Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens
Alexander war bleich vor
Zorn. »Du wirst sie bei ihrem richtigen Namen nennen. Du wirst sie Jessica nennen! Du wirst dich ihr gegenüber endlich anständig benehmen. Andernfalls …«
»Was ist andernfalls?«
»Andernfalls wirst du erleben, daß ich noch sehr viel unangenehmer sein kann, als du mich jetzt offensichtlich schon empfindest. Darauf solltest du es nicht ankommen lassen. Und was diese Affäre betrifft: Von jetzt an bleibst du auf dem Gelände von Stanbury House. Solltest du im Dorf einkaufen wollen, kannst du Jessica oder mich oder einen der anderen bitten, dich zu begleiten. Du erscheinst pünktlich zu allen Mahlzeiten. Hast du das begriffen?«
Sie sah ihn verächtlich an. »Du wirst mich zu nichts zwingen können«, warnte sie, »zu gar nichts.« Sie drehte sich um, verließ das Zimmer, schmetterte die Tür hinter sich zu.
»Ricarda!« rief Alexander, aber sie hörte ihn schon nicht mehr.
»Ich glaube, jetzt hast du einen Fehler gemacht«, sagte Jessica.
»Wohin gehst du?« fragte Geraldine. Sie kam gerade vom Joggen zurück, war eine Runde um das Dorf gelaufen und langte in dem Moment vor der Tür des Gasthauses an, als Phillip heraustrat, in Jeans und Jacke und ganz offenbar im Aufbruch begriffen. Er sah unausgeschlafen aus und hatte sich wie üblich die Haare nicht gekämmt.
»Ich muß raus«, sagte er, »laufen. Mich bewegen. Nachdenken. «
»Ich kann mitkommen.« Obwohl sie vierzig Minuten lang gerannt war, hatte sich ihre Atmung ganz schnell wieder beruhigt; sie konnte völlig normal sprechen und fühlte sich fit genug für eine Wanderung. Auf ihre Kondition war sie immer wieder stolz. Sie wußte zudem, daß sie sehr attraktiv aussah in ihren schwarzen Leggings, die ihre schönen Beine betonten, und in dem weißen Kapuzensweatshirt und den weißen Turnschuhen. Die langen,
schwarzen Haare hatte sie zurückgebunden, aber ein paar Strähnen hatten sich gelöst und wehten ihr in die Stirn. Ihr waren, wie üblich, auf der morgendlichen Laufstrecke einige Leute begegnet, und alle, Männer wie Frauen, hatten fasziniert hinter ihr hergestarrt. Phillip jedoch schien überhaupt nicht zu bemerken, wie hübsch sie war.
Er merkt es eigentlich nie, dachte sie resigniert, er schaut sowieso durch mich hindurch.
»Ich kann mitkommen«, wiederholte sie, »ich bin gerade schön aufgewärmt.«
»Du gehst jetzt hinein und frühstückst.«
»Ich frühstücke nie, das weißt du doch.«
Er seufzte. »Ich möchte allein sein.«
Irgendwie hatte sie das gewußt, aber es verletzte sie dennoch, als er es sagte. »Dann tu doch auch nicht so fürsorglich«, sagte sie, »und schicke mich zum Frühstück. Dir ist es doch ganz egal, ob ich frühstücke oder nicht. Du willst nur deine Ruhe haben.«
»Ich bin hierhergekommen, um ein bestimmtes Projekt zu verfolgen. Nicht, um mit dir Urlaub zu machen.«
Sie wußte, daß es völlig falsch war, ihn in diesem Moment, am frühen Morgen, hier auf der Dorfstraße in ein Grundsatzgespräch verwickeln zu wollen; das konnte nur dazu führen, daß er wütend wurde, und dennoch konnte sie sich nicht zurückhalten.
»Willst du eigentlich überhaupt jemals irgend etwas mit mir machen? Ich meine, außer gelegentlich mit mir ins Bett zu gehen, gnadenvoll dann und wann meine Gegenwart zu erdulden und dich hin und wieder von meinem Geld zu bedienen?«
Das Geld hätte sie nicht erwähnen dürfen, das wußte sie, kaum daß sie den Satz ausgesprochen hatte. Sie sah es an seinen Augen. Er war wütend.
»Dein Geld? Dein verdammtes Geld?« Er sprach sehr leise und trat dicht an sie heran. »Du glaubst ernsthaft, daß mich dein Geld interessiert?«
Fast wäre sie zurückgewichen, zwang sich aber, stehenzubleiben.
»Nun, ich …«, begann sie nervös. »Ich habe nie etwas von deinem Geld haben wollen. Ich habe dich nie um ein einziges Pfund gebeten. Wenn du mir Dinge gekauft hast, dann geschah das, weil du es wolltest. Nicht, weil ich danach verlangt hätte. Es ist wie mit dieser Reise hier.« Er sah sie verächtlich an. »Du hast dich mir aufgedrängt, und nun willst du meinen Dank dafür. Du gibst mir Geld, damit ich vor dir krieche. Du mischst dich in mein Leben ein und meinst, irgendwann könnte ich nicht mehr ohne dich sein. Aber das ist ein schrecklicher Irrtum, Geraldine. Ich kann ohne dich sein. Jetzt und später. Unsere Beziehung existiert nur, weil du nicht loslassen kannst. Ich hingegen«, er kam noch etwas näher, so, als wolle er seine Worte in sie hineinbohren, damit
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