Am Ende der Welten - 16
Geistes, ehe er aus dem Leben schied. Suchend tappte er umher und versuchte, die anderen mit ihm in der Grube liegenden Körper zu ertasten.
Als sich Cara beschützend vor ihm aufpflanzte und ihn von der Hexe abschirmte, ließ Nicci augenblicklich von ihrem Streit mit Shota ab und setzte sich neben ihn. Sie legte ihm einen Arm um die Schultern. »Ist mit dir alles in Ordnung, Richard?« Sie beugte sich über ihn, sah ihm in die Augen. »Du siehst aus, als wärst du dem Tod persönlich begegnet.«
Shota stand mit verschränkten Armen vor ihnen und beobachtete Richard, ohne Cara eines Blickes zu würdigen. Im Geiste hörte er noch immer das Echo der Schreie Kahlans, schnitt ihm ihr Anblick, wie sie seinen Namen herausschrie, ins Herz. Es war niederschmetternd, sie so unvermutet wieder zu sehen, noch dazu unter diesen Umständen.
»Es ist alles gut, Richard«, redete Nicci beruhigend auf ihn ein. »Du bist hier, bei mir und den anderen.«
Richard presste sich eine Hand an die Stirn. »Wie lange war ich fort?«
»Fort?«
»Ich glaube, Shota hat irgendetwas mit mir angestellt. Was immer es war - wie lange hat es … gedauert?«
»Ich habe nicht zugelassen, dass sie irgendetwas tut - ich habe sie daran gehindert, noch ehe sie überhaupt anfangen konnte. Ich habe sie im selben Moment zurückgehalten, da sie mit der Hand dein Kinn berührte. Sie hatte gar keine Zeit, etwas mit dir anzustellen.«
Er fuhr sich mit zitternden Fingern durchs Haar. »Wie auch immer - sie hatte genug Zeit.«
»Es tut mir so leid«, sagte Nicci leise. »Ich war der Meinung, ich hätte sie noch rechtzeitig zurückgehalten.« Er hatte das Gefühl, am Ende zu sein. Er hatte kaum noch die Kraft für seinen nächsten Atemzug und bezweifelte, ob er jemals wieder etwas anderes tun konnte, als sich seiner Verzweiflung hinzugeben. Zu guter Letzt konnte er seine Seelenqual, seinen Schmerz, seine Tränen nicht länger unterdrücken.
Nicci zog sein Gesicht an ihre Schulter, zog ihn wortlos in die schützende Obhut ihrer Arme.
Alles schien so aussichtslos. Alles neigte sich dem Ende zu. Es war vorbei. Er hatte ja schon immer gesagt, dass sie keine Chance hätten, Jagangs Armee zu besiegen. Die Imperiale Ordnung war zu mächtig, sie würde den Krieg gewinnen, und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Es gab nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnte, nur noch das Warten darauf, dass das Grauen des Todes sie alle heimsuchte.
Shota trat ein Stück näher und stellte sich neben ihn, neben die Stelle, wo er zusammengesunken auf dem niedrigen Marmormäuerchen saß, und machte Anstalten, ihre Hand auf seine Schulter zu legen. Sofort hatte Cara ihr Handgelenk gepackt und hielt sie zurück.
»Es tut mir leid, dass ich das tun musste, Richard«, sagte sie, ohne die Mord-Sith eines Blicks zu würdigen, »aber es war nötig, damit dir die Augen geöffnet wurden, damit du begreifst…« »Seid doch still«, fiel Nicci ihr ins Wort. »Und wagt nur nicht, ihn anzufassen. Meint Ihr nicht, Ihr habt ihm schon genug Leid zugefügt? Muss alles, was Ihr tut, böswillig und verletzend sein? Könnt Ihr ihm nicht ein einziges Mal helfen, ohne ihm im selben Moment wehzutun oder Kummer zu bereiten?« Als Shota darauf ihre Hand zurückzog, nahm Nicci sein Gesicht in beide Hände und wischte ihm mit dem Daumen eine Träne von der Wange. »Richard …«
Unfähig, auch nur ein Wort zu sagen, quittierte er ihre zärtliche Fürsorge mit einem Nicken. Er sah noch immer Kahlan vor sich, wie sie sich die Seele nach ihm aus dem Leibe schrie, während sie sich gleichzeitig der Hände dieser Rohlinge zu erwehren versuchte. Der Anblick würde ihn sein Leben lang verfolgen. Nichts wünschte er sich in diesem Augenblick sehnlicher, als ihr den schmerzhaften Anblick seiner Hinrichtung zu ersparen, sie aus der brutalen Gewalt des Ordens zu befreien. Er wollte zurück, unbedingt, wollte irgendetwas tun, um ihr diese unmenschliche Behandlung zu ersparen. Der Gedanke war ihm unerträglich, dass die Welt für sie endete, während sie miterleben musste, wie ihr geliebter Ehegatte brutal ermordet wurde.
Nur war es ja gar nicht wirklich gewesen. Er konnte gar nicht dort gewesen sein, so etwas war unmöglich. Er musste es sich eingebildet haben.
Nach und nach überkam ihn ein Gefühl der Erleichterung. Es war nicht wirklich gewesen. Kahlan befand sich weder in der Gewalt der Imperialen Ordnung, noch wohnte sie seiner Hinrichtung bei. Es war nichts weiter gewesen als eine grausame Täuschung
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