Am Ende der Welten - 16
übergestreift hatte. Damals im Palast des Volkes - lange war es her - war sie in Richard dem ersten Menschen begegnet, der nicht wie selbstverständlich davon ausging, ein Recht auf ihren Körper oder irgendeinen anderen Aspekt ihres Lebens zu haben. Diese offene, ehrliche Haltung hatte sehr dazu beigetragen, jenen gedanklichen Prozess in Gang zu setzen, der letztendlich dazu geführt hatte, dass sie ihrem von den Lehren des Ordens geprägten Leben schließlich abgeschworen hatte. Dank Richard war sie zu der Erkenntnis gelangt, dass ihr Leben allein ihr selbst gehörte, eine Einsicht, die ihr die Würde und den Eigenwert von Anständigkeit vor Augen geführt hatte.
Allerdings hatte sie in diesem Augenblick andere Sorgen, als in ein rosa Nachthemd gehüllt zu sein. Ihr pochender Schädel drückte sich unglaublich schwer in das weiche Kissen. »Genau genommen«, brachte sie hervor, »hat der Blitz das Fenster zertrümmert. Nicht ich.«
»Irgendwie mag ich nicht recht glauben«, erklang Caras Stimme von einem zweiten Stuhl, der auf zwei Beinen neben der Tür an die Wand gekippt war, »dass diese Unterscheidung ihn sonderlich beeindrucken wird.«
»Vermutlich nicht«, erwiderte Nicci seufzend. »Der Raum liegt im gesicherten Teil der Burg.«
Ein leichtes Runzeln zuckte über Richards Stirn. »Er befindet sich wo?«
Sie kniff die Augen leicht zusammen, um sein Gesicht besser erkennen zu können. »Dieser Teil der Burg ist ein besonderer Ort. Er ist gegen bewusste Einmischungen von außen sowie gegen Abirrungen und unvorhersehbare Ereignisse gesichert.« Cara verschränkte die Arme. »Würde es Euch etwas ausmachen, das für uns zu übersetzen?«
Sie hatte ihren roten Lederanzug angelegt. Nicci fragte sich, ob das ein Anzeichen erhöhter Gefahr war oder ob sie einfach noch vergrätzt war wegen des Besuchs der Bestie. »Es handelt sich um ein Eindämmungsfeld«, erklärte Nicci. »Unsere Kenntnisse über die verwirrend komplexe Beschaffenheit des uralten Feuerkettenbanns sind überaus begrenzt. Schon die Untersuchung solch instabiler und, wie in diesem Fall, miteinander verflochtener Bestandteile ist riskant, deshalb haben wir diesen speziellen Ort benutzt, um das Prüfnetz zu wirken. Der Raum befindet sich im ursprünglichen Kern der Burg - einem wichtigen Sanktuarium, das für Arbeiten mit anormalem Material benutzt wird. Verschiedene Arten sowohl entworfener als auch frei entstandener Magie neigen dazu, endogene tangentiale Ausströmungen zu enthalten, die zu lokalen Unstimmigkeiten führen können, daher beschränkt man solche potenziell gefährlichen Bestandteile, wenn man mit ihnen arbeitet, am besten auf ein Eindämmungsfeld.« »Oh, vielen Dank für die Übersetzung«, erwiderte Cara in schneidendem Tonfall. »Jetzt wird mir alles klar. Es handelt sich also um eine Art Feld-Dings.«
Nicci nickte, so gut ihr das eben möglich war. »Richtig - ein Eindämmungsfeld.« Als sich Caras Gesichtsausdruck darauf noch mehr verfinsterte, fügte sie hinzu: »Dort drinnen Magie zu wirken ist, als versuchte man, eine Wespe in einer Flasche einzusperren.« »Oh.« Cara stieß einen Seufzer aus, als sie den Gedanken in seiner vereinfachten Form endlich begriff. »Schätze, das erklärt, warum Zedd deswegen so verärgert war.«
»Vielleicht gelingt es ihm ja, es wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen«, schlug Richard vor. »Erstaunlicherweise ist der Raum nicht allzu sehr verwüstet. Was ihn am meisten wurmt, sind die zerborstenen Fenster.«
Nicci hob die Hand zu einer matten Geste. »Das bezweifle ich nicht. Das Glas dort ist einzigartig. Es ist mit Eigenschaften versehen, die sowohl das Austreten magischer Kräfte als auch Angriffe von mit der Gabe Gesegneten verhindern. Im Großen und Ganzen erfüllt es den gleichen Zweck wie die Schilde, nur dass es magische Kräfte und nicht Personen fernhält.«
Richard dachte einen Moment lang nach. »Nun«, meinte er schließlich, »den Angriff der Bestie hat es jedenfalls nicht verhindert.«
Nicci starrte zu den Bücherregalen hinüber, die in die Wand ge genüber dem Bett eingelassen waren. »Das wäre auch schlecht möglich gewesen«, sagte sie. »Denn in diesem Fall kam die Bestie nicht durch die Fenster oder Wände, sondern durch den Schleier; sie hat sich, aus der Unterwelt kommend, direkt im Raum manifestiert; auf diese Weise musste sie weder Schilde, Eindämmungsfelder noch magiebeständiges Glas überwinden.«
Caras Stuhl landete mit einem dumpfen Geräusch
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