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Am Fluss des Schicksals Roman

Titel: Am Fluss des Schicksals Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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um Mary die Erfahrungen der letzten zwei Jahre vergessen und ihr Selbstvertrauen wachsen zu lassen.
    Mary war ein wenig rundlich und reichte Joe gerade biszur Schulter. Ihr Haar, das sie stets zusammengebunden trug, war braun und lockig, und ihre Gesichtszüge waren eher durchschnittlich, doch Joe hatte sich in die Wärme in ihren Augen und in ihr sanftes Lächeln verliebt, bei dem sein Herz stets höher schlug.
    »Wir brauchen keine Erlaubnis, an Bord gehen zu dürfen, Mary«, sagte er nun. »Es ist unser Schiff.«
    Als sie den Niedergang erreichten, erschien der Schiffbauer Ezra Pickering mit einem Notizbuch und einem Stift in der Hand vor ihnen. Er war ein ruhiger, pflichtbewusster Mann, der mit Joe eine unstillbare Leidenschaft für Schiffe teilte. Zuvor hatte er Joe erzählt, dass er seinen ersten Dampfer aus den Holz- und Eisenresten eines schrottreifen Pferdekarrens gebaut hatte, und Joe war von Ezras Liebe zum Detail und seinem unverhüllten Stolz auf seine Arbeit sehr beeindruckt gewesen. Die Schiffe wurden am Ufer gefertigt, wo es leicht abschüssig war, sodass man sie beim Stapellauf ins Wasser gleiten lassen konnte. Ezra hatte soeben kontrolliert, ob die Arbeiter seine allerletzten Anweisungen befolgt hatten. Er gehörte nicht zu den Leuten, die irgendetwas dem Zufall überließen.
    »Guten Morgen, Joe«, grüßte er. »Kommen Sie an Bord.« Er ergriff Joes ausgestreckte Hand und begrüßte anschließend auch Mary.
    An Bord wandte Joe sich seiner Frau zu. »Willkommen an Bord der Marylou, mein Schatz.«
    Mary stockte der Atem, und sie blickte ihren Ehemann mit weit aufgerissenen Augen an. »Du hast ... unser Schiff Marylou getauft?«
    »Ja, nach dir. Nach meiner Mary Louise!« Joe legte den Arm um ihre Schulter. »Komm und sieh selbst.« Er führte sie zum Bug und drehte sie in Richtung Ruderhaus. Dann zog er an einem Seil, an dem ein Stück Stoff befestigt war. Der Stoff flatterte herunter, und unter dem Fenster des Ruderhauses stand in großen Buchstaben: P. S. Marylou.
    Mary war zu Tränen gerührt. »Oh, Joe. Du bist immer wieder für Überraschungen gut.«
    Ezra Pickering kam zu ihnen. »Ich möchte Sie ein wenig mit den Daten der Marylou vertraut machen«, sagte er voller Stolz. »Sie ist für achtundfünfzig Tonnen Fracht ausgelegt. Ihre Länge beträgt dreiundzwanzig Meter, die Breite fünfeinhalb Meter. Sie hat einen Tiefgang von siebzig Zentimetern ...«
    »Was bedeutet das?«, fragte Mary.
    »Sie kann in Gewässern unter einem Meter Tiefe fahren, weil sie einen flachen Rumpf hat«, erklärte Joe. »Aber meist ist der Fluss viel tiefer.«
    »Oh.« Mary beschlich ein ungutes Gefühl. Sie fürchtete sich vor tiefen Gewässern und konnte wie die meisten Neuankömmlinge in Australien nicht schwimmen, aber Joe hatte versprochen, es ihr beizubringen. »Gibt es denn Untiefen im Fluss?«, fragte sie Ezra.
    »Ja«, erwiderte Ezra. »Man muss sich vor Sandbänken, seichten Stellen und im Wasser treibenden Baumstämmen in Acht nehmen. Und im Sommer trocknen bestimmte Flussabschnitte regelmäßig aus. Aber ich habe im Ruderhaus Karten hinterlegt.« Er sah Joe mit ernstem Blick an. »Ich schlage vor, Sie studieren diese Karten, und zwar gründlich. Aber für den Notfall ist das Schiff mit einer dampfbetriebenen Seilwinde ausgestattet, wie abgesprochen.« Er wandte sich um und wollte Mary die drei Kajüten zeigen, doch ihre Aufmerksamkeit wurde vom Maschinenraum gefesselt, der sich mitten auf dem Schiff befand und von einem Geländer umgeben war. Ein Schild am Dampfmotor stach ihr ins Auge: Marshall & Söhne, Gainsborough, England.
    »Sieh mal, Joe, die Maschine kommt aus unserer Heimat«, sagte Mary.
    »Das ist eine Dampfmaschine mit sechsunddreißig Pferdestärken«, geriet Ezra ins Schwärmen. »Sie ist erst vor zweiMonaten hier eingetroffen. Am Ufer liegt eine Tonne Feuerholz, was für den Anfang genügen dürfte, aber beim Zerkleinern und Verladen werdet ihr auf Hilfe angewiesen sein. Ihr habt doch einen Matrosen angeheuert, oder?«
    Joe zog die Stirn kraus und warf einen besorgten Blick zu seiner Frau. »Ja, er soll hier zu uns stoßen.«
    »Gut«, entgegnete Ezra. »Es wird mehrere Stunden in Anspruch nehmen, bis der Kessel genügend aufgeheizt ist, dass ihr ablegen könnt. Ich schlage vor, ihr fahrt heute flussabwärts bis zum Campaspe-Delta und anschließend wieder zurück. Sollte es dann Probleme oder Fragen geben, können wir darüber reden.«
    Joe warf erneut einen Blick auf die Uhr. Es war zwar

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