Am ersten Tag - Roman
davon überzeugt bin, dass die Vorfahren
der Menschen älter als sieben oder acht Millionen Jahre sind und dass sich ihre Überreste irgendwo unter unseren Füßen befinden. Jetzt weißt du, warum ich in Äthiopien bin.«
»Welches Alter würdest du unserem ersten Vorfahren in deinen kühnsten Schätzungen geben?«
»Ich habe keine Kristallkugel und nicht einmal verrückte Träume. Nur wenn ich eine Entdeckung machen würde, könnte ich deine Frage beantworten. Was ich weiß, ist, dass alle Menschen auf der Erde ein identisches Gen in sich tragen. Wie auch immer die Hautfarbe sein mag, wir stammen alle von demselben Wesen ab.«
Die Abendfrische vertrieb uns schließlich von dem Hügel. Keira stellte in ihrem Zelt ein Feldbett für mich auf. Sie gab mir eine Decke und blies die Kerze aus. Sosehr ich mich dagegen wehrte - allein die Tatsache, in ihrer Nähe zu sein, machte mich glücklich, auch wenn wir nicht dasselbe Bett teilten. Im Dunkel hörte ich, wie sie sich umdrehte.
»Gibt es hier wirklich Vogelspinnen?«, fragte ich.
»Ich habe noch nie eine gesehen«, antwortete sie. »Gute Nacht, Adrian, ich freue mich, dass du da bist.«
Rom
Ivory hatte sich am Tresen einer Cafeteria im Flughafen Rom-Ciampino niedergelassen. Er warf einen Blick auf die Wanduhr direkt über ihm und vertiefte sich gleich wieder in die Lektüre des Corriere della Sera . Ein Mann nahm auf dem Barhocker neben ihm Platz.
»Tut mir leid, Ivory, aber der Verkehr war heute noch katastrophaler als sonst. Was kann ich für Sie tun?«
»Fast nichts, mein lieber Lorenzo, außer mir ein paar Informationen, über die Sie verfügen, zukommen zu lassen.«
»Was veranlasst Sie zu der Vermutung, dass ich über Informationen verfüge, die Sie betreffen?«
»Nun gut, versuchen wir es mit Fair Play. Ich werde beginnen und Ihnen alles sagen, was ich weiß. Zum Beispiel, dass das Komitee sich neu formiert hat, dass sich derjenige, auf den aller Augen gerichtet sind, derzeit in Äthiopien aufhält, um die junge Archäologin zu besuchen. Ich weiß auch, dass China diverse wirtschaftliche Interessen und weiterhin wertvolle Stützpunkte dort hat, und ich bin bis heute klar genug im Kopf, um zu ahnen, dass die anderen sich fragen, ob sie die Chinesen nicht an ihren Tisch werden bitten müssen. Nun, was könnte ich Ihnen sonst noch mitteilen? Dass auch Italien noch Kontakte nach Äthiopien pflegt und dass Sie, sofern Sie noch derselbe wie früher sind, Ihre Agenten vor Ort instruiert haben. Ich überlege, ich überlege, warten Sie, ich habe Ihnen sicher noch andere kleine Dinge zu erzählen. Ach ja, Sie haben den
anderen nichts von Ihren Plänen erzählt, um Ihren Einfluss zu behalten und vielleicht sogar im geeigneten Augenblick die Kontrolle über die Operationen zu übernehmen.«
»Haben Sie diese Reise nur angetreten, um mir derart groteske Vorwürfe zu machen? Ich denke, ein Telefonat hätte dazu völlig ausgereicht.«
»Wissen Sie, Lorenzo, was heutzutage das größte Plus in unserem Beruf ist?«
»Ich bin sicher, Sie werden es mir gleich erklären.«
»Von keiner Technologie abzuhängen. Weder vom Telefon noch vom Computer noch von der Kreditkarte. Erinnern Sie sich, wie komplex die Spionage war, als dieser ganze Schund noch nicht existierte? Heute ist es kein Vergnügen mehr, diese Kunst auszuüben. Der erstbeste Idiot, der sein Handy einschaltet, kann innerhalb weniger Minuten über Satellit geortet werden. Nichts kann einen guten Espresso ersetzen, den man in der Anonymität eines Flughafencafés mit einem alten Freund trinkt.«
»Sie haben mir immer noch nicht gesagt, was Sie eigentlich wollen.«
»Sie haben recht, ich hätte es beinahe vergessen. Es gab eine Zeit, da habe ich Ihnen den einen oder anderen Dienst erwiesen, erinnern Sie sich? Aber keine Angst, ich werde nicht an Ihre Dankbarkeit appellieren, was nicht heißt, dass ich nicht eines Tages darauf zurückkommen könnte. Doch für das, was ich heute möchte, werde ich diesen Trumpf nicht opfern, das wäre zu teuer bezahlt. Nein, wirklich, das Einzige, was ich von Ihnen erbitte, ist, mir einen leichten Vorsprung vor den anderen zu gewähren. Ich verrate nichts von Ihrem Taktieren, und im Gegenzug informieren Sie mich über die Geschehnisse im Omo-Tal. Sollten unsere beiden Turteltauben in andere Gefilde davonfliegen, werde ich mich erkenntlich zeigen und Sie
benachrichtigen. Ein unsichtbarer Läufer auf dem Schachbrett ist äußerst wertvoll für den, der ihn besitzt.«
»Ich
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