Am Mittwoch wird der Rabbi nass
Papiere unterzeichnet sein würden, und schlug ihm vor, sich wegen der Vertragsverlängerung an diesen zu wenden. Ich bin nicht verantwortlich für das, was Safferstein tut, sobald er den Block übernommen hat. Es ist ein legaler Geschäftsabschluss.»
«Ja, das ist es, nehme ich an», gab der Rabbi traurig zurück. «Die Synagoge verkauft den Besitz, weil das ein gutes Geschäft für sie ist. Und ein kleiner Mann wie Aptaker, der sein Leben mit dem Aufbau seines Geschäfts verbracht hat, wird einfach auf die Straße geworfen, aber das ist legal, weil das eine geschäftliche Angelegenheit ist.»
«Das kommt doch immer wieder vor, Rabbi», sagte Kaplan. «Man kann dem Fortschritt doch nicht im Wege stehen.»
«Fortschritt!»
Kaplan grinste. «Na schön, dann Veränderung. Man kann auch der Veränderung nicht im Wege stehen.»
Der Rabbi nickte. «Ja, im Laufe der Veränderungen wird so mancher Einzelne kurzerhand überfahren. Das ist alles rein geschäftlich, wie Sie sagen. Aber ist das eine Art Geschäft, wie eine Synagoge sie machen soll? Unsere Religion ist eine moralische Religion. Soll eine dieser Religion gewidmete Institution tatsächlich so etwas tun?»
«Nun, Rabbi, als Anwalt muss ich sagen, wenn’s legal ist, ist es auch moralisch», erklärte Goodman.
«Schön, Mr. Goodman, überlegen wir, ob es wirklich legal ist.» Der Rabbi bückte sich, nahm einen Aktenkoffer vom Fußboden auf und legte ihn vor sich auf den Tisch. «Hier habe ich die Korrespondenz Mr. Aptakers über die Verlängerung seines Mietvertrags, zuerst mit Mr. Goralsky und dann mit Mr. Kaplan. Ich werde sie später herumgehen lassen, wenn Sie das wollen, aber ich kann es auch für Sie zusammenfassen.» Er entnahm dem Koffer einen Stoß Papiere. «Hier ist Mr. Aptakers Bitte um Verlängerung des Mietvertrages, der in wenigen Monaten ausläuft. Und hier ist Mr. Goralskys Antwort.» Er las ihnen das Schreiben vor. «Beachten Sie bitte den Wortlaut; keineswegs der übliche Geschäftsstil, nicht wahr? Ich habe seine Sekretärin danach gefragt. Sie erinnerte sich noch sehr gut daran, denn sie musste den Brief zweimal schreiben. Beim ersten Mal redigierte sie sein Diktat, wie üblich, nach den üblichen Geschäftsrichtlinien. Doch diesmal war Mr. Goralsky unzufrieden damit und verlangte, sie solle alles genauso schreiben, wie er es ihr diktiert hatte, weil er Aptaker zeigen wollte, wie sehr er dessen Geschäftsgebaren während all der Jahre geschätzt hatte. Also schrieb sie den Brief noch einmal um und formulierte ihn, vielleicht ein bisschen boshaft, genau nach seinen eigenen Worten. Diesen Brief unterzeichnete er, die Anwälte wurden entsprechend instruiert und bereiteten den neuen Mietvertrag vor.»
«Ja, aber dann wurde Aptaker habgierig», erwiderte Kaplan. «Er verlangte, dass eine der Klauseln gestrichen wurde, wenn ich mich recht erinnere.»
«Ganz recht», stimmte der Rabbi zu. «Er schrieb noch einmal an Goralsky, teilte ihm mit, die Klausel, dass er seine Schaufensterscheiben versichern lassen müsse, sei bei den vorangegangenen Mietverträgen gestrichen worden, und bat, sie auch diesmal wieder zu streichen.»
«Und was hat Goralsky dazu gesagt?», fragte Goodman.
«Gar nichts. Er starb.»
«Na, dann hat Aptaker eben Pech gehabt», fand Goodman.
«Der Brief an Aptaker wurde geschrieben, als Mr. Goralsky bereits mit jener Krankheit zu Bett lag, an der er starb. Zu jenem Zeitpunkt hat er auch sein Testament geschrieben», erklärte der Rabbi.
Goodman zuckte die Achseln. «Na und? Im Testament steht davon nichts, und nur, was im Testament steht, zählt.»
«Nicht nach jüdischem Recht», widersprach der Rabbi.
«Wie bitte?»
«Was soll das heißen?», fragte Kaplan. «Wer sagt das?»
«Das sagt das Talmud-Kapitel Gittin , und ebenfalls der Schulchan Aruch. Das jüdische Gesetz, das heißt das Talmud-Gesetz, macht im Zusammenhang mit dem Testament einen Unterschied, und zwar aufgrund des Gesundheitszustands eines Erblassers. Ist der Erblasser bari , also gesund, lautet das Gesetz wie das säkulare Gesetz: Es zählt nur das, was im Testament steht. Ist der Erblasser aber schechiv mera , schwer krank und bettlägerig, und mehr noch, wenn es sich, wie in Mr. Goralskys Fall, um eine Krankheit mit tödlichem Ausgang handelt, dann verlangt es das Gesetz, dass seine Wünsche ausgeführt werden, auch wenn sie nicht im Testament stehen. Der Grund für diese Ausnahme im Gesetz ist der, dass es dem Sterbenden in seinen letzten Tagen
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