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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Stamm stieß und mit ihm eine Art Bündnis einging, dann könnten sich dabei sehr wohl Rivalitäten ergeben, Auseinandersetzungen, vielleicht gar Kampf. Aber Koshmar wollte auf keinen Fall ihre Macht mit einem anderen Häuptling teilen. Sie erkannte, daß sie bis zu einem gewissen Grad sogar wünschte, ihr Volk möchte die einzigen Menschlichen sein, die den Untergang der Großen Welt überleben konnten.
    Auf diese Weise würde sie nämlich – sofern alles gut verlief – als eine der größten Führergestalten aller Zeiten in die Geschichtschronik eingehen, als jene, die allein die Menschenrasse wieder zum Leben erweckt hatte. War dies Hochmut und Eitelkeit? Ja, und sie gestand es sich ein. Aber es war doch gewiß auch keine unverzeihliche Ruchlosigkeit, solchen Ehrgeiz zu hegen.
    Jedoch, ihre Aufgaben und ihre Verantwortung lasteten schwer auf ihr. Sie zogen durch gefährliches Land einem unbekannten Ziele zu. Jeder neue Tag brachte neue Beunruhigungen, die den Mut und das Durchhaltevermögen des Stammes auf harte Proben stellten, und Koshmar selbst war oft ungewiß, welche Richtung sie wählen sollte. Diese Zweifel allerdings mußte sie vor dem Volk verbergen.
    Sie rief den Stamm zusammen und eröffnete ihm endlich, daß das Endziel Vengiboneeza sei. Die älteren Leute kannten diesen Namen aus den Geschichten, die Thaggoran ihnen erzählt hatte, als sie noch im Kokon lebten; aber die Jugend riß nur weit die Augen auf.
    »Erzähle ihnen von Vengiboneeza!« befahl sie Hresh.
    Er trat vor und sprach von den herrlichen Türmen der uralten Stadt, von ihren leuchtenden Steinpalästen, den wundersamen Maschinen, den warmen blitzenden Teichen und den lichtflimmernden Gärten. Alle diese Beschreibungen hatte er entdeckt, indem er die Hände auf die Blätter der Chronik gelegt und die Bilder in seinem Gehirn hatte aufsteigen lassen.
    »Aber wozu sollte Vengiboneeza für uns gut sein?« fragte Harruel, als Hresh geendet hatte.
    Koshmar fuhr scharf dazwischen: »Es ist der Beginn unserer Größe. Die Chroniken berichten uns, daß die Maschinen aus der Großen Welt dort noch immer warten und daß, wer sie findet, mächtig sein wird durch sie. Also werden wir nach Vengiboneeza ziehen und hineingehen und nach seinen Schätzen suchen. Und wir werden uns davon nehmen, soviel wir brauchen, und uns zu Beherrschern der Welt machen und uns eine eigene prachtvolle große Stadt erbauen.«
    »Eine Stadt?« fragte Staip. »Wir sollen eine Stadt haben?«
    »Selbstverständlich werden wir eine Stadt haben«, sagte Koshmar. »Sollen wir denn wie die wilden Tiere des Feldes hausen, Staip?«
    »Vengiboneeza ist Staub seit siebenmal hunderttausend Jahren«, sagte Harruel düster. »Dort wird es nichts geben, was uns nutzen könnte.«
    »Die Chroniken berichten es anders«, widersprach Koshmar.
    Es erhob sich ein Murren an mehreren Stellen. Staip brummte weiter, und Kalide und ein paar andere von den Älteren gleichfalls. Koshmar fing den Blick Torlyris auf, die bekümmert und besorgt zu ihr herschaute, und sie begriff, daß ihre Macht über das Stammesvolk aufs schwerste gefährdet war. Sie hatte ihnen mit dem leidensvollen schweren Treck zuviel abverlangt. Sie hatte sie aus der Bequemlichkeit des Kokons in Stürme und bittere Kälte gerissen und sie dem grausamen Glast der Sonne und dem bleichen kalten Licht des Mondes ausgesetzt. In eine Welt voll Blutvögel und Feuerketten und Wesen mit höhlenweit klaffenden Mäulern hatte sie das Volk überantwortet. Und geduldig hatten sie all das Ungeheure und die Plagen erduldet, nun aber fand ihre Langmut allmählich ein Ende. Jetzt mußte sie ihnen gewinnträchtigen Lohn anbieten, wenn sie das Volk dazu bewegen wollte, ihr weiterhin zu folgen.
    »Hört mich an!« rief sie laut. »Hat einer unter euch Grund, an mir zu zweifeln? Ich bin Koshmar, die Tochter von Lissiminimar, und ihr habt mich unter der Herrschaft Thekmurs zum Häuptling erwählt, und habe ich euch je im Stich gelassen? Ich werde euch nach Vengiboneeza führen, und alle die Wunder der Großen Welt werden uns gehören! Und dann werden wir uns erneut aufmachen und uns zu Herrschern über alles machen! Wir werden an warmen Orten schlafen und vom Süßen trinken, und es wird da sein Nahrung und feine Kleider und ein leichtes Leben für alle! Das gelobe ich euch, und dies ist das Gelöbnis des Neuen Frühlings!«
    Noch immer mürrische Blicke da und dort. Staip trat unruhig von einem Bein aufs andere. Koshmar sah, wie Konya ihm etwas

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