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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Ansichten an ein bestimmtes Alter gebunden waren, denn in den meisten Fällen vergaßen die jungen Männer spätestens dann, wenn sie eine Gefährtin gefunden hatten, wofür sie eben noch eingetreten waren.
    Auch er gestand sich heute nicht ohne Schmunzeln ein, daß es Cosita war, die ihn zu einem grundlegenden Sinneswandel veranlaßt hatte. Eine normale Sexualität war aus dem Leben der Mornen weder wegzudenken noch wegzudiskutieren. 
    Allerdings vertrauten fast alle Frauen den Embryo bereits wenige Tage nach der Empfängnis den Brutschränken der Nursologen an, die die Entwicklung des keimenden Lebens in ihren Instituten überwachten und — wenn notwendig — genetische Korrekturen vornahmen. Dieser Entwicklungsstand schien hier auf der Erde noch nicht erreicht zu sein. Er würde Finetta einen Hinweis geben, damit sie diesem Gebiet zusätzliche Aufmerksamkeit widmete.
    Als er zurück in den Versammlungsraum ging, spürte er eine erstaunliche Freude an der Aufgabe ihrer Expedition. Fast hatte es den Anschein, als habe ihn die Erscheinung des jungen Menschen angeregt.
    Im Saal bemerkte er in einer der vorderen Reihen Birrha. Sie mußte kurz vor ihm den Raum betreten haben. Er sah, wie sie sich neben Bojan setzte, und als sie sich an dessen Schulter lehnte, wußte er, daß seine Vermutung richtig war.
    Er blickte sich um, sah einen leeren Platz neben Cosita, und er sah auch, daß sie ihm zuwinkte. Als er durch die Reihen ging, begriff er, daß die Diskussion eigentlich schon begonnen hatte.
    Cosita blickte ihn an und lächelte. »So gut dein Vortrag war, Faunian, es wird heute spät werden«, sagte sie und rückte dicht an ihn. Er nahm ihre Hand in die seine und wußte, daß er genügend Kraft für eine Auseinandersetzung haben würde. Etwas Neues schien im Raumschiff eigezogen zu sein.
    Als er sich auf die Gedanken konzentrierte, die den Saal durchwebten, erkannte er, daß er nicht der einzige war, der das Gefühl gehabt hatte, daß sie bei ihren Schlußfolgerungen viel zu sehr von ihrem eigenen Standpunkt ausgegangen waren. Die meisten Gefährten schienen das zu denken.
    Er stand auf und stellte mit Genugtuung fest, daß die Vielfalt der Impulse verebbte. Er wartete, bis Ruhe eingezogen war. »Ich gebe die Diskussion frei«, sagte er, »und bitte zu bedenken, daß am Ende unserer Aussprache ein Beschluß über unser weiteres Programm und die Verhaltensweise der Mornen gegenüber den Menschen stehen muß. Unter diesem Gesichtspunkt wird der Tentakel die Reihenfolge der Beiträge auswählen.« 
    Er hatte sich noch nicht wieder gesetzt, als ein Leuchtzeichen an der Stirnwand des Saales den Mechaniker Bojan aufforderte, seine Meinung vorzutragen.
    Es war nicht verwunderlich, daß der Tentakel als ersten Redner Bojan zur Stellungnahme aufgefordert hatte. Der Rechner wählte nach Rede und Gegenrede aus, und Faunian traute Bojan zu, daß er die schwachen Punkte in seinem Vortrag gefunden hatte, und das war gut so. Trotdem erwartete er die Ausführungen mit einiger Besorgnis. Bojan hatte die Angewohnheit, Fehler und Schwächen schonungslos aufzudecken.
    Das erste, was Bojan tat, als er das kleine Podium betreten hatte, war, die gesamte Übertragungsanlage auszuschalten. Faunian gestand sich ein, daß er ihn bewunderte, wie er mit wuchtigen Schritten auf und ab ging und seine Gedanken scheinbar mühelos nur mit Hilfe des Emitternetzes auf die Versammelten niederprasseln ließ.
    »Wir haben Zeit verloren!« rief er und richtete sich auf. »Sinnlos Zeit verloren. Die Ergebnisse, die wir in mehreren Tagen gespeichert haben, geben uns lediglich Auskunft über einige rein äußerliche Verhaltensweisen der Menschen.«
    Er sprach das fremde Wort aus, als gehöre es seit Urzeiten zum Sprachschatz der Mornen.
    »All unsere Ermittlungen aus dieser großen Entfernung sind Stückwerk, sind bunte Splitter in einem Kaleidoskop, die sich zu Tausenden von verschiedenen Kombinationen zusammensetzen ließen, wenn wir gelernt hätten, dieses Kaleidoskop zu schütteln. Was aber tun wir? Wir scheuen uns nicht, eine dieser zufällig entstandenen Kombinationen aufzuzeichnen, zu analysieren, und versuchen nun, darauf unsere weitre Arbeit aufzubauen.
    Wir stellen also fest, daß bei diesen Wesen nicht die Psyche, sondern die Physis im Vordergrund steht. Und was bringt uns zu dieser Annahme? Einzig und allein die Tatsache, daß wir als einzige gedankliche Äußerungen elektrische Schwingungen aufgenommen und dekodiert haben, mit denen sich die

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