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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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soundso viele Pillen verabreichen will, und keine mehr. Oder er will, dass der Patient die gesamte Menge nimmt, egal, wie gesund er sich schon nach der Hälfte fühlt. Also geben wir exakt die Menge, die der Arzt verschreibt, nicht mehr und nicht weniger. Außerdem, bei diesen Pillen, die pro Stück bis zu siebzig oder achtzig Cent kosten, gibt Ihnen bestimmt niemand eine extra.»
    «Was ist mit den Apothekern, die bei Ihnen angestellt sind?»
    «Die verhalten sich beim Abfüllen von Medikamenten auch nicht anders.»
    «Vermutlich signiert jeder Apotheker das Rezept, das er ausführt.»
    «Wozu? Was wäre der Zweck?»
    «Na ja, zum Beispiel, falls etwas schief geht.»
    Timilty starrte ihn verwundert an. «Was kann da schief gehen?»

25
    Polizeichef Lanigan schob seinem Lieutenant die Physicians Desk Reference hinüber und sagte: «Also, das hier hat Doc Cohen verschrieben, und das hier hat der alte Kestler erhalten und eingenommen.»
    Lt. Eban Jennings richtete den Blick der wasserblauen Augen auf die kleine Farbtafel, dann betrachtete er die Pille, die auf der Schreibtischplatte lag. Sein ausgeprägter Adamsapfel hüpfte, als er sagte: «Völlig verschieden. Der Apotheker muss sich geirrt haben.»
    Lanigan schüttelte den Kopf. «Laut Dr. Cohen ist ein Irrtum des Apothekers höchst unwahrscheinlich. Ich habe mich außerdem bei Timilty erkundigt, der Brundages Geschäft am Ende von meiner Straße übernommen hat, und der sagt ebenfalls, dass Apotheker beim Ausführen von Rezepten keine Fehler machen. Nun ist Timilty einer von diesen übereifrigen, der der Konkurrenz, wenn ihm die Möglichkeit gegeben wird, gern eins auswischt. Aber er war derselben Meinung wie der Doktor: Ein Apotheker macht so einen Fehler nicht.»
    «Ja, aber was ist es dann?»
    Lanigan lehnte sich bequem zurück. «Tja, ich würde sagen, wenn es kein Fehler war und doch geschehen ist, dann muss es Absicht gewesen sein.»
    «Aber das wäre Mord!», gab Jennings zu bedenken.
    «Oder Totschlag. Und warum nicht? Morde werden nicht nur mit Schießeisen und Dolchen begangen. Die meisten Menschen besitzen weder einen Dolch noch einen Revolver. Wenn man von den Profis absieht, wird in den meisten Fällen verwendet, was gerade zur Hand ist. Der scharfe Gegenstand entpuppt sich fast immer als etwas ganz Alltägliches, ein Steakmesser etwa. Erinnern Sie sich an Millicent Hanbury, die eine Stricknadel benutzt hat? Und an Ronald Sykes, der Isaac Hirsh umbrachte, indem er einfach den Ventilator seines Wagens verschloss, während der Motor lief? Überlegen Sie mal. Das natürlichste Mordinstrument ist das, was griffbereit ist. Hier haben wir einen Apotheker mit einem ganzen Laden voll Chemikalien. Wenn der jemand umbringen wollte, könnte er natürlich versuchen, sich einen Revolver zu beschaffen. Viel wahrscheinlicher aber ist es, dass sein erster Gedanke all den vielen Dingen gilt, die er selbst in seinen Regalen hat.»
    «Ja aber … Aber was, das ist doch verrückt? Hören Sie, Hugh, ich kaufe im Town-Line Drugstore, seit wir das Haus verkauft und uns die Wohnung an der Salem Road genommen haben. Ich holte mir dort fast jeden Abend die Zeitung und ein paar Zigarren, und man könnte sich keinen netteren Menschen vorstellen als Marcus Aptaker. Nicht dass er einer von diesen leutseligen Typen ist. Nein, er ist eigentlich eher konservativ, wissen Sie, mit einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein. So ein Mann würde bestimmt nicht hingehen und Medikamente rausgeben, mit denen man Menschen umbringen kann.»
    «Ich kenne Marcus Aptaker länger als Sie», erwiderte Lanigan. «Als ich damals zur Polizei kam, musste ich des Nachts auf der Salem Road Streife gehen. Zu jener Zeit waren die Drugstores noch bis Mitternacht geöffnet, und ich pflegte mich bei Aptaker aufzuwärmen. Er hatte eine Kochplatte, und Marcus Aptaker spendierte mir oft genug eine Tasse Kaffee, die ich trank, während wir uns unterhielten. Ich mag Aptaker, aber er gehört zu diesen starren, gradlinigen Typen. Diese Art Menschen sieht alles nur schwarz und weiß, ohne Zwischentöne. Und wenn er glaubt, jemand hätte ihm Unrecht getan, kann ich mir vorstellen, dass er das Gefühl hat, Richter und Jury zugleich sein zu müssen – und sogar Vollstrecker. Erinnern Sie sich an seinen Sohn Arnold?»
    «Ja. Hat der ihm nicht im Geschäft geholfen?»
    Lanigan lehnte sich in seinem Drehsessel zurück und legte die Füße auf die herausgezogene unterste Schreibtischschublade. Den Kopf in die gefalteten

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