt: ›Brandon hat mal erzählt‹. Wer ist Brandon?«
Im Zimmer war es zu dunkel, um ihr Gesicht erkennen zu können, aber der Ton in ihrer
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