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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Bedeutung mehr haben, wirken sie sich auch nicht auf unser Leben aus. Deswegen ist es so notwendig, dass wir in den Wald gehen, an einen neuen Ort, dass wir versuchen, ihre eigentliche Bedeutung wieder zu erfassen.»
    «Aber warum ausgerechnet jetzt, Chet? Dasselbe traf doch vor zehn oder zwanzig Jahren zu.»
    «Weil es gerade jetzt in der Luft liegt. Die jungen Menschen spüren es und zeigen es durch ihre Unzufriedenheit mit dem Herkömmlichen. Sie sind auf der Suche nach etwas Neuem. Die Zeit ist reif. Du spürst es vermutlich auch, du willst es dir nur nicht eingestehen. Sag mal, warum hast du für den Kauf der Klausur gestimmt, wenn du tief innen …»
    «Verdammt, ich habe dafür gestimmt, weil du es uns als eine Art Paket angedient hast: Wir verkaufen den Goralsky-Block und kaufen dieses Grundstück draußen. Ich bin durchaus für den Verkauf des Goralsky-Blocks, denn ich weiß, dass der Besitz runterkommen würde, wenn die Synagoge ihn behielte, und daher nächstes Jahr weniger wert wäre als dieses Jahr und das Jahr darauf noch weniger. Eine Institution kann keinen kommerziellen Besitz verwalten, das kann nicht einmal eine Bank. Außerdem bot uns Bill Safferstein einen geradezu irrsinnigen Preis dafür, ungefähr um die Hälfte mehr als den heutigen Marktwert. Ich wäre also dumm gewesen, wenn ich nicht für den Verkauf gestimmt hätte. Was nun das Grundstück oben in New Hampshire angeht, da dachte ich mir, dass das ein ebenso günstiges Angebot wäre. Wir könnten dort eine Art Camp einrichten, wo Gemeindemitglieder sich im Sommer ein oder zwei Wochen erholen könnten, oder auch als Sommerlager für die Kinder. Aber alles übrige Drum und Dran – nein, da mache ich nicht mehr mit. Ich habe eine wissenschaftliche Ausbildung hinter mir. Ich brauche Beweise, knallharte, wissenschaftliche Beweise, wenn ich etwas glauben soll.»
    «Was ist denn aber mit deinem eigenen Kollegen Dan Cohen? Der ist gekommen. Und du musst zugeben, dass er dieselbe Ausbildung hat wie du. Dass seine Einstellung ebenso streng wissenschaftlich ist wie deine, nicht wahr?»
    «Nun ja, da bin ich mir nicht so sicher. Er ist praktischer Arzt. Die lassen sich manchmal auf alle möglichen Sachen ein. Ich kenne einige, die beraten ihre Patienten in Familienangelegenheiten, ja sogar in Rechtsfällen. Aber nun gut, sagen wir, dass er streng wissenschaftlich denkt. Was ist mit Dan?»
    «Hast du schon mit ihm gesprochen?», erkundigte sich Kaplan. «Seit er an der Klausur teilgenommen hat, meine ich.»
    «Nein, habe ich nicht. Ich hatte in den letzten Tagen sehr viel zu tun, und wir sind uns zufällig nie über den Weg gelaufen. Warum? Was hat er gesagt?»
    «Als ich ihn am Sonntagnachmittag traf, war er eindeutig euphorisch. Als ich ihn fragte, wie es ihm bei der Klausur gefallen habe, grinste er von einem Ohr zum anderen und sagte, es sei ein überwältigendes Erlebnis gewesen. Es habe vermutlich sein ganzes Leben verändert. Was sagst du dazu?»
    «Nun …»
    «Los», forderte ihn Kaplan heraus, «geh hin zu ihm und sprich mit ihm. Du wirst schon sehen, was er sagt.»
    «Na ja, nur weil ein Mann eine wissenschaftliche Ausbildung hat, muss er nicht ununterbrochen wissenschaftlich denken», meinte Dr. Muntz ein wenig lahm.

29
    Bei seinem üblichen Besuch im Krankenhaus ging Rabbi Small auch zu Marcus Aptaker.
    «Guten Tag, Rabbi», sagte Aptaker höflich. «Nett von Ihnen, dass Sie mich besuchen.»
    «Wie geht es Ihnen?», fragte der Rabbi freundlich, als er sich einen Stuhl ans Bett zog.
    Aptaker taute ein wenig auf. «Ach, wissen Sie, ganz gut. Nur ziemlich schwach bin ich noch.»
    «Kam diese Herzgeschichte ganz plötzlich, oder hatten Sie sich schon länger nicht wohl gefühlt?»
    Aptaker schüttelte müde den Kopf. «Ich weiß es nicht. Vielleicht war es schon einige Zeit im Anzug, und ich habe es nicht gemerkt. Hier heißt es, dass es von der nervösen Spannung kommt. Na ja, ein Geschäftsmann steht heutzutage ständig unter Spannung, vor allem bei uns im Drogenhandel, wo man morgens, wenn man den Laden aufmacht, nicht weiß, ob nicht so ein verrückter Hippie reinkommen und mit dem Revolver um sich schießen wird. Man lernt allmählich, damit zu leben, aber wahrscheinlich staut sich das alles auf. Und der Brief, den ich von Ihnen und Ihren Leuten gekriegt habe, hat natürlich auch nichts besser gemacht.»
    «Ein Brief von uns?», fragte der Rabbi verständnislos. «Von der Synagoge, meinen Sie? Was für ein Brief?»
    «Den Brief von

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