Am Ende des Winters
seine Schulter, einigermaßen vage in Richtung auf die Siedlung des Helmvolkes. Er hatte also weiter nichts im Sinn, als Hresh vor den Hamok Trei zu führen. »Du wirst mit mir reiten«, sagte er und wies auf seinen Zinnobären. Und so einfach, als wäre Hresh aus Luft, hob ihn der Beng mit einer Hand hoch und setzte ihn zwischen den voluminösen Buckeln des Riesentieres ab. Dann sprang er ebenfalls herauf und berührte mit seinem Sensororgan den Schädel des Zinnobären am Hinterkopf. Und das gewaltige rote Vieh setzte sich mit langsamen qualvollen Schaukelbewegungen, die Hresh augenblicklich Magenkrämpfe verursachten, in Richtung auf die Beng-Siedlung in Gang.
Doch es erschien dann Noum om Beng, nicht Hamok Trei, und saß in jener Nacht zu Gericht. Der gebrechliche Alte, den Hreshs Fänger aus seinen Gemächern holte, kam verwirrt dahergestolpert. Doch als man ihm die Situation erklärt hatte, begann er zu lachen.
»Du darfst nicht an verbotene Orte gehen, Junge«, sagte der Chronist der Beng, und gab Hresh einen sanften Backenstreich. »Hast du die Markierungen nicht gesehen?«
Hresh antwortete nicht. Er war nicht willens, sich von den Verbotsschildern der Beng in seinen Streifzügen durch die Stadt behindern zu lassen.
Noum om Beng schlug ihn erneut, noch leichter diesmal, wie das Streicheln mit einer Feder war es. Dann wandte er sich ab. Dem Krieger, der Hresh gefangen genommen hatte, befahl er brüsk: »Bring den Knaben zu seinem Volk zurück.«
Im kaltschimmernden Licht des mitternächtlichen Mondes fand Hresh sich wieder in seiner Siedlung ein. Alles schlief, außer Moarn, der Wachdienst hatte. Während der Beng-Krieger davonritt, blickte Moarn Hresh ohne besonderes Interesse an.
Es währte lange, bis der Schlaf zu Hresh kam, und dann träumte er von kleinen schimmernden mechanischen Geschöpfen, die wie stumme Heerscharen durch endlose zerstörte Straßen rollten, und von seltsamen geheimnisvollen Objekten, die in den Tiefen der Erde verborgen lagen.
Am nächsten Morgen machte er sich für den mächtigen Zorn Koshmars bereit, der auf ihn niederfallen würde. Aber zu seiner Erleichterung – und irgendwie auch zu seiner Kümmernis – schien keiner seine Abwesenheit überhaupt bemerkt zu haben.
Hundertmal hatte Torlyri die Worte geprobt. Doch als sie sich nun der Siedlung der Behelmten näherte, waren sie aus ihrem Kopf wie fortgeblasen, und sie fühlte sich völlig verloren, durcheinander und verwirrt und war nicht einmal fähig, ihre eigene Sprache richtig zu sprechen, geschweige denn die der Beng.
Seit dem Tvinnr mit Hresh waren drei Tage verstrichen. Doch erst heute hatte sie genug Mut fassen und diesen Gang antreten können. Es war ein heißer, feuchter Morgen, ein hartnäckiger schwüler Wind fegte graue Staubwolken in den ausgetrockneten Straßen auf und wirbelte sie ärgerlich um Torlyri herum. Immer wieder dachte sie daran, lieber wieder umzukehren. Ihr Besuch erschien ihr auf einmal als völliger Wahnsinn. Nie im Leben würde es ihr gelingen, sich verständlich zu machen. Doch auch wenn es möglich wäre und wenn es ihr gelingen sollte, den Mann zu finden, den sie treffen wollte, wozu sollte das gut sein? Sie würde nichts als Schmerz davon haben, dessen war sie sich sicher, und Schmerz und Kummer hatte sie bereits zur Genüge erfahren.
Angespannt und mit verkniffenem Gesicht zwang sie sich zum Weitergehen. Die lange enge Zufahrt zwischen den zerstörten weißen Häuserfassaden hinab, die in den Bezirk Dawinno Galihine führte. Am Eingang zur Beng-Siedlung tauchte ein behelmter Wachposten auf und blickte sie forschend an.
»Wirst du erwartet?« fragte er. »Was ist dein Geschäft? Wen zu sprechen bist du hier?«
Er sprach in der scharfen bellenden Bengzunge. Seine Worte hätten für Torlyri unverständliches Kauderwelsch sein müssen. Und doch hatte sie keinerlei Mühe, ihren Sinn zu begreifen. Also hatte es geklappt! Hresh hatte sie – getreulich seinem Wort – tatsächlich die fremde Sprache verstehen gelehrt!
Aber ob sie sie auch selbst nun zu sprechen vermochte?
Ihr fielen keine Worte ein. Sie steckten tief in ihrem Gehirn und wollten ihr nicht auf die Lippen steigen. Ich bin gekommen, um den Mann mit der Narbe auf der Schulter zu besuchen, das hatte sie sagen wollen. Aber sie fand es einfach unmöglich, sich zu überwinden und diesem Posten da so etwas zu sagen. Sie war an diesem Tag schüchtern wie ein junges Mädchen; und die Stimme des Mannes hatte für ihre Ohren kalt und
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