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Am Scheideweg: Judentum und die Kritik am Zionismus (German Edition)

Am Scheideweg: Judentum und die Kritik am Zionismus (German Edition)

Titel: Am Scheideweg: Judentum und die Kritik am Zionismus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Butler
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Menschen verschiedenen Glaubens mit begründeten Ansprüchen auf diese Stadt, ihre vielfältige Geschichte und ihren Grund und Boden gelebt. Der Kampf um die demografische Überlegenheit der Juden zeigt ja auch, dass diese Mehrheit bereits gefährdet ist und dass ein ständiger militärischer, politischer und kultureller Kampf zur Aufrechterhaltung dieses massiven Ungleichgewichtszugunsten der jüdischen Bevölkerung geführt werden muss, wobei Juden europäischer Herkunft den arabischen Juden und den Juden spanischer Herkunft, das heißt sowohl den Mizrahim wie den Sephardim, vorgezogen werden.
    Tatsache bleibt, dass Israel sich als jüdische Nation auf der Basis jüdischer Souveränität definiert, was bedeutet, dass die Palästinenser auf Dauer in der Minderheit gehalten werden sollen (und wenn sie innerhalb der Grenzen zu zahlreich werden, wird dieser Bevölkerungsteil durch weitere Enteignung, Vertreibung und Einschließung unter Kontrolle gehalten). Gelegentlich diskutieren israelische Politiker auch über die Ausweisung der gesamten palästinensischen Bevölkerung, aber festzuhalten ist, dass selbst ein solcher Schritt, sollte er realisiert werden, Israel in einen permanenten Grenzkrieg und damit in eine permanente Auseinandersetzung mit denen verwickeln würde, die Israel dann nicht nur ausgewiesen hat, sondern auch von ihrem Grund und Boden fernhalten muss. Israelische Souveränitätsansprüche basieren damit auf Strategien zum dauerhaften Ausschluss und zur dauerhaften Beschränkung der Bewegungsfreiheit, und eben damit wird auch eine dauerhafte Beziehung zu den Palästinensern aufrechterhalten. In keiner Weise beendet die Strategie des Totalausschlusses den Zustand der ungewollten Nachbarschaft und der permanenten Kontakte; sie führt bloß in anderer Form weiter, was Darwish so beschreibt: »das Selbst und der Feind … verstrickt und verwickelt, gefangen in einem Land mit zu viel Geschichte und zu vielen Propheten«. 198 Hier wird auch deutlich, dass man die Palästinenser als »Minderheit« nur unter der Bedingung beschreiben kann, dass diese »Minderheit« ausschließlich jene umfasst, die mit Papieren in den derzeitigen Grenzen Israels leben (Grenzen, die nach wie vor auf die Ausdehnung Israels angelegt sind). Man muss sich auf der einen Seite gegen die demografische Überlegenheit als rassistischen und antidemokratischen Grundsatz wenden und für die Minderheitenrechte eintreten, ohne die Palästinenser einzig durch ihren Status als ausgewiesene Minderheit innerhalb Israels zu definieren. Auf der anderen Seite muss dieser Kampf gegen den permanenten Minderheitenstatus mit dem Widerstand gegen die Besatzung und mit dem Kampf für die Flüchtlingsrechte verbunden werden, gleich ob die Flüchtlinge zerstreut oder in Lagern oder ohne Bewegungsfreiheit innerhalb militarisierter Zonen leben.
    Angesichts der im Wandel begriffenen Demografie der Region kann das Projekt der demografischen Überlegenheit, das Wahrzeichen des heutigen Zionismus, nur mit Forderungen nach weiterem Land, nach weiteren Enteignungen und der Vertreibung von noch mehr Menschen nichtjüdischer Abstammung – vorwiegend Palästinenser und Beduinen – weiterbetrieben werden. Interessanterweise sagte Said 1999 voraus, dass die demografische Überlegenheit der Juden bis zum Jahr 2010 beendet sein würde. 199 Er rechnete dabei nicht mit dem Einsatz des Rückkehrergesetzes zur Steigerung der jüdischen Einwanderung und sah nicht vorher, wie neue Landbeschlagnahmungen und neue Grenzziehungen die Demografie verändern würden. Daher besteht nur ein Teil der Aufgabe in der Untersuchung der Beziehung einer heimischen Minderheit ohne volle Bürgerrechte zu einem Gemeinwesen, das unbeschränkte Rechte einer spezifischen ethnischen oder religiösen Mehrheit vorbehält, deren Status als Mehrheit von Staats wegen aufrecht erhalten wird. Ein Subjekt, das unter Kolonialherrschaft, unter Besatzung und/oder in Flüchtlingslagern lebt und durch Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit oder Ausweisung unterdrückt wird, ist niemals stabil. Die Flüchtlingslager im Südlibanon sind tatsächlich der Versuch, die Ausgewiesenen einzuschließen, und gewiss ließe sich argumentieren, dass diese Einschließung die Strategie der Ausweisung selbst fortschreibt und einen fortgesetzten Mechanismus der Entwertung und Blockade des Rückkehrrechts bildet.
    Überdies enthüllt die permanente Verwandlung des Quasi-Bürgers mit Landanspruch in die Person unter Besatzung

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