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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Beweis gesehen. Man kann daran nicht herumdeuteln. Überall in den Ruinen der Großen Welt siehst du Abbilder und Statuen der Sechs Völker… und wir sind nicht unter ihnen! Aber die Träumeträumer sind da vertreten. Und es gab einen Ort in Alt-Vengiboneeza – ich habe ihn geschaut, Taniane, in einer der Visionen, die mir die Maschine aus der Großen Welt ermöglichte –, an dem man alle möglichen Tiergattungen eingesperrt hatte, nicht zivilisierte Geschöpfe, sondern nur wilde Tiere. Und dort hatten sie einen Käfig, und in dem befanden sich unsere Vorfahren. Beinahe genauso wie wir waren sie – und in einem Käfig! Zur Schau gestellt! Nichts weiter als Tiere.«
    »Nein, Hresh!«
    »Oh, sehr intelligente Tiere. So gescheit, daß sie für uns Kokons bauten, als der Lange Winter kam – oder vielleicht haben wir die Kokons sogar selbst eingerichtet, da bin ich mir noch gar nicht sicher –, damit wir dort den Winter überdauern könnten. Und Dawinno hat uns verändert, uns mit mehr Intelligenz begabt, uns dermaßen intelligent gemacht, daß wir die Schriften der Chroniken fehlinterpretieren und uns für menschliche Wesen halten konnten. Für die Menschlichen. Aber das waren wir nicht, und ich weiß es. Und der Alte Mann der Beng weiß es gleichfalls. Seine Leute haben nie auch nur einen Augenblick lang geglaubt, sie wären etwas wie die Menschlichen, die in den Tagen der Großen Welt lebten.«
    »Aber wenn die Menschlichen, wie es in den Chroniken heißt, das Erbe der Erde antreten sollen, nun da der Winter vorbei ist…«
    »Nein«, unterbrach Hresh. »Die Menschlichen sind alle dahin und tot. Ich vermute, sie sind allesamt im Langen Winter zugrunde gegangen, außer unserem Ryyig, dem Träumerräumer, und der war vielleicht der letzte Menschliche. Nein, uns ist die Erde als Erbe zugesprochen, Taniane. Doch um dieses Erbe antreten zu können, müssen wir erst zu Menschlichen werden.«
    »Da kann ich dir nicht folgen. Wenn wir nicht menschlich sind, wie könnten wir…?«
    »Indem wir leben wie Menschen. Wir tun es ja schon jetzt – beinahe. Wir haben eine Sprache, wir haben eine Schrift, eine Tradition und Geschichte. Wir können bauen. Wir können unsere Kinder unterrichten. All dies sind Eigenschaften der Menschlichen, den Tieren fehlen sie. Tiere funktionieren durch Instinkt in dem, was sie tun. Unser Tun ist von Wissen, Kenntnis und Überlegung bestimmt. Verstehst du? Nicht bloß die Träumeträumer waren Menschliche, Taniane! Alle Sechs Völker der Großen Welt waren es! Die Menschlichen waren Menschen und die Saphiräugigen auch, und die Vegetalischen…«
    »Die Hjjk etwa auch, Hresh?«
    Hresh zögerte. »Also, wenn menschlich mit zivilisiert gleichzusetzen ist, dann ja. Wenn es bedeutet, daß man über die Fähigkeiten verfügt, zu lernen, etwas zu gestalten und zu schaffen, die Welt zu verändern. Nach diesem Maßstab sind sogar die Hjjk menschlich. Eben eine andere Art Mensch, mehr nicht. Und auch wir werden Menschen sein. Die neuen Menschen, die allerneueste Form von Menschen. Wenn wir wachsen und bauen und – denken. Wir müssen von hier fort, weg von diesem Vengiboneeza, das als erstes, und wir müssen etwas schaffen und aufbauen, das wirklich eigenständig unser ist! Wir können uns einfach nicht weiter in diesen Ruinentrümmern verstecken. Wir müssen ein eigenes Vengiboneeza erbauen, eine Zivilisation, die nicht nur zusammengeklittert ist aus den Trümmern und dem Schutt der vorhergegangenen. Verstehst du, was ich dir klarmachen will?«
    »Ja. Ich… ich glaube, ich verstehe, Hresh. Es ist fast genau wie das, was Harruel gesagt hat.«
    »Ja. Irgendwo hatte er begriffen, und dann ist er aufgebrochen, um das zu tun, was wir tun müssen. Und so grobschlächtig, dumm und brutal er sein mag, zumindest hat er begonnen, etwas aufzubauen. Und das ist auch unsere Aufgabe. Wir müssen beides begreifen – die Vergangenheit und die Zukunft. Das nämlich sind die wirklich Menschlichen – Leute, die etwas weitertragen, die Verbindungen herstellen zwischen dem Gewesenen und dem Kommenden. Und darum ist es für uns wichtig, die Erforschung dieser Ruinen abzuschließen, damit wir dabei alles entdecken, was aus der Großen Welt für uns künftig vielleicht noch von Nutzen sein kann. Und dann müssen wir es mitnehmen, wenn wir aus Vengiboneeza fortziehen, und es umsetzen für unsere eigenen Zwecke, um das aufzubauen, was wir zu bauen haben.« Und nun lächelte Hresh. »Seit die Beng hier eingezogen sind, haben

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