Am Helllichten Tag
Morden bekommen: Draußen steht ein Pulk Reporter mit Kameras und Mikrofonen.
»Gehen wir auch, oder willst du dich noch weiter umsehen?«, fragt Sjoerd.
»Lass uns zum Revier fahren. Vielleicht liegen schon Ergeb nisse von der Spurensicherung vor.« Julia lässt den Blick schwei fen, um auch ja nichts zu übersehen, und folgt dann Sjoerd zur Haustür.
Draußen atmet sie ein paarmal tief durch, doch es braucht mehr als nur ein wenig frische Luft, um ihrer Übelkeit Herr zu werden.
»Alles in Ordnung?« Sjoerd legt ihr die Hand auf die Schulter.
Sie nickt und geht mit ihm an dem rot-weißen Band vorbei, mit dem die Kollegen das Haus abgesperrt haben.
Ein paar Reporter kommen auf sie zu und halten ihnen ihre Mikrofone unter die Nase: »Weiß man schon etwas über den Täter?« – »Was haben die Ermittlungen bisher ergeben?« – »Gibt es ein Motiv für die Morde?« …
Sie beschränken sich auf Antworten wie »Kein Kommentar« und »Das erfahren Sie noch früh genug vom Polizeisprecher.«
Dann steigt Julia ins Auto. Sjoerd setzt sich ans Steuer, lässt den Motor an und schaltet auch gleich die Klimaanlage ein.
4
Im Eingangsbereich des Polizeireviers Roermond ist es brütend heiß. Wegen der großen Fensterfronten hat der Raum etwas von einem Gewächshaus, in dem die Temperaturen im Sommer schnell unerträglich werden.
Julia und Sjoerd gehen hinauf in den zweiten Stock. Vor dem Wasserspender im Flur bleibt Julia stehen und greift nach einem Plastikbecher.
Während das Wasser einläuft, betrachtet sie die Puppe im Regal darüber. Sie stellt einen Außerirdischen dar; ein Kollege hat sie auf dem Jahrmarkt gewonnen. Seitdem ist sie das Maskottchen der Truppe und wurde liebevoll dekoriert: mit einer Polizeimütze, Handschellen und einem ausgedienten Pistolenhalfter.
»Hallo, E. T.«, sagt Julia. »Sei froh, dass du hier deine Ruhe hast. Es gibt Tage, da denke ich, ich hätte doch lieber Kindergärtnerin werden sollen.«
E. T. verzieht keine Miene.
Julia nimmt ihren Becher und holt dann am Automaten daneben Kaffee für Sjoerd. Egal, wie heiß es ist, ihr Partner trinkt immer Kaffee. Von Wasser und Tee könne kein Mensch leben, behauptet er immer.
Mit einem Becher in jeder Hand betritt Julia das Büro, das sie mit drei Kollegen teilt.
Koenraad und Ari sind damit beschäftigt, Protokolle zu tippen. Beide sehen auf, als Julia das Zimmer betritt. Ari rollt seinen Stuhl etwas zurück und fragt: »Na, gibt’s was Neues?«
Julia stellt den Kaffeebecher auf Sjoerds Schreibtisch und trinkt einen Schluck Wasser.
»Wir haben keinerlei Hinweise auf einen Einbruch gefun den«, sagt sie. »Die Hintertür war offen, sodass der Täter prob lemlos ins Haus konnte. Auffällige Fußspuren hat er leider nicht hinterlassen.«
»Olle Kamellen – die Tatortfotos hat uns die Spurensicherung schon geschickt. Ich wollte eigentlich wissen, ob es was Neues gibt.«
»Ach so …« Julia zieht eine Grimasse und setzt sich an ihren Computer.
Dass Ari nicht zu ihren größten Fans gehört, weiß sie. Anfangs dachte sie, es läge daran, dass sie eine Frau ist, aber damit scheint es nichts zu tun zu haben. Bei der Kripo arbeiten noch mehr Frauen, und die behandelt Ari durchaus zuvorkommend.
Sjoerd hat ihr einmal bei einem gemeinsamen Kneipenbesuch erklärt, Ari könne nicht damit umgehen, dass sie jung und ehrgeizig sei. Er sei jahrzehntelang Streife gefahren, bevor seine Bewerbung bei der Kripo Erfolg hatte. Und dann sei sie gekommen und schon nach kurzer Zeit auf eine Fortbildung für zukünftige Führungskräfte geschickt worden. Ari fühle sich bedroht, sozusagen auf den Schwanz getreten, so Sjoerd.
Misstrauisch hatte Julia gefragt, ob er damit ebenfalls Probleme habe.
Sjoerd hatte grinsend den Kopf geschüttelt. »Quatsch! Für mich hat es nur Vorteile, dass du meine Partnerin bist. Du bist nun mal die Beste aus unserem Team, also lass ich dich die ganze Arbeit machen, heimse das Lob ein und bekomme noch eine Gehaltserhöhung.«
Sie hatte so getan, als wollte sie ihm ihr Bier ins Gesicht schütten, dann waren sie beide in Gelächter ausgebrochen.
Wenn man tagtäglich zusammen ist, lernt man sich zwangsläufig ziemlich gut kennen. Julia weiß, dass Sjoerd lieber zu Burger King geht als zu McDonald’s. Sie weiß, worüber er sich ärgert und was ihn zum Lachen bringt, dass er gern klassische Musik hört und lieber wochenlang Zahnschmerzen erträgt, als einmal zum Zahnarzt zu gehen. Und dass er auf Salmiaklutscher
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