Am Helllichten Tag
bei sich.«
»Ausgezeichnet!« Ramakers gibt Ari sein Handy. »Herr Walraven, rufen Sie bitte gleich mal die Eltern an.«
Julia geht neben dem Kind in die Hocke und betrachtet es eingehend. »Was ist da bloß passiert? Die Kleine ist ja völlig verdreckt! Und wie ist Dagmar mit ihr bis zum Wald gekommen?«
»Vielleicht durch einen Gang vom Kriechkeller aus. Immerhin ist das Haus der Schlupfwinkel eines Verbrechers; gut möglich, dass er einen Fluchtweg angelegt hat«, meint Ramakers
Da fällt bei Julia der Groschen. »Der Keller …«, sagt sie. »Mir ist aufgefallen, dass die Kisten dort ziemlich durcheinander standen. So als wären sie in aller Eile beiseite gerückt worden.«
»Dann mal los«, sagt Ramakers. »Ich fordere inzwischen Suchhunde an. Weit kann die Frau ja noch nicht sein.«
45
Da sie nun wissen, wonach sie suchen, ist die Luke schnell gefunden. In der Dunkelheit war sie Julias Aufmerksamkeit zunächst entgangen, doch als Ari und sie im Keller sind und den Boden absuchen, fällt ihnen die runde Holzklappe gleich auf.
»Da ist sie rein, garantiert«, sagt Ari. »Und dann weiter durch einen unterirdischen Gang.«
Julia hebt die Klappe und leuchtet in den Schacht. Tatsächlich, unten scheint es weiterzugehen.
Sie nimmt ihr Funkgerät und informiert Ramakers, dass sie den Zugang zu einem Tunnel gefunden hätten und nun einsteigen würden.
»Seien Sie vorsichtig. Und melden Sie sich, sobald Sie wieder draußen sind. Dann kommen wir mit den Hunden, um von dort aus zu suchen«, knarzt es aus dem Funkgerät.
Ari grinst Julia an. »Nach Ihnen, gnädige Frau.«
»Kein Problem. Aber du kommst nach. Und damit eins klar ist: Ich halte dir nicht das Händchen, wenn du dich im Dunkeln fürchtest.«
Ohne sich anmerken zu lassen, dass ihr vor dem finsteren Tunnel ziemlich graut, hangelt sie sich hinab und kriecht dann auf allen vieren hinein.
Im Schein der Taschenlampe sieht sie Wände aus Erdreich, gestützt von Holzbalkenwerk.
Nach wenigen Metern wird der Tunnel extrem schmal, dahinter scheint er sich wieder zu verbreitern.
Julia hält kurz die Luft an und schiebt sich durch.
»Gleich kommt ein Engpass!«, ruft sie Ari zu, der ihr unter lautem Gestöhne folgt. »Dann wird es dir leid tun, dass du dir ständig bei McDonald’s den Bauch mit Hamburgern vollschlägst.«
»Lass das meine Sorge sein«, knurrt er.
Julia lacht in sich hinein, doch kurz darauf vergeht ihr das Lachen. Von der Decke rieselt Erde, gerät ihr in die Augen, sogar in den Mund.
Aber sie muss weiter, Umdrehen ist auf dem engen Raum nicht drin.
Ein paarmal hört sie Ari laut fluchen, wenn er sich den Kopf anstößt oder sich Splitter an den Holzbalken einzieht.
Der Gang will kein Ende nehmen.
Mit zusammengekniffenen Augen hält Julia Ausschau nach einem Lichtschein. Vergeblich – alles vor ihr ist stockdunkel. Sie gerät ins Schwitzen und kämpft gegen die zunehmende Beklemmung an.
Urplötzlich hört der Tunnel auf, so unerwartet, dass sie mit dem Kopf an die abschließenden Holzbalken knallt.
Während sie sich die schmerzende Stelle reibt, richtet sie die Taschenlampe nach oben.
Sie befindet sich am Grund eines etwa drei Quadratmeter messenden Schachts, der oben verschlossen ist, vermutlich ebenfalls mit einem Holzdeckel. Hoffentlich hat Dagmar ihn nicht mit irgendetwas beschwert – den ganzen Weg wieder zurückzukriechen wäre der totale Horror.
»Sind wird da?« Ari taucht keuchend aus dem Tunnel auf.
»Ja, wir müssen nur noch hochklettern.« Sie zeigt auf die Eisenhaken in der Wand.
Da die Grube nicht allzu tief ist, hat sie den Aufstieg innerhalb weniger Sekunden geschafft. Sie streckt die Hand aus und drückt gegen den Deckel. Gott sei Dank, er gibt nach!
Eine große Anspannung fällt von Julia ab.
Sie schiebt den Deckel beiseite.
Sonnenlicht und frische Luft – endlich! Ihr ist zumute, als hätte sie den Eingang zum Paradies gefunden, als sie sich aus der Grube hievt.
Sie setzt sich auf den Waldboden daneben und atmet ein paarmal tief durch.
Neben ihr taucht wie ein überdimensionaler Maulwurf Ari auf. Er ist von Kopf bis Fuß voller Erde, Gesicht und Hände sind zerschrammt.
Julia muss unwillkürlich grinsen, dann aber steht sie auf und packt seinen Arm.
»Nicht nötig, Vriens.« Er schüttelt sie ab und wälzt sich auf den Boden. »Großer Gott, war das ’ne Ochsentour! So was mach ich nie wieder. Hast du dein Funkgerät noch? Ich fürchte, ich habe meins da unten verloren.«
Julia löst ihr
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