Am Mittwoch wird der Rabbi nass
werde sofort rübergehen.»
Sie dachte nach. «Nein, geh lieber erst heute Abend, wenn Ross McLane auch im Geschäft ist. Am ersten Tag solltet ihr beiden lieber nicht allein bleiben.»
«Dann gehe ich gleich nach der Abendandacht.»
«Und, Arnold, frag deinen Vater nicht, was du tun sollst. Geh hinein, als gehörte dir das Geschäft. Sieh zu, was zu tun ist, und fang an zu arbeiten.»
«Okay, okay.»
8
Morton Brooks, der Direktor der jüdischen Schule, klopfte und betrat, ohne eine Aufforderung abzuwarten, das Studierzimmer des Rabbi. Er war vierzig und somit ein bis zwei Jahre älter als der Rabbi. Das lange Haar, kunstvoll von der Seite her quer über den Schädel frisiert, betonte seine Glatze eher, als sie zu verbergen. Eine Zeit lang hatte er in seiner Jugend in New York einen Bürojob bei einem jiddischen Theater gehabt, das ständig am Rand des Bankrotts balancierte und ihn, um die Gage für einen Schauspieler zu sparen, hin und wieder als Statist einsetzte. Infolgedessen verstand er sich vorwiegend als Theatermann. Während der letzten fünfzehn Jahre hatte er, auf den Ruf eines Produzenten wartend, an jüdischen Schulen gelehrt. «Warum klopfen Sie an, wenn Sie doch nicht warten wollen, bis ich Herein! sage?», fragte der Rabbi übellaunig.
«Weil ich wusste, dass Sie allein sind», erklärte Brooks unbekümmert. «Ich hab an der Tür gelauscht, bevor ich klopfte.» Er hockte sich lässig auf eine Ecke der Schreibtischplatte und steckte sich eine Zigarette an.
Da sie ungefähr gleichaltrig waren und Brooks im Grunde genommen der Ältere war, fiel es dem Rabbi schwer, ihn an seinen Platz zu verweisen, insbesondere da er nicht wusste, wo dieser Platz war. Denn obwohl es im Allgemeinen als selbstverständlich galt, dass der Rabbi die Oberaufsicht über die Unterrichtung der Gemeinde im Judentum hatte, fiel die Leitung der Schule unter die Verantwortlichkeit des Direktors, der seinerseits wiederum nicht dem Rabbi, sondern dem Schulvorstand Rechenschaft ablegen musste, der alljährlich neu gewählt wurde. Sogar hinsichtlich der Bezahlung war sich der Rabbi nicht ganz sicher, wer besser dastand. Denn über sein eigenes Gehalt wurde öffentlich vom Synagogen-Vorstand abgestimmt, während die Gehälter des Direktors und der Lehrer vertraulich durch den Schulvorstand festgelegt wurden.
Morton Brooks blies Rauch gegen die Decke. «Sie vergessen doch den Sonntag nicht, David – wie?», fragte er.
«Was ist denn mit Sonntag?»
«Da ist Elternsprechtag.»
«Ach so! Ja und?»
«Nun, ich wollte Sie fragen, ob wir nicht was ändern könnten.»
«Zum Beispiel?», fragte der Rabbi vorsichtig.
«Nun, wie Sie sich erinnern werden, hat der Schulvorstand den Elternsprechtag vor ein paar Jahren eingerichtet, damit die Eltern mit den Lehrern über ihre Kinder sprechen konnten. Und wenn sie damit nicht zufrieden waren, konnten sie mit einem von uns beiden sprechen.»
«Was gefällt Ihnen nicht daran?»
Brooks’ Stimme nahm einen klagenden Ton an. «Nun, es hat sich einfach anders entwickelt. Die Eltern gehen zum Lehrer, dann kommen sie zu mir, und dann wollen sie unbedingt mit Ihnen sprechen. Und manchmal sagen Sie ihnen dann Sachen, die nicht ganz mit dem übereinstimmen, was ich ihnen gesagt habe.»
«Ich kann nicht wissen, was Sie ihnen gesagt haben.»
«Natürlich nicht. Aber die Grundidee des Schulvorstandes war doch, dass wir uns die Arbeit teilen sollten. Stattdessen gehen sie von mir zu ihnen, als wären Sie die übergeordnete Autorität.»
«Ich kann mich wohl kaum weigern, mit ihnen zu sprechen», erklärte der Rabbi.
«Ja, aber angenommen, Sie wären nicht zu erreichen.» Er beugte sich vor. «Sehen Sie, David, zur gleichen Zeit findet eine Vorstandssitzung statt, und an denen nehmen Sie normalerweise teil. Wenn die Eltern nun sagen, sie wollten Sie sprechen, könnte ich ihnen antworten, Sie würden an der Vorstandssitzung teilnehmen, weil dort ein besonders wichtiges Thema behandelt wird.»
«Und dann kommen sie den ganzen Nachmittag über zu mir nach Hause.» Der Rabbi schüttelte den Kopf. «Kommt nicht infrage. Außerdem wären bestimmt mehrere Frauen von Vorstandsmitgliedern dabei, und die wüssten genau, dass bei der Sitzung nichts Besonderes stattfinden wird.»
«Seien Sie nicht zu sicher, David», gab Brooks von oben herab zurück.
«Was soll das heißen?»
«Nun, Sie müssen zugeben, dass ich weit mehr über das weiß, was hier so vorgeht, als
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