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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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armen Behelmten erinnerte, der beim Verhör durch Koshmar und Hresh gestorben war. Lakkamai war einer der ältesten Männer im Stamm, ein langgedienter Krieger, doch sein Fell, ein satter brauner und bläulichroter Pelz, zeigte noch keine Spur von Grau. Sein Gesicht war lang, Kinn und Kiefer kantig und scharf vorspringend, die Augen tief in den Höhlen liegend. In allen seinen Lebenstagen hatte er nur wenig Worte gemacht. So klein der Stamm war, so familiär und vertraulich das Dasein im Kokon gewesen war, Torlyri hatte nun das Gefühl, daß sie diesen Mann kaum kenne.
    Eines Nachts träumte ihr, daß sie sich mit ihm kopulativ vereinte.
    Das kam völlig überraschend für sie. Denn tatsächlich lag sie neben Koshmar auf dem Lager. Zufällig hatten sie am Abend getvinnert, zum erstenmal seit vielen Wochen. Ihre Seele hätte also von Koshmar ganz erfüllt sein müssen, während sie schlief. Statt dessen kam Lakkamai zu ihr, stand stumm über ihr und betrachtete sie eindringlich. Und sie hatte ihn zu sich gewinkt und ihn an ihre Seite niedergezogen – er schien neben sie zu schweben –, und Koshmar verschwand und es waren nur noch sie beide auf der Schlafmatte, und Lakkamai war in ihr, und sie fühlte eine plötzliche Hitze in ihrem Leib und wußte, daß er ihr ein Kind gemacht hatte.
    Keuchend erwachte sie und saß dann bebend da.
    »Was ist denn?« fragte Koshmar sogleich. »Ein Traum, war es ein Traum?«
    Torlyri schüttelte den Kopf. »Nur ein flüchtiges Frösteln«, sagte sie. »Ein Winterhauch, der mir übers Gesicht huschte.«
    Noch nie zuvor hatte sie Koshmar belogen.
    Aber es hatte sie auch nie zuvor nach einem Mann verlangt.
    Als Torlyri am nächsten Tag Lakkamai vor dem Tempel begegnete, vermochte sie seinem Blick nicht standzuhalten, so mächtig war das Gefühl in ihr, daß sie in der verflossenen Nacht sich wahrhaftig mit ihm gepaart hatte. Und wenn dieser Traum dermaßen lebendig für sie gewesen war, dann mußte doch auch er ihn gefühlt haben. Ihr schien, er müsse bereits alles von ihr wissen, wie sich ihre Brüste unter seinen Händen anfühlten, wie ihr Mund schmeckte, wie ihr Atem roch; und trotz ihres Alters kam sich Torlyri plötzlich wie ein ganz junges Mädchen vor, und ein recht törichtes überdies.
    In der folgenden Nacht träumte sie er erneut von Lakkamai. Sie keuchte und stöhnte und zuckte in seinen Armen, und als sie erwachte, starrte Koshmar sie mit hellwachen Augen durch die Finsternis an, als fürchte sie, Torlyri sei dabei, den Verstand zu verlieren.
    Und in der dritten Nacht kehrte der Traum erneut wieder, und er war sogar noch lebendiger. Sie vollzog Dinge mit Lakkamai, die sie andere niemals bei der Kopulation hatte tun sehen, von denen sie sich nie auch nur hätte vorstellen können, daß jemand auf sie verfallen könnte; und diese Dinge bereiteten ihr eine höchste und schärfste Lust.
    Sie vermochte das nicht länger zu ertragen.
    Am nächsten Morgen setzten die Regengüsse, die viele Wochen lang über der Stadt niedergeprasselt waren, endlich aus, und ein klarer blauer Winterhimmel brach wie ein Trompetenstoß durch die Wolkendecke. Torlyri vollzog das Sonnenaufgangsopfer wie gewohnt; und danach begab sie sich äußerst ruhig und gelassen zu dem Haus, in dem die unvermählten Krieger lebten. An der Hausecke auf der Veranda hing ein Käfig mit drei kleinen scharfäugigen schwarzen Geschöpfen darinnen, die von den Kriegern gefangen worden waren und nun immer rund und rund im Kreis herumliefen und zornige grelle hohe Töne ausstießen. Torlyri schenkte ihnen ein trauriges mitleidvolles Lächeln.
    Lakkamai stand vor dem Haus, als habe er sie erwartet. Schweigsam wie stets, scheinbar ganz gelassen, lehnte er an der Wand und schaute sie an, während sie auf ihn zukam. Die kühlen festen Augen hatten nichts mehr von dem heftigen fragenden Starren, mit dem er sie in jüngerer Zeit so oft angeblickt hatte. Aber ein Winkel seines Mundes bewegte sich mehrmals kurz und zuckend und verriet so seine innere Gespanntheit. Er schien sich dessen nicht bewußt zu sein.
    »Komm«, sagte Torlyri leise. »Komm und spaziere mit mir. Die Regen haben nachgelassen.«
    Lakkamai nickte. Seite an Seite machten sie sich auf, ließen jedoch dabei soviel Platz zwischen sich, daß der breite Harruel leicht zwischen ihnen hätte gehen können. An den Behausungen des Stammes vorbei schritten sie, vorbei am Tor zum sechseckigen Turm aus Purpurstein, der nun der Tempel war, vorüber an dem Garten mit Büschen

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