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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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trinke einen Tee. Und ich schaue dir gern zu, wenn du etwas ißt. Und es ist eine gute Gelegenheit, um zu reden.«
    »Bitte, Geraldine, ich …«
    Sie ließ nicht locker. Diesmal nicht. »Wir müssen reden, Phillip. Es ist wichtig.«
    »Ich wüßte absolut nichts, worüber wir reden sollten.«
    »Doch. Ich …«, sie nestelte am Verschluß ihrer Handtasche herum, »ich bin verzweifelt. Ich muß reden.«
    Seine Lippen preßten sich zusammen. »Das ist ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt.«
    »Trotzdem. Es muß sein.«
    Er fluchte leise, sah sich dann in dem vergammelten Empfangsraum um. »Na schön. Wo? Hier?«
    »Wir können auch in den Gastraum gehen. Vielleicht bekommst du dort noch ein Frühstück.«

    »Ich habe keinen Hunger. Aber wahrscheinlich brauche ich einen Schnaps. Herrgott, Geraldine, du hast ein Talent, mir immer dann Schwierigkeiten zu machen, wenn ich ohnehin in Problemen ersticke.«
    Sie gingen in den Gastraum. Geraldine hielt ihre Handtasche fest an sich gedrückt und hatte den Eindruck, sich wie ein verschüchtertes Schulmädchen zu bewegen.
    Im Gastraum war niemand. Erst nachdem Phillip dreimal - in zunehmender Unbeherrschtheit - auf eine Klingel am Tresen gedrückt hatte, trat ein pickliges Mädchen aus einem Hinterzimmer.
    »Frühstück gibt’s keins mehr«, teilte sie Phillip ohne den geringsten Anflug eines Lächelns mit.
    »Ich möchte auch kein Frühstück«, sagte Phillip, »ich möchte ein Bier.« Er wandte sich zu Geraldine um. »Und du?«
    »Nichts. Danke.«
    Sie bereute ihre Absage sofort, weil sie sich an einem Glas gut hätte festhalten können, aber sie mochte nichts sagen, um Phillips Gereiztheit nicht noch durch Wankelmütigkeit zu steigern. Sie setzte sich an einen Tisch in der hintersten Ecke des Raumes und wartete, bis Phillip mit einem großen Bierglas zu ihr trat. Er setzte sich ihr gegenüber und nahm einen tiefen Schluck.
    »So«, sagte er, »also? Was gibt’s?«
    Sie hatte sich eine lange, komplizierte, einleitende Erklärung zurechtgelegt, aber nun plötzlich waren alle Worte verschwunden. Ihr Kopf war ganz leer. Sie sah nur sein finsteres Gesicht, dessen Züge sie auf solch hoffnungslos verzehrende Weise liebte, und sie konnte nichts anderes tun, als mit ihrem tiefsten und ältesten Wunsch herauszuplatzen: »Ich will, daß wir heiraten!«
    Im nächsten Moment schien das Entsetzen wie eine große, dunkle Welle über ihr zusammenzuschlagen. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Überfallartig hatte sie ihn mit ihrer Sehnsucht nach einer festen Bindung konfrontiert, ihn, der er vor allem, was Bindung verhieß, zurückscheute wie ein nervöses Pferd.
Er mußte sich vorkommen, als habe jemand ein Netz über ihn geworfen, und zwangsläufig würde er zappeln und um sich schlagen und nichts anderes im Sinn haben, als sich wieder zu befreien.
    Und dann, wieder einen Moment später, fiel das Entsetzen in sich zusammen, und eine seltsame Ruhe breitete sich in ihr aus. Es war kein Glücksgefühl, aber eine Erleichterung. Eine Erlösung. Sie hatte es gesagt. In den fünf Worten hatte sie ihm alles das gesagt, was sie ihm in wenigstens fünfzig wohlformulierten Sätzen hatte sagen wollen. Sie hatte sich offenbart. Das Versteckspiel hatte ein Ende.
    Erst nach einer Weile wagte sie es, ihn anzuschauen. Er allerdings blickte nicht zu ihr hin, sondern starrte in sein Bier. Sein Gesichtsausdruck war so finster und verschlossen wie zuvor. Es gab nichts in seiner Miene, was Freude oder Entgegenkommen verheißen hätte.
    Ihr wurde kalt.
    Vergeblich, dachte sie, alles vergeblich.
    Endlich sah er auf.
    »Nein«, sagte er, »und ich möchte dich bitten, mich nie wieder danach zu fragen.«
    Sie wußte genau, daß es keinen Sinn hatte, mit ihm zu verhandeln, aber dennoch versuchte sie es.
    »Ich brauche eine Perspektive«, sagte sie. Sie haßte sich für das Flehen in ihrem Tonfall, weil es sie erniedrigte. »Ich weiß nicht, wie du ohne so etwas leben kannst, aber ich kann es jedenfalls nicht.«
    »Ich auch nicht«, sagte er, »aber wieso bist du der Meinung, daß ich keine Perspektive habe?«
    »Weil … weil ich nicht sehe, wohin dein Leben führt.«
    »Und weil du es nicht siehst, kann da nichts sein?«
    Sie seufzte tief. Sie wußte, was er meinte, und kurz fragte sie sich, ob die Chancen für sie beide anders ausgesehen hätten, wenn es diese Besessenheit in seinem Leben nicht gäbe.

    »Das Haus«, sagte sie, »Stanbury. Wie kannst du dich so verbeißen? «
    In seinen verschlossenen

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