Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
Vom Netzwerk:
vereinzelte im flachen Wasser schwebende Wohwaben entdeckt worden, also alles in allem nur sehr zaghafte Ansätze.
    Wenden wir uns dem Wohnverhalten der Menschen zu. Bei dem bis dahin festgestellten uneffektiven Verhalten war kaum damit zu rechnen, daß es auf diesem Gebiet anders aussehen würde. Aber genau betrachtet, erreicht die Sinnlosigkeit hier ihren vorläufigen Höhepunkt. Zwar sind die Wohnwaben, die mit recht weit entwickelten Maschinen errichtet werden, mitunter recht beeindruckend, aber die unrationelle Wohnweise als Einzelwesen oder als kleine Gruppe ist derart weit verbreitet, daß man sich fragt, warum sich die Menschen die weit rationellere Wohnweise der Insekten nicht zum Vorbild nehmen. Außerdem gibt es noch viele Bauwerke, deren Äußeres sich in absurder Individualität erschöpft.
    Bei den Menschen fällt weiterhin ein Hang zum Ortswechsel auf, der meist auf befestigten Trassen erfolgt und der die noch in ihren Anfangsstadien steckende Technik besonders beflügelt zu haben scheint. Aber auch hier ist, was die Unrationalität anbetrifft, mit wahrer Meisterschaft gearbeitet worden. So werden für den Transport von Menschen nicht selten Maschinen eingesetzt, deren Nutzlast nur ein Hundertstel der Eigenmasse beträgt. Fast übertroffen werden diese Verkehrsmittel von eigenartigen geflügelten Apparaten, die sich durch Vortrieb in die Lufthülle des Planeten erheben können. Da die Menschen offensichtlich nicht die Nutzung der Gravitation kennen, weisen diese Apparate eine Lagestabilität auf, die nahe Null liegt. Ihre Benutzung ist mit einem erheblichen Risiko verbunden, was die Menschen jedoch nicht abhält, sie in erheblicher Anzahl zu verwenden.«
    Einen Augenblick hielt Faunian erschöpft inne. Bisher hatte er fast ausschließlich negative Dinge vor den Mitgliedern der Expedition ausgebreitet, und nachdem er den kurzen Bericht der Mikrobiologen vogetragen hatte, die aus den Proben, die sie der Lufthülle des Planeten entnommen hatten, auf eine enorme Bakterienfauna am Boden schlossen, kam er zu den ersten positiven Anzeichen der menschlichen Evolution. »Es ist verständlich«, sagte er, »daß die Wesen dieses Planeten unter diesen Verhältnissen nach einem Weg suchen, der ihnen ein Verlassen ihrer ungastlichen Welt ermöglicht. Nur so ist es zu erklären, daß die ersten Ansätze zur Raumfahrt zu einer Zeit auftreten, in der bei einer normalen Entwicklung diese Technik noch nicht hervorgebracht worden wäre. In dieser Beziehung muß man der Erde eine Sonderstellung einräumen.«
    Am Schluß seiner Darlegungen ging er auf den Körperbau der Menschen ein, schilderte ihn als übermäßig muskulös und kräftig und führte auch diese Eigenschaft auf die unwirtlichen Einflüsse ihres Heimatplaneten zurück.
    Nach seinen langen Darlegungen fühlte er sich erschöpft und bat die Versammelten um eine Pause.
    Erst als er den Saal verließ, spürte er, daß es durchaus Dinge geben konnte, die bei der Zusammenfassung der Ergebnisse der einzelnen Expertengruppen untergegangen waren. Im wesentlichen war das, was sie ermittelt hatten, ein Bild der Unordnung, der Irrationalität und des Chaos. 
    Aber war so etwas überhaupt möglich? War es möglich, daß Intelligenzen unter Verhältnissen entstanden, die nicht optimal waren? Oder war vielleicht alles ganz anders? Sahen vielleicht nur sie, die Mornen, die Unrationalität dieses Planeten? Dann aber brach ihre gesamte Aussage zusammen. Dann waren die Menschen einfach nur anders als sie, aber nicht weniger weit entwickelt. Schließlich verdankten sie diesem unwirtlichen Planeten ihre Entstehung, ihr Leben, ihre Evolution. Warum kamen ihm diese Gedanken erst jetzt? Warum waren sie ihm nicht gekommen, als er die Berichte zum erstenmal zusammenfaßte?
    Wie würde man in den nächsten Tagen an die neuen Probleme heragehen müssen? Konnte das ein Morne überhaupt mit seinem Denken und Fühlen? Brauchte er dazu nicht die Emotionen eines Menschen?
    Er war froh, daß er die Diskussion noch vor sich hatte, daß es Freunde gab, die das Falsche in seinen Ausführungen korrigieren, das Verborgene hervorziehen würden, Freunde wie Bojan und Akul, Lekon, Cosita und die anderen. Er hatte plötzlich das Bedürfnis, ihnen zu sagen, daß er sie brauche, sie alle.
     
    Als Faunian seine Kabine betrat, blickte er erstaunt auf den schmalen Rücken Birrhas, die vor dem Bildschirm saß. Sie hatte sein Eintreten überhört.
    Er hatte nicht vermutet, sie hier zu finden. Eigentlich

Weitere Kostenlose Bücher