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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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feindselig geklungen, und seine Worte waren wie eine Abfuhr, eine Zurückweisung für sie gewesen, obwohl sie wahrscheinlich nichts weiter als eine Routinebefragung darstellten. Furcht überkam sie. Die Entschlossenheit, die sie hierher geführt hatte, war nie besonders fest gewesen, und jetzt kam sie ihr völlig abhanden. Sie war gar nicht gekommen, um jemanden zu besuchen; das Ganze war ein Irrtum; und sie hatte hier nichts zu suchen. Ohne zu antworten machte sie kehrt und wollte weggehen.
    »Warte!« sagte der Beng. »Wohin willst du, Weib?«
    Sie rang mit sich selbst und blieb stehen. Noch immer brachte sie kein Wort hervor.
    Schließlich gelang es ihr nur dies zu stammeln: »Bitte… bitte…«
    Sie merkte, daß sie bengisch gesprochen hatte. Wie seltsam das war, daß sie diese fremden Wörter verwendet hatte! Nun mach schon, dachte sie. Sag das übrige auch noch. Ich bin gekommen, um den Mann mit der Narbe auf der Schulter zu besuchen. Nein, sie konnte es noch immer nicht sagen, nicht zu diesem finster blickenden Fremden – und zu gar keinem. Sie konnte es ja kaum zu sich selber sagen.
    »Du bist die Opferfrau?«
    Torlyri blickte ihn groß an. »Du kennst mich?«
    »Alle kennen dich, ja. Warte hier! Genau hier an dieser Stelle, Priesterin. Hast du mich verstanden?« Er zeigte auf den Boden. »Hier. Stehenbleiben!«
    Sie nickte.
    Aber ich kann ja ihre Sprache sprechen! dachte sie verwundert. Und ich verstehe, was er zu mir sagt. Und dann mache ich den Mund auf, und herauskommen ihre Wörter.
    Der Posten machte scharf kehrt und verschwand in der Beng-Siedlung.
    Und Torlyri stand da und zitterte. Er will, daß ich hier warte, sagte sie sich. Warte – worauf? Auf wen? Was soll ich nur tun?
    Warte sagte eine Stimme tief in ihrem Innern.
    Die Minuten glitten dahin, und der Wachposten kehrte nicht zurück. Der heiße staubgeschwängerte Wind wehte mit solcher Wucht durch die Schlucht der leeren alten Gebäude, daß sie sich mit den Händen das Gesicht gegen ihn schützen mußte. Und wieder dachte sie daran, sich still und rasch zu entfernen, ehe jemand herankam. Und wieder zögerte sie. Sie wollte weder bleiben noch fortgehen. Und nun begann ihre eigene Unentschlossenheit ihr Spaß zu bereiten und sie zum Spott zu reizen. Du, in deinem Alter! sagte sie sich. Solche Befürchtungen? Solch eine lächerliche Schüchternheit? Wie eine kleine Göre. Wie ein ganz kleines junges dummes Mädchen!
    »Opferfrau! Hier ist er, Opferpriesterin!«
    Der Wachposten war zurückgekehrt. Und an seiner Seite war er. Sie hatte nicht zu fragen brauchen; der Posten hatte Bescheid gewußt. Wie ausgesprochen peinlich! Aber auch – um wieviel einfacher für sie.
    Der Posten trat zurück, der andere kam näher. Torlyri sah die Narbenschulter, sah seine wunderschönen forschenden roten Augen, den hohen gewölbten Goldhelm. Sie begann zu zittern und befahl sich erzürnt, damit aufzuhören. Niemand hatte ihr diesen Augenblick auf gezwungen. Sie selbst hatte ihn so gewollt. Nur sich allein konnte sie bestenfalls beschuldigen.
    Und im nächsten Augenblick merkte sie, daß sie gleich zu weinen beginnen würde. Trotzdem gelang es ihr nicht, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Ihre Furcht war zu gewaltig. Hier stand ihre Seele auf dem Spiel. Solange keiner von beiden die Sprache des anderen verstehen oder sprechen konnte, war der kleine Flirt, den Torlyri sich erlaubte, durchaus ungefährlich, nicht mehr als ein unschuldiges Spiel, ein angenehmer Zeitvertreib. Sie konnte noch immer so tun, als wäre da gar nichts zwischen ihnen beiden, daß nichts versprochen und nichts gewagt worden war, nichts war geschehen und verbindlich. Und wahrlich, dem war so. Leider.
    Doch nun, daß sie die Bengsprache verstand…
    Nun, da sie ausdrücken konnte, was sie auf dem Herzen hatte…
    Der Wind blies nun noch heißer und heftiger, so daß die schwere Staubfracht, die er mit sich trug, den Himmel über Dawinno Galihine verdunkelte. Torlyri hatte den Eindruck, der Wind würde – falls er nur noch um ein weniges stärker werden sollte – diese wackeligen Bauten niederwehen, die den Stürmen und Erdbeben von siebenmal hunderttausend Jahren standgehalten hatten.
    Der Narbenschultrige starrte sie seltsam an, als sei er über ihr Kommen erstaunt, und dabei hatte sie doch bereits viele Male zuvor der Beng-Siedlung Besuche abgestattet. Lange sagte er kein Wort. Und sie auch nicht.
    Schließlich sagte er: »Opferfrau?«
    »Torlyri ist mein Name.«
    »Torlyri. Es ist

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