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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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ist. Später will ich dann heiraten und Kinder bekommen. Das beruhigt meine Mutter sicher.«
    Jessica lächelte. »Bestimmt. Und mich auch. Du bist sehr, sehr reif für dein Alter, Ricarda. Alexander wäre stolz auf dich.«

    Ricarda mußte schlucken und brauchte eine ganze Weile, bis sie sich so weit wieder gefangen hatte, daß sie sprechen konnte.
    »Wenn … also, wenn du mal wieder in der Gegend bist, irgendwann, ich meine … du kannst mich dann schon besuchen, wenn du willst.«
    »Das würde ich furchtbar gern tun. Ganz sicher. Und rufst du mich mal zwischendurch an? Einfach so, damit ich weiß, wie es dir geht?«
    »Okay, das ist kein Problem«, sagte Ricarda, und als habe sie Angst, eine allzu sentimentale Stimmung könne aufkommen, fragte sie schnell: »Was wird jetzt eigentlich mit Evelin?«
    »Ich muß mit Leon sprechen. Er ist Anwalt, er kann mir vielleicht helfen, sie nach Deutschland überstellen zu lassen. Dort kommt sie sicher in eine geschlossene psychiatrische Klinik. Aber vielleicht kann man sie da besuchen. Ich bin fest entschlossen, sie nicht aus den Augen zu verlieren.«
    »Alles klar, das ist gut«, sagte Ricarda. Sie waren ganz am Ende der Dorfstraße angelangt. »Ich muß jetzt nach Hause. Mach’s gut, Jessica. Grüß meine Mutter, ja?«
    Sie wartete keine Antwort ab, sondern drehte sich um und ging in die andere Richtung davon, sehr aufrecht, ein bißchen steif, ein junges Mädchen mit einer klaren Vorstellung von seiner Zukunft.
    »Mach’s gut, Ricarda«, sagte Jessica leise.
     
    Sie war zwei Stunden gelaufen, aber diesmal hatte sie völlig andere Wege gewählt als die, die ihr aus den Ferien in Stanbury House bislang vertraut gewesen waren. Sie hatte nicht das geringste Bedürfnis mehr verspürt, noch einmal in die Nähe des Hauses zu geraten, auch nicht an irgendeinen der anderen ihr bekannten Orte. Sie bezweifelte, daß sie überhaupt jemals wieder dorthin würde gehen wollen.
    Als sie ein wenig müde, aber von Luft und Sonne durchdrungen, ins Dorf zurückkehrte, ging es auf Mittag zu. Ihren Rückflug
nach Deutschland hatte sie für den Abend gebucht, sie hatte also noch etwas Zeit. Sie würde etwas essen und danach Superintendent Norman anrufen. Evelin war am Vortag in Haft genommen worden. Sie wollte ihn fragen, wie es ihr ging, und vielleicht konnte sie mit ihm auch schon ein paar Dinge wegen Evelins Überführung an die deutsche Justiz besprechen.
    Der Gemischtwarenladen von Mrs. Collins’ Schwester war immer noch voller Menschen, die wahrscheinlich nur ein einziges Thema kannten. Vielleicht hatten sich auch Journalisten inzwischen dazu gesellt. Schon am gestrigen Abend waren sie wie die Heuschrecken in Stanbury eingefallen, aber die Polizei hatte Jessica und Phillip vollkommen abgeschirmt. Heute morgen war niemand dagewesen, aber jetzt sah Jessica schon von weitem, daß zwei unbekannte Fahrzeuge gegenüber dem The Fox and The Lamb parkten und zwei Männer und eine Frau vor dem Hotel herumlungerten. Ihr Instinkt sagte ihr sofort, daß es sich um Journalisten handeln mußte, und sie verlangsamte ihren Schritt. Sie wollte nicht mit Fremden über Evelin sprechen. Sie wollte nichts zu dem komplizierten Thema ihrer Freundschaft sagen, was sie dann am nächsten Tag verkürzt und reißerisch aufbereitet als Schlagzeile in einer Zeitung wiederfinden würde. Verflixt, heute war keine Polizei da, um sie zu schützen. Sie überlegte, ob es ihr gelingen konnte, ungesehen ihren Leihwagen zu erreichen. Den Schlüssel hatte sie in ihrer Hosentasche. Das Auto selbst parkte gleich neben dem Hotel, jedoch nicht auf der Hauptstraße, sondern um die Ecke in einer kleinen Gasse. Ein Beamter hatte es am Vorabend noch von Stanbury House geholt und ihr gebracht. Sie war sehr dankbar gewesen, man hatte ihr damit erspart, doch noch einmal den Ort des Schreckens aufsuchen zu müssen.
    »Ich habe mich zum Hintereingang hinausgeschlichen«, sagte eine Stimme neben ihr, »und ich vermute, Sie haben auch keine besondere Lust, mit denen da zu reden.«
    Sie zuckte zusammen. Phillip Bowen stand so unvermittelt vor ihr wie am frühen Morgen Ricarda.

    »Entschuldigung«, sagte er, »ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich kam hier gerade zwischen den Häusern hindurch, nachdem ich das The Fox and The Lamb weiträumig umrundet hatte, um von niemandem gefragt zu werden, wie ich mich als ehemaliger Hauptverdächtiger nun im Stadium der Rehabilitation fühle. Und da sah ich plötzlich Sie stehen.«
    Sie lächelte.

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