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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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daß er am Kinn getroffen wurde. Obwohl er mit der Meidbewegung dem Schlag die Wirkung genommen hatte, kam er ms Straucheln, griff zum Seil und richtete sich wieder auf.
    »Wenn du so weitermachst, schaffst du Bannister nie«, begann Brewster zu nörgeln. »Du bist zu langsam..., und zu fett.«
    Einmal erklärte Brewster, daß ein Mann der Schwergewichtsklasse mehr Muskeln brauche, das andere Mal fand er ihn zu fett. Brewster war wie ein böser Geist, der ihn nicht aus den Krallen ließ, ständig um ihn war und ihn weiter hetzte.
    Zorn stieg in Rod auf. Es wäre für den kleinen vierschrötigen Spanier besser gewesen, auf die Augen des Gegners als auf die Fäuste zu achten. Die erste voll geschlagene Linke fing er mit der Deckung auf, konnte jedoch nicht verhindern, daß sie die Hände bis auf das Gesicht drückte. Die als Doublette folgende Rechte sah er nicht mehr kommen, sie durchschlug die Deckung und fegte ihn aus dem Ring.
    Die Betreuer des Spaniers warfen Rod böse Blicke zu. Dieser Schlag hatte mit Sparring nichts mehr zu tun. J.F. Brewster schüttelte den massigen Schädel, schob sich den Hut in die Stirn und verstaute die Zigarre in einer verbeulten Blechdose. Er watschelte aus der Halle, ohne Rod noch einmal anzusehen. 
    Eine halbe Stunde später stand Rod unter der Brause. Das heiße Wasser, das über den verschwitzten Körper strömte, brachte ihn zu sich selbst zurück. Er hoffte, daß er das Camp heute für ein paar Stunden unbeobachtet verlassen konnte, ohne daß ihm die Presse das Leben schwer machte. Brewster hatte in den vergangenen Monaten intensiv für das gesorgt, was er Publicity und Imagebildung zu nennen pflegte. Er hatte Pressekonferenzen organisiert, Geldgeber, die sich gern als Mäzene bezeichneten, gefunden und Treffen mit potentiellen Gegnern organisiert. Und der im Grunde seines Herzens friedliche Rod hatte sich zum Buhmann machen müssen. Dabei hatte er vor einem Jahr noch geglaubt, das alles sei längst aus dem Boxsport verschwunden. Nun, in der Zwischenzeit hatte er einen Reporter verprügelt, der ihn lächerlich zu machen versuchte, hatte einem seiner späteren Gegner mit Schimpfworten geantwortet, obwohl er weder Lust noch Anlaß dazu hatte, und mußte immer wieder den wilden Mann spielen.
    Was ihn aber an der ganzen Sache am meisten verblüffte, war die Tatsache, daß Brewster mit seiner Methode Erfolg hatte. Leider galten in der amerikanischen Region, obwohl es seit Jahren keinen Profisport mehr gab, immer noch die Grundsätze vom Hochdienen eines Boxers. Rod hätte Jahre gebraucht, ehe er sich durch die Reihen derer gekämpft hätte, die nach oben drängten.
    Brewsters Methode brachte es zuwege, daß einer der bekannteren Boxer, aufgebracht durch die Pressekampagne, erklärte, er werde diesem Anfänger den Eindruck vermitteln, den eine Maus habe, wenn sie unter eine landende Rakete gerate. Brewster hatte sich daraufhin hinter die Presse gesteckt, reihenweise Artikelserien abgesetzt, die sich mit der persönlichen Feindschaft der beiden Kontrahenten befaßten, und zu guter Letzt auch noch das Fernsehen interessiert. Der Erfolg war, daß Barney Stone, eben jener Mann aus der dritten Reihe, erklärte, er habe es satt, sich ständig von einem Neger verhöhnen zu lassen, Rod solle seinen Kampf haben, er brauche ohnehin wieder mal einen Sparringspartner, an dem er sich austoben könne. Obwohl kein Mensch in der amerikanischen Region mehr daran dachte, einen Neger zu diskriminieren, bauschte Brewster die Bemerkung Stones auf, und es war eigentlich kein Wunder mehr, daß die Halle in Omaha ausverkauft war. Der 
    Kampf zweier Todfeinde roch nach Sensation, und Sensationen dieser Art waren selten in dem sich langsam festigenden Amerika.
    Für Rod war am bedrückendsten, daß er gegen den als guten Boxer geltenden Stone überhaupt nichts hatte, ihn eigentlich gar nicht persönlich kannte und sich vorgenommen hatte, einen ganz normalen Kampf zu liefern. Er kannte sich, wußte, daß er im Kampf ruhig sein würde, und er hoffte, Stone schlagen zu können.
    Aber dann kam alles ganz anders. Gereizt durch den Rummel, spuckte ihm Stone während der Vorstellung durch den Refery auf das Trikot. Rod, der das am allerwenigsten erwartet hatte, mußte wohl ein sehr verdutztes Gesicht gemacht haben, denn die Betreuer seines Gegners brachen in schallendes Gelächter aus, das sich schnell ins Publikum fortsetzte. Um sich die eigenen Hände nicht zu beschmutzen, nahm Rod das Handtuch von seines Gegners

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