Am Tor Zur Hoelle
ein Haus in die Luft jagst, bau ein Haus. Wenn du eine Brücke in die Luft jagst, bau eine Brücke.« Ich fragte weiter: »Aber wenn ich einen Menschen getötet habe â wie kann ich das wiedergutmachen?« Doch ich hatte ihr eine Frage gestellt, die auch sie nicht beantworten konnte. Und ich wusste, an diesem Punkt musste ich meinen eigenen Weg finden.
Als Soldat war ich ausgebildet worden zu töten. Man hatte mich in dem Glauben erzogen, dass der Weg zum Frieden durch das Töten führt. Mir wurde beigebracht, dass alles, was anders ist als ich, alles, was meinen Ãberzeugungen zuwiderlief, mein Feind ist und dass einzig der Sieg zählt und dass der Sieg durch die Niederlage und Vernichtung des Feindes erzielt wird. Dass die Ideologie, die sich durchsetzt, gewonnen hat.
Durch meine Erziehung und meine Ausbildung hatte man mich gelehrt, mich von meinen Gefühlen zu trennen und mich von meiner Menschlichkeit zu lösen. Durch diese Trennung verlor ich den Zugang zu der essentiellen Lebenskraft, aus der sich unsere Menschlichkeit entfaltet. Man brachte mir bei, dass ich ein abgetrenntes, separates Selbst bin, mit nichts anderem verbunden, sondern Herrscher über alle Dinge.
Doch alle spirituellen Traditionen â buddhistische, christliche, muslimische, jüdische und all die anderen, die mir bekannt sind â betonen, dass alles Leben miteinander verbunden und dass alles Leben heilig ist. In den Lehren des Buddha heiÃt es, dass alle Dinge einander wechselseitig durchdringen und miteinander verbunden sind. Dass ich mich nicht von dem Blatt Papier unterscheide, auf dem ich schreibe. Und während es stimmt, dass ich mich nicht von dem Blatt Papier unterscheide, stimmt es doch auch ohne jeden Zweifel, dass ich nicht das Blatt Papier bin. Jetzt denken Sie vielleicht: »Was soll dieser Unsinn? Wovon um alles in der Welt redet der? Was soll das? Ist der völlig durchgeknallt?« Lassen Sie es mich erklären.
Dieses Blatt Papier besteht aus Elementen, die wir als Nicht-Papier-Elemente bezeichnen können. Da ist die Erde, da ist der Himmel, da ist der Regen, da sind die Mineralien aus dem Erdboden, da ist der Wind, da ist die liebende Güte. All diese Nicht-Papier-Elemente existieren auch in mir. Das ist der Ort, den wir die Soheit der Dinge nennen können, der Ort, an dem ich mich nicht von dem Blatt Papier unterscheide â die Soheit ist der Ort, an dem wir miteinander verbunden sind. An diesem Punkt können wir die wechselseitige Verbundenheit aller Dinge erfahren.
Ich spreche aus der Perspektive der buddhistischen Praxis, weil genau dort im Augenblick mein Fokus liegt, doch es ist Sinn und Zweck jedweder spirituellen Praxis, egal, wie wir sie nennen, uns zu dem Bewusstsein der wechselseitigen Verbundenheit aller Dinge zu führen. Alles, was ich tue, wirkt sich auf das gesamte Universum aus. Wenn ich also mit dem Blatt Papier achtlos umgehe, gehe ich mit mir achtlos um und gehe auch mit Ihnen achtlos um.
Die erste buddhistische Richtlinie lautet, nicht zu töten. Mir des Leidens bewusst, das durch die Zerstörung von Leben entsteht, gelobe ich, nicht zu töten, andere nicht töten zu lassen und über keinen Tötungsakt in meinem Leben stillschweigend hinwegzugehen. Diese Richtlinie hilft mir zu erkennen, wo ich fortfahre, Tötungsakte herbeizuführen. Wenn ich ein Glas Wasser trinke, töte ich. »Wie das?«, fragen Sie sich vielleicht. Nun, in dem Wasser leben Mikroorganismen. Wenn ich es also trinke, töte ich sie. Nun sagen Sie vielleicht: »Ach, das sind doch nur Mikroorganismen â keine groÃe Sache. Wie können Sie die mit menschlichem Leben gleichsetzen?« Das Argument habe ich oft gehört. Doch in dem Augenblick, in dem ich die Mikroorganismen als getrennt von mir betrachte, errichte ich eine Hierarchie, und dann wird das, was ich in Vietnam getan habe, möglich. Es liegt nur wenige Schritte entfernt. Und so geschieht es tatsächlich allenthalben.
Doch ich muss das Wasser trinken, um am Leben zu bleiben. Wenn ich das Wasser nicht trinke, töte ich ebenfalls, weil ich dann sterben werde. Was kann ich also tun? Ich verfahre folgendermaÃen: Ich erkenne an, dass das Wasser nicht getrennt von mir existiert, dass die Mikroorganismen nicht getrennt von mir existieren. Wenn ich das Wasser trinke, tue ich das in vollem Bewusstsein all der möglichen Folgen dieser Handlung, und so trinke ich jeden Schluck mit der
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