Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
Laden waren, konnte er nicht hier in der Rezeptur sitzen bleiben, also bediente er trotz seines Vorsatzes beinahe genauso viel, wie er es unter normalen Umständen getan hätte.
    Einmal erkundigte sich McLane: «Alles in Ordnung? Sie sind so blass.»
    «Nein, nein, alles in Ordnung», versicherte er. «Vielleicht kommt das von der neuen Leuchtstoffröhre. Sie wirken auch ziemlich käsig.»
    Kurz nach fünf kam Dr. Cohen, den Marcus selbst bediente. Der Arzt musterte ihn durchdringend, und als sich Aptakers Gesicht vor Schmerz zu einer Grimasse verzog, fragte Dan Cohen: «He, was ist los?»
    «Ach, nur ein bisschen Magendrücken, nehme ich an. Ich muss aufstoßen, aber es geht einfach nicht.»
    «Sie transpirieren», stellte Dr. Cohen fest.
    «Ja, vielleicht ein bisschen. Es ist warm hier, und ich bin viel rumgelaufen.»
    «Seit wann haben Sie dieses Magendrücken?»
    «Ach, noch nicht sehr lange.»
    «Er hat es seit dem Mittagessen, Doktor», mischte McLane sich ins Gespräch.
    «Schmerzen im Arm?», erkundigte sich Cohen.
    «Nein.»
    «Wo ist der Druck, Mark?»
    «Hier.» Er deutete auf seine Brust.
    «Schwierigkeiten bei der Atmung? Ist es ein schmerzhafter Druck?»
    «Nein, nein, ganz und gar nicht.»
    «Geben Sie mir Ihr Handgelenk.»
    «Also hören Sie, Doktor, ich weiß, was Sie denken. Es ist nichts, ganz bestimmt nicht.» Trotzdem reichte er ihm die Hand.
    Der Doktor fühlte ihm den Puls. Dann sagte er: «Ziehen Sie Jackett und Hemd aus. Ich hole nur schnell mein Stethoskop aus dem Wagen.»
    «Ich kann doch hier im Laden nicht mein Hemd ausziehen!»
    «Warum denn nicht? Es ist niemand hier. Wenn Sie wollen, können wir auch in die Rezeptur oder in die Toilette gehen. Aber nein, lassen Sie nur, Sie brauchen unbedingt ein EKG. Wer ist Ihr Arzt?»
    «Ich habe keinen», antwortete Aptaker. «Ich war nie krank.»
    «Nun gut, dann fahren Sie mit mir jetzt in meine Praxis, und wir machen es da. Oder noch besser, ich fahre Sie ins Krankenhaus.»
    «Ich gehe nicht ins Krankenhaus. Rose erwartet mich in einer Stunde zu Hause.»
    «Seien Sie nicht töricht», warnte Cohen. «Sonst müssen Sie unter Umständen auf einer Trage nach Hause gebracht werden. Fahren Sie mit mir ins Krankenhaus.»
    «Tun Sie’s, Marcus», drängte McLane. «Ich telefoniere mit Rose.»
    Aptaker zögerte, sah von einem zum anderen, las die Sorge in Dr. Cohens Gesicht. «Na schön», lenkte er ein, «aber mit Rose spreche ich selber. Wenn Sie nur für mich wählen würden.»
    Als seine Frau sich meldete, sagte er: «Rose? Ich habe ein bisschen Magenbeschwerden, und Dr. Cohen kam zufällig vorbei. Er möchte mich untersuchen.»
     
    Später, während der abendlichen Besuchszeit, saß Rose Aptaker am Bett ihres Mannes. Er hatte ein Krankenhausnachthemd an, und sein Bett war hochgestellt, sodass er sie ohne Mühe ansehen konnte.
    Er erläuterte ihr, wie alles gehandhabt werden sollte. «Du kannst am Morgen aufschließen, Rose; McLane hat gesagt, er werde alles tun, was notwendig sei. Er kommt dann um zehn, und …»
    «Nein.» Sie schüttelte energisch den Kopf. «Ich werde Arnold mitteilen, dass er nach Hause kommen muss. Er wird dich vertreten, bis du wieder auf den Beinen bist.»
    «Aber er hat seinen Job.»
    «Dann wird er ihn aufgeben oder unbezahlten Urlaub nehmen.»
    «Und wenn er nicht will?», fragte Marcus unsicher.
    «Er wird kommen.»
    Aptaker lächelte schwach. «Weißt du, Rose, diese Sache hier –», er deutete auf seine Brust –, «das ist nichts Ernstes, musst du wissen. Es ist ein kleiner Herzanfall, und ich fühle mich ganz gut, aber es ist immerhin ein Herzanfall, und das bedeutet, dass es einige Zeit dauern wird. Laut Dr. Cohen kann es drei Monate dauern, bis ich wieder arbeiten kann.»
    «Egal, wie lange es dauert, Marcus, Arnold wird bleiben, das versichere ich dir. Ich kenne ihn. Aber vielleicht wäre es gut, wenn wir einen Spezialisten hinzuzögen, einen Herzfachmann, oder …»
    «Nein, nein, Rose! Wenn Dr. Cohen meint, dass wir einen brauchen, dann wird er es von sich aus vorschlagen. Ich habe Vertrauen zu Dr. Cohen. Es gefällt mir, wie er seine Patienten behandelt. Ich spüre, dass er um mich besorgt ist.»

28
    Chester Kaplans engster Freund in Barnard’s Crossing war Al Muntz, obwohl der Arzt ein ausgesprochener und streitbarer Agnostiker war. Sie besuchten sich gegenseitig regelmäßig zu zwanglosen Abenden, bei denen die Ehefrauen über Mode und Küche plauderten, während die beiden Männer über die

Weitere Kostenlose Bücher