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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Abend beim minjen sieht.»
    «Das ist dasselbe.»
    Er schwieg und dachte darüber nach. Endlich sagte er: «Mag sein.»
    Er war den Nachmittag missgestimmt und verbrachte ihn fast ausschließlich in seinem Studierzimmer. Miriam merkte, dass ihr Mann zutiefst verletzt war, und störte ihn nicht. Als sie am Abend jedoch sein Zimmer betrat, sah sie erstaunt, dass er in der Ecke stand und mit rasch sich bewegenden Lippen das Schimonesre betete. Sie wartete, bis er fertig war; dann fragte sie: «Gehst du heute nicht zum minjen , David?»
    Er schüttelte den Kopf. «Nein, heute nicht. Und wahrscheinlich die ganze Woche nicht.»
    «Sie werden meinen, dass du schmollst.»
    Er grinste. «Lass sie ruhig. Vielleicht stimmt es sogar. Ich habe mich noch nicht entschieden, was ich tun werde, aber ich denke gar nicht daran, diese Angelegenheit auf dem Flur mit Kaplan und wer immer sich noch dazugesellt zu besprechen. Ich werde bis Sonntag warten. Wenn dann das Protokoll der letzten Sitzung gelesen wird, weiß ich genau, was sie getan haben, und kann entsprechend reagieren. Wenn sie dem Vorschlag, das Grundstück in Petersville für eine Klausur zu erwerben, zugestimmt haben, verlange ich Neuabstimmung.»
    «Und wenn sie nochmal darüber abstimmen, und das Ergebnis ist dasselbe?»
    «Dann bitte ich um Einberufung einer allgemeinen Mitgliederversammlung, vor der ich meine Ansichten darlegen und um Abstimmung durch die gesamte Gemeinde bitten kann.»
    «Und wenn sie ablehnen?»
    «Werde ich selbstverständlich zurücktreten.»

24
    Auf dem Heimweg parkte Lanigan seinen Wagen, einer spontanen Eingebung folgend, an der Ecke, statt in die Straße einzubiegen. Wie immer zuckte er zusammen, als er die grelle Neonreklame sah: YE OLDE CORNER DRUGGE STORE, JOS. TIMILTY, REG. PHARM., PROP, aber er trat trotzdem ein. Timilty, ein kleiner, dunkler, untersetzter Mann, kam sofort herbeigeeilt. Seine hellgrüne Nylontunika im russischen Stil, mit dem Namenszug Ye Olde Drugge Store in Dunkelgrün auf die Brusttasche gestickt, hatte kurze Ärmel, die haarige Unterarme freiließen. Er war kahl, hatte aber, wie zum Ausgleich dafür, buschige, schwarze Brauen, die von dem schweren, dunklen Brillengestell noch betont wurden. Seine Wangen hatten selbst unmittelbar nach dem Rasieren einen leicht bläulichen Schimmer; jetzt, am Spätnachmittag, wirkten sie blauschwarz. «Und womit kann ich Ihnen dienen?», fragte er, um die Bedeutung des jeweiligen Kunden zu unterstreichen, wie man es in dem Verkaufskursus lernte, an dem er gerade teilnahm. Er hatte das Geschäft vor knapp einem Jahr erst von den Brundages gekauft, die es vor ihm besessen hatten, solange sich Lanigan erinnern konnte.
    Ein wenig peinlich berührt von dieser direkten Attacke, überlegte Lanigan, was er kaufen könnte. Sein Blick wanderte über die Auslagen, die Salznüsse, die Pralinenschachteln, die Parfüms; die Hundehalsbänder, -leinen und -gummiknochen; Futter für Kanarienvögel und Sittiche. Kinderspielsachen. Aber er hatte weder Hund noch Kanarienvogel, hatte nicht einmal ein Kind und wusste, wenn er Pralinen oder Parfüm heimbrachte, würde Amy vermuten, er sei betrunken.
    Dann fiel ihm die kleine Flasche mit den Pillen ein, das Ärztemuster, das Dr. Cohen ihm gegeben hatte. Er zog sie heraus.
    «Mir ist heute Vormittag was ganz Komisches passiert», begann er. «Ich war in meinem Büro unten auf dem Revier und überprüfte gerade ein paar Akten, da bückte ich mich, und verflixt, ich konnte mich nicht wieder aufrichten.»
    «Sacroiliacum.» Timilty nickte weise. «War das das erste Mal?»
    «Nein, aber so schlimm war’s noch nie.» Er berichtete, wie er Dr. Cohen angerufen hatte. «… und diese Pillen, die der mir gegeben hat, also, die haben wahre Wunder gewirkt. Eine halbe Stunde später war ich praktisch wie neu.» Timilty nickte und lächelte das überlegene Lächeln des Eingeweihten über den Laien, der die Wunder der Wissenschaft bestaunt.
    «Gewöhnlich dauert so ein Anfall ungefähr zwei Wochen, aber diesmal – eine halbe Stunde, und weg war’s. Darum wollte ich fragen, ob Sie diese Pillen haben … Das hier ist nur ein Ärztemuster, das Dr. Cohen zufällig zu Hause hatte … Na ja, ich könnte mir ja einen kleinen Vorrat zulegen. Wenn’s dann wieder passiert, brauche ich nicht erst den Arzt zu rufen.»
    Timilty warf einen Blick auf das Glasfläschchen, das der Polizeichef ihm zeigte. «Aber sicher haben wir die. Es gibt mehrere Präparate, die die gleiche Wirkung

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