Am Rande wohnen die Wilden
hätte sie an der Konferenz teilnehmen müssen. Außerdem konnte er ihre Impulse nicht aufnehmen, da sie ihr Netz nicht trug. Es lag eingeschaltet hinter dem Sessel, in dem sie sich ausgestreckt hatte.
Durch die Kabine jaulten ungewöhnliche Töne, die ihm fast weh taten. Zu gleicher Zeit aber übten sie eine eigenartige Anziehung aus. Faunian fühlte, wie sich seine Kopfhaut zusammenzog.
Birrha hatte sich offensichtlich in die Aufzeichnung der Speicher eingeschaltet, die wahllos in den verschiedensten Frequenzen herumhorchten, um aus einer Fülle von Material bestimmte Tendenzen zu ermitteln, die Aufschluß über die Lebensgewohnheiten und die Psyche der Menschen geben konnten.
Wer weiß, wie lange Birrha diesen Sendungen hier schon lauschte. Er hatte in den vergangenen Tagen schon öfter bemerkt, daß das Verhalten der Menschen einen eigenen Reiz auf die Mornen ausübte. Und nicht nur bei Birrha. Vielleicht war das auch einer der Gründe, der ihn veranlaßt hatte, seinen Vortrag nochmals zu überdenken.
Der Bildschirm zeigte einen jungen männlichen Menschen, der sich eine Bekleidung aus Tierhaut angezogen hatte und der einen Apparat bediente, der mittels straff gespannter Drähte Töne erzeugte.
Faunian fand die Töne zwar nicht wohlklingend, aber er mußte anerkennen, daß sowohl die Erscheinung des Wilden wie auch die Tonfolgen in gewissem Grade erregend waren. Vielleicht waren es auch die Bewegungen des Mannes, der sich selbst in eine Art Ekstase zu treiben schien. Seine Bewegungen waren gleitend und wurden unterstrichen durch die eng am Körper liegende Kleidung. Die breite, behaarte Brust hob und senkte sich im Takt der Bewegungen.
Faunian fühlte sich abgestoßen durch diese Zurschaustellung absoluter Männlichkeit, aber er brachte es nicht fertig, sich abzuwenden.
Er versuchte im Gegenteil, die mit Inbrunst hervorgestoßenen Worte aus dem Durcheinander der Drahtschwingungen herauszufiltern und zu übersetzen. Schließlich gelang es ihm mit Hilfe des Mentokonservers.
Das Lied hieß »Orchest of summer« und handelte von einem jungen Mann, eben dem Sänger, der an einem heißen Sommertag mit einer Frau in einem See in wunderschöner Umgebung badet und sie nach dem Bade, angeregt durch ihre äußeren Formen, zur Kopulation aufforderte.
Er sah, daß Birrha aufstand und sich umwandte. »Faunian!« rief sie verwundert. »Ich hatte dich nicht kommen hören.«
Erst dann fiel ihr auf, daß ihr Netz hinter dem Sessel lag. Mit einer schnellen Bewegung hob sie es auf und legte es auf ihren Schädel. »Ist dein Vortrag bereits beendet?«
Ihm erschien diese Frage überflüssig, aber er unterließ es, sie darauf hinzuweisen. Auch auf die Tatsache, daß sie nicht an der Konferenz teilgenommen hatte, ging er nicht ein. Er war eigentümlich freundlich gestimmt.
Birrha deutete auf den Bildschirm, auf dem sich der Sänger verbeugte. »Die Sexualität spielt eine große Rolle in ihrem Leben«, sagte sie.
Es war gut, daß sie das Netz aufgesetzt hatte, er hätte sie sonst nicht verstanden. Aus dem Gerät brandete ein derartiger Lärm auf, daß Faunian einen Impuls zur Tondrosselung geben mußte. Die Menschen, die dem Sänger zugehört hatten, erzeugten den Lärm, indem sie die Hände gegeneinanderschlugen.
Als er aufblickte, hatte Birrha den Raum verlassen. Mit ihrer letzten Bemerkung hatte sie ihn auf einen Punkt aufmerksam gemacht, der noch seiner Klärung harrte.
Auf diesem Planeten schien im Gegensatz zu Morn ausschließlich die persönliche Zeugung praktiziert zu werden. Anders waren die Inbrunst des jungen Mannes und die Überbetonung der Sexualität kaum zu erklären. Er war nicht erstaunt darüber, daß auf der Erde noch die subjektive Zeugung erfolgte. Von genetisch-objektiver Zeugung schienen die Menschen nichts zu halten, und auch ihre Frauen gebaren noch. Das alles schien ihm bedeutsam.
Er dachte an Morn. Selbst dort hatte sich in Jahrhunderten die genetisch-objektive Zeugung nie ganz durchsetzen können. Viele Mornen waren einfach nicht bereit, sich die Freuden der sexuellen Vereinigung entgehen zu lassen, mochten die Genetiker reden, was sie wollten. Eine derartige Überbetonung sexueller Belange wie hier auf der Erde aber war selbstverständlich undenkbar.
Viele junge Leute, und dabei schloß er sich nicht aus, waren jedoch der Ansicht, daß eine künstliche Befruchtung sehr viel zur Senkung der genetischen Fehlerquote beitragen konnte. Allerdings tendierte er heute zu der Meinung, daß diese
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