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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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dein Vater, Brad
und ich. Alles wird gut werden…«
»Nein, wird es nicht«, widersprach Missy mit vor Angst fast
schriller Stimme. »Nichts wird gut werden, ich weiß das!«
Elaine drückte das kleine Mädchen tröstend an sich und
küßte es auf die Stirn. Dann verabschiedete sie sich auf
dieselbe Weise von Robby und griff nach der Lampe neben
dem Bett.
»Wenn ihr etwas wollt, braucht ihr nur zu rufen«, sagte sie,
bevor sie leise die Tür hinter sich zuzog.
Lange lagen die beiden Kinder bewegungslos nebeneinander
und lauschten auf den tosenden Regen. Plötzlich hörte man
Missy.
»Schläfst du schon?«
»Nein – und du?«
»Ich kann nicht«, schluchzte Missy, »ich möchte zu Mami,
ich möchte heim, ich mag dieses Haus nicht!«
»Das ist ein Haus wie jedes andere«, meinte Robby
wegwerfend, »außer daß es größer und besser ist als unsres.«
»Nein, hier ist es unheimlich«, widersprach seine Schwester.
»Ach, schlaf doch endlich!« wies Robby sie ungeduldig
zurecht und drehte ihr den Rücken zu. Er schloß die Augen und
versuchte einzuschlafen. Aber draußen rauschte weiter der
Regen herab, und er hörte das Pfeifen des Windes und die
ständig wachsenden Wogen der hereindrängenden Flut…
»Wenn du wirklich heim willst«, wandte er sich plötzlich
wieder an Missy, »gehen wir eben heim.«
Missy bewegte sich neben ihm; er war sicher, daß sie ihn
verstanden hatte.
»Können wir durch den Wald gehen?« flüsterte sie zurück.
»Wenn du willst«, stimmte Robby zu. Ihm wäre der Weg
über den Strand natürlich lieber gewesen, aber auch im Wald
würde er dem Sturm nahe sein…
Nur wenige Augenblicke später schob Robby leise das
Fenster hoch, und die beiden Kinder kletterten in die Nacht
hinaus.
29
    Harney Whalen saß angespannt in seinem Streifenwagen. Die
Hände umklammerten das Steuer, ihre Knöchel traten weiß
hervor. In seinem Gesicht schien es zu arbeiten. Die vor seinen
starren Augen rhythmisch hin- und hertanzenden
Scheibenwischer kämpften vergeblich mit den Regenfluten. Er
beobachtete die Straße vor sich mit einer solchen Intensität,
daß er nichts anderes mehr wahrzunehmen schien. Er fuhr nach
Norden, Richtung Sod Beach.
    Je näher er dem Strand kam, desto eindringlicher wurden die
Stimmen in seinem Unterbewußtsein, Stimmen längst
vergangener Jahre, Totenstimmen…
    Und in der regendurchtosten Dunkelheit vor sich sah er ihre
Gesichter – mitten unter ihnen die fein gezeichneten Züge
seiner Großmutter, qualvoll verzerrt wie bei einem in der Falle
sitzenden Tier. Sie schien ihm etwas zuzurufen, doch er
verstand sie nicht. Dafür wurde trotz des Heulens des Sturms
ein anderes Geräusch immer lauter. Es war ein hämisches,
bösartiges Lachen, das die Verwirrung in Harney Whalens
Geist in Haß verwandelte.
    Er bog auf einen schmalen Seitenpfad ab und lavierte
vorsichtig durch den Schlamm, bis das Unterholz ihm
endgültig Halt gebot. Zuerst schaltete er die Scheinwerfer,
dann den Motor ab. Lange Zeit saß er im Dunkeln, während
der Regen aufs Dach prasselte und aus einiger Entfernung das
Donnern der Brandung zu ihm herüberdrang. Doch auch das
schien er kaum wahrzunehmen. Es waren die Stimmen und
Gesichter in ihm, die ihn plötzlich die Tür öffnen und in den
Sturm hinaustreten ließen…
    Brad Randall zuckte erschrocken zusammen, als es heftig
gegen die Tür pochte. Aber als er dann die Stimme draußen
erkannte, öffnete er rasch.
    »Ich kann ihn nirgends finden«, erklärte Chip außer Atem
und wischte sich den Regen aus dem Gesicht. »Er ist
verschwunden, und ich habe Angst, daß wieder etwas
geschieht!«
»Wen können Sie nicht finden?« fragte Brad. »Um Himmels
willen, beruhigen Sie sich doch! Ich verstehe nicht…«
    »Harney Whalen«, keuchte Chip, »ich hab’ einiges entdeckt,
was Sie interessieren dürfte. Er hat sich in letzter Zeit nicht
wohl gefühlt und ist deshalb zu Dr. Phelps gegangen. Und mit
dem habe ich mich unterhalten.« Er ließ sich noch immer
schwer atmend auf einen Stuhl fallen.
    »Phelps?« fragte Brad erstaunt, »was hat denn der mit dem
allem zu tun?«
»Er hat mir einiges über Harn erzählt«, erklärte Chip,
»beispielsweise, daß er an Gedächtnisschwund leidet.«
»Gedächtnisschwund?« wunderte sich Brad, »was soll denn
das nun wieder heißen?«
»Ja, genau wie bei Robby. Er kann sich einfach an
bestimmte Dinge nicht mehr erinnern, wenn er einen seiner
Anfälle hat…«
»Anfälle?«
»Ja, so nennt er es selbst – und sie scheinen ebenfalls wie bei

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