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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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keiner Mahlzeit mehr erschienen war. Aß sie bei ihrem Freund etwas? Vermutlich geschah dies zumindest nicht regelmäßig.
    Sie wäre gern zu ihr gegangen, hätte sich neben sie gesetzt und mit ihr geredet. Aber auch diesmal wagte sie es nicht.
     
    Später dachte sie manchmal, daß sich das Drama, das am Abend stattfinden sollte, an jenem Tag über Stunden hinweg angekündigt hatte. Wie ein Gewitter, das in der Luft liegt, dessen unaufhaltsames Nahen mit jeder Minute spürbarer wird.
    Niemandem schien es an diesem Tag gutzugehen.
    In der Küche stieß Jessica auf Evelin und Barney. Evelin saß am Tisch und hatte sämtliche Zutaten verspeist, die eigentlich für das Mittagessen gedacht gewesen waren. Barney hatte offenbar einen Teil abbekommen, denn er lag neben ihr und leckte sich zufrieden die Lefzen. Evelin erschrak bei Jessicas Eintreten so sehr, daß sie in einer nervösen Handbewegung ein Glas mit Weißwein vom Tisch fegte.
    Sie brach in Tränen aus. »Ich habe alles aufgegessen«, schluchzte sie, »ich weiß nicht, wie das kam. Ich wollte mir nur ein bißchen Käse holen…o Gott, was sollen wir jetzt machen?«
    »Wir beide fahren ins Dorf und kaufen ein«, sagte Jessica, die auf dem Boden kniete und mit Besen, Schaufel und Wischlappen das Malheur beseitigte. »Das ist doch kein Problem.«
    Bevor sie loszogen, vergewisserte sich Jessica, daß Ricarda noch immer auf der Gartenbank saß. Sie hoffte inständig, das Mädchen werde heute nicht zu entkommen versuchen. Das hätte die angespannte Situation nur noch verschärft. Alexander rührte sich ohnehin nicht mehr, war seit Stunden nicht aus dem Schlafzimmer gekommen. Wahrscheinlich hatte er sich hingelegt.
    Sie suchten den kleinen Gemischtwarenladen im Dorf auf, in dem man zwar nicht alles, doch immerhin das Nötigste kaufen konnte. Sie trafen Mrs. Collins dort, die Putzfrau, die gerade mit ihrer Schwester einen Tee trank und offenbar in einen gemütlichen
Tratsch vertieft war. Natürlich wollte sie sofort wissen, wie es allen ginge, und setzte dann zu einer wortreichen Entschuldigung an, weil sie in der Woche zuvor den unheimlichen Fremden - wie sie ihn nannte - ins Haus gelassen hatte.
    »Aber wie hätte ich wissen sollen, daß er mich so dreist belügt? « rief sie. »Das ahnt doch niemand!«
    »Ich glaube nicht, daß irgend jemand dir einen Vorwurf macht«, beschwichtigte ihre Schwester, und Jessica dachte, wie gut es war, daß die beiden nichts von Patricias Schimpfkanonaden mitbekommen hatten.
    »Das ist schon in Ordnung«, sagte sie, »es ist ja nichts Schlimmes passiert.«
    »Ich möchte nur wissen, was dieser Mensch dort wollte!« sagte Mrs. Collins. »Er wohnt ja übrigens immer noch hier im Dorf. Im The Fox and the Lamb . Manchmal sieht man ihn hier herumlaufen. Ein finsterer Bursche. Und so verwahrlost!«
    Als so finster empfandest du ihn offenbar nicht, als du ihn ins Haus hineingelassen hast, dachte Jessica. Sie mochte Mrs. Collins’ Frage nach dem Grund für Phillips Aufenthalt in Stanbury nicht beantworten und warf auch Evelin, die gerade den Mund öffnete, einen warnenden Blick zu. Sollte die alte Tratschtante doch selbst herausfinden, was sie wissen wollte.
    Sie kauften Kartoffeln, Frühlingszwiebeln und eine Gurke für einen Kartoffelsalat, und dazu zwanzig Würstchen.
    »Das geht schnell, und keiner wird merken, daß wir ein Problem hatten«, meinte Jessica.
    Als sie den Laden verließen, sahen sie Phillip, der mit schnellen Schritten auf das Geschäft zuging. Er trug seinen üblichen Pullover, dessen Wolle mit jedem Tag verfilzter aussah, und hatte wie immer seine Haare nicht gekämmt. Er sah so finster aus, wie ihn Jessica noch nie erlebt hatte.
    »Der schon wieder«, sagte Evelin und wollte rasch im Auto verschwinden.
    »Phillip!« rief Jessica.

    Er blickte auf, aber seine Miene wurde um nichts freundlicher. »Hallo«, erwiderte er mürrisch.
    Jessica machte eine Handbewegung zu dem Gemischtwarenladen hin. »Ich würde da jetzt nicht hineingehen. Mrs. Collins ist gerade drinnen - die Haushälterin, die Sie vor kurzem ausgetrickst haben, um in das Haus hineinzukommen.«
    »Ich habe niemanden ausgetrickst«, entgegnete Phillip barsch, »ich habe das gar nicht nötig, verstehen Sie? Weil ich im Recht bin. Weil Stanbury House mir genauso gehört wie dieser Hexe Roth, die meint, sich dort aufspielen zu können. Sie soll sich bloß in acht nehmen, daß ich nicht irgendwann die Geduld mit ihr verliere!«
    Er ging weiter und stieß die Ladentür

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