Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende der Welten - 16

Am Ende der Welten - 16

Titel: Am Ende der Welten - 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
Vom Netzwerk:
blicklos in die Ferne. »Eisen gilt bei ihnen als Hinweis auf die Eisenkessel und Ähnliches mehr. Ein Eisenring steht also für das Küchenpersonal und verwandte Bereiche.« Richard konnte sehen, wie sich ein Schleier unterdrückten Zorns über Niccis blaue Augen legte. Auch sie hatte einst einen Ring in ihrer Unterlippe getragen, wenngleich ihrer aus Gold gewesen war, um sie als persönlichen Besitz von Kaiser Jagang zu kennzeichnen. Eine Ehre war das keineswegs. Nicci war auf eine Weise missbraucht worden, die weit schlimmer war als alle niederen Tätigkeiten.
    »Das ist völlig richtig«, bestätigte Jebra. »Nachdem man mir den Ring durch die Lippe gebohrt hatte, wurde ich in die Küche zurückgeschickt, um Wein und weitere Speisen zu holen. Dabei fiel mir auf, dass die anderen in der Küche ebenfalls Ringe trugen. Die ganze Zeit, während ich hin und her lief, um den Offizieren zu bringen, was immer sie verlangten, befand ich mich in einem Zustand apathischer Benommenheit. Wann immer ich konnte, stibitzte ich hier einen Schluck Wasser, dort einen Happen zu essen. Es reichte gerade, um zu verhindern, dass ich zusammenbrach. Ich fand kaum Zeit, darüber nachzudenken, dass ich nur dank glücklicher Umstände einem sehr viel schlimmeren Schicksal entgangen war. Sosehr die Wunde auch pochte und blutete, ich war froh, den Ring in meiner Lippe zu tragen, denn jeder Soldat, der ihn erblickte, besann sich hinsichtlich seiner Absichten augenblicklich eines Besseren und ließ mich in Ruhe.
    Nicht lange, und man schickte mich beladen mit schweren Taschen voller Speisen und Getränke für die Offiziere in den anderen Teilen der Stadt los. Draußen, in den ländlichen Gebieten rings um die Stadt, bekam ich dann nach und nach einen Eindruck von dem wahren Ausmaß des Grauens, das über Ebinissia hereingebrochen war.«
    Als Jebra in einen Zustand entrückter Benommenheit sank, hakte Richard nach. »Was genau habt Ihr dort gesehen?« Sie sah zu ihm hoch, als hätte sie fast vergessen, dass sie dabei war, ihre Geschichte zu erzählen, doch dann schluckte sie ihren Schmerz hinunter und fuhr fort. »Draußen vor den Mauern der Stadt lagen Zehntausende von Toten, die in der Schlacht ihr Leben gelassen hatten. So weit das Auge reichte, war der Erdboden mit verstümmelten Körpern bedeckt, viele von ihnen, dort wo sie den letzten Widerstand geleistet hatten, in Gruppen zusammengedrängt. Das Bild hatte etwas Unwirkliches, und doch hatte ich es schon einmal gesehen … in meiner Vision.
    Das Allerschlimmste aber war, dass eine ganze Reihe Galeanischer Soldaten trotz ihrer schweren Verletzungen noch lebte. Verwundet lagen sie da und dort über das gesamte Schlachtfeld verteilt an der Seite ihrer toten Kampfgefährten, unfähig, sich von der Stelle zu rühren. Manche, bereits auf der Schwelle des Todes, stöhnten leise vor sich hin, andere befanden sich in einem Zustand gesteigerter Aufmerksamkeit, waren aber aus dem einen oder anderen Grund bewegungsunfähig. Ein Mann lag unter einem zusammengebrochenen Wagen eingeklemmt, dessen Gewicht ihm die Beine zerquetscht hatte, einen anderen hatte ein durch seinen Unterleib gestoßener Speer am Boden festgespießt. Trotz seiner ungeheuren Schmerzen war er von einem so großen Lebenswillen beseelt, dass er es nicht wagte, sich vom Schaft zu ziehen und damit freizugeben, was der Speer notdürftig zusammenhielt. Wieder andere hatten so stark zertrümmerte Arme oder Beine, dass sie nicht einmal fähig waren, über das chaotische Durcheinander aus toten Soldaten, Pferdeleibern und Trümmerteilen hinwegzukriechen. Wäre ich stehen geblieben, um diesen verwundeten Männern Trost oder Hilfe zu geben, wären sie, da mittlerweile überall Soldaten patrouillierten, entdeckt und auf der Stelle abgestochen worden. Ich musste auf meinen Wegen von und zu diesen Außenposten quer durch dieses grauenhafte Schlachtfeld. Die Hügel, in denen dieses letzte Gefecht stattgefunden hatte, waren von Hunderten von Personen übersät, die sich gemächlich einen Weg durch diese Toten bahnten und dabei ganz systematisch deren Habseligkeiten durchwühlten. Später erfuhr ich, dass dies eine kleine Armee von Leuten war, die hinter den Truppen der Imperialen Ordnung herzog - die Schlachtengänger - und sich von den Abfällen und Resten ernährte, die die Imperiale Ordnung auf ihrem Weg zurückließ. Diese Geier in Menschengestalt durchwühlten Taschen und Kleider der Toten und bestritten demzufolge mit Tod und Zerstörung

Weitere Kostenlose Bücher