Am Tor Zur Hoelle
es auf einem Kissen, einem Stuhl oder einem Felsen. Es kann überall sein â in meinem Zimmer, im Zug, im Flugzeug, in einer Parkanlage. Der Raum, den ich für mich schaffe, ist von groÃer Bedeutung. Dieser Augenblick der Ruhe erlaubt mir, auf die innere Stimme zu lauschen, die mich leitet. Je mehr ich in der Lage bin, in Achtsamkeit zu leben, desto eher kann diese Stimme zu mir sprechen. Es ist nicht so, als ob eine Stimme in meinem Kopf zu mir sprechen würde â es ist ein Gefühl von Richtigkeit angesichts meines Tuns oder vielleicht auch nur die Einladung innezuhalten.
Wenn ich meine Achtsamkeit auf etwas lenke und ruhig werde, dann wird dieses Etwas ebenfalls ruhig und richtet sich von selbst. Wenn ich zum Beispiel abgelenkt werde, während ich sitze und meditiere, nimmt mein Körper vielleicht eine verspannte Haltung ein. Wenn die Glocke der Achtsamkeit ertönt und ich mir plötzlich bewusst werde, was geschieht, kehre ich zu einem Ort der Achtsamkeit zurück und bringe meinen Körper wieder in eine entspannte Haltung. Oder ich merke, dass ich mich in Gedanken verloren habe, und lenke meine Achtsamkeit auf meinen Geist. Die Gedanken werden ruhiger und ziehen vorüber wie Wolken am Himmel.
Wir müssen nicht unbedingt in einer Meditationshalle sitzen, um zu atmen und zu meditieren. Wir können auf einem Kissen sitzen, bis wir steinalt sind â wenn wir nicht zutiefst achtsam atmen, meditieren wir nicht. Achtsamkeit bedeutet nicht, Buddhismus zu studieren oder andere Formen von Meditation. Es ist eine Erfahrung, die wir hautnah machen; es ist die Art, wie wir sind, die Art, wie wir leben. Wenn wir in Achtsamkeit leben, wird jede Handlung in unserem Leben eine meditative sein.
Ich lade Sie ein zu üben, achtsam zu leben. Seien Sie sich bewusst, dass Sie atmen; seien Sie sich Ihres denkenden Selbst bewusst; seien Sie sich Ihres fühlenden Selbst bewusst und seien Sie sich Ihres sensorischen Selbst bewusst â Ihres Riechens, Ihres Schmeckens, Ihres Sehens, Ihres Hörens, Ihres Tastens, selbst des Gefühls der Kleider auf Ihrer Haut in diesem Augenblick. Seien Sie sich all dessen bewusst, der Natur Ihres Selbst, und allem, das um Sie herum geschieht. Kommen Sie damit in Berührung â erfahren Sie es im gegenwärtigen Augenblick. Das ist Leben in Achtsamkeit â die Natur des Lebens.
Ob es eine Ampel, ein Telefonklingeln, ein obdachloser Mensch ist â atmen Sie bei jedem Klang der Glocke der Achtsamkeit ein und atmen Sie aus; laden Sie den gegenwärtigen Augenblick ein, denn er ist wundervoll in allem, was er uns bringt.
Ich hätte lieber nicht getötet. Aber ich habe es getan. Und das zurückzuweisen heiÃt, mich selbst und die Wirklichkeit meiner Handlungen zurückzuweisen. Durch die Achtsamkeitspraxis, das Leben im gegenwärtigen Augenblick, bin ich in der Lage, mein gesamtes Selbst in mein Leben einzulassen, all die verschiedenen Teile meines Selbst zu einem Ganzen zusammenzufügen. Ja, ich bin der kleine Junge, der Baseball spielt, und ich bin der tötende Soldat. Ja, ich bin der Heroinabhängige, und ich bin der Vater eines wunderbaren Jungen. Ich bin all dies, und ich darf mich nicht von einigen Aspekten abwenden. Indem ich all diese Aspekte meines Selbst im gegenwärtigen Augenblick willkommen heiÃe, bin ich in der Lage, mein Leben vollständiger zu gestalten.
Wir alle sind wie Steine. Wenn uns jemand aufhebt und in einen See wirft, werden die Kreise den See füllen. Wenn wir in Unachtsamkeit leben, in Achtlosigkeit, wird unser Leiden den See füllen. Doch wenn wir in Achtsamkeit leben, wird unsere Heilung den See füllen.
Kapitel 4
Wenn du eine Brücke in die Luft jagst, bau eine Brücke
Während der Zeit, die ich in Vietnam verbrachte, trug ich die Verantwortung für ein ungeheures Maà an Tod und Zerstörung. Als ich Thich Nhat Hanh zum ersten Mal begegnete, wollte ich mich bei ihm stellvertretend beim vietnamesischen Volk entschuldigen und auf irgendeine Weise Wiedergutmachung für all das Töten und all das Leiden leisten. Doch ich wusste nicht, wie ich es anfangen sollte. Als ich schlieÃlich den Mut gefasst hatte, mit jemandem zu sprechen, wandte ich mich an seine Mitarbeiterin Chan Khong. Ich näherte mich ihr mit der Frage: »Wie kann ich Wiedergutmachung leisten für die Zerstörung, die ich in Vietnam angerichtet habe?« Schwester Chan Khong antwortete: »Wenn du
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