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Am Tor Zur Hoelle

Am Tor Zur Hoelle

Titel: Am Tor Zur Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anshin Thomas
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Jahres, 1995, starb und er sich mit all den Angelegenheiten befassen musste, die dessen Tod mit sich brachte. Also beendete ich die Pilgerreise, kehrte in die Vereinigten Staaten zurück und wurde am 6. August 1995 in Yonkers als Mönch ordiniert. Am Hiroshima-Tag. Zum Ordinationsprozess gehört es, sich den Kopf scheren zu lassen. Anfangs erschien mir das als ein großer Hinderungsgrund, diesen Schritt zu unternehmen, denn ich liebte mein langes blondes Haar. Der Akt des Kopfscherens repräsentierte für mich eine Form der Demütigung. So wurde es im Militär, in Gefängnissen und in Konzentrationslagern angewandt. Ich behielt im Hinterkopf, dass ich an jedem Punkt der Vorbereitung für die Ordination nein sagen konnte. Ich tat es nicht, und ich stellte schließlich fest, dass das Scheren meines Kopfes kein Opfer war, sondern eine Verpflichtungserklärung, keine Demütigung, sondern ein Loslassen.
    Die Ordination machte einen großen Unterschied für mich, denn ich betrachte diesen Schritt als eine enorme Verpflichtung, wahrhaftig auf eine bewusste und verantwortliche Weise zu leben.
    Ich beschloss, Mönch zu werden, um das Leben zu feiern, nicht um mich vor dem Leben zu verstecken. Ich beschloss, nicht in einem Kloster zu leben, sondern der alten Tradition der wandernden Zen-Bettelmönche Asiens zu folgen und bewusst und sichtbar in der Welt zu leben.
    Ich stehe mit vielen spirituellen Gemeinschaften unterschiedlicher Ausrichtung in Kontakt und lade sie ein, sich miteinander auszutauschen, denn die Wirklichkeit der spirituellen Lehre – ob buddhistisch, jüdisch, christlich, muslimisch oder sonstwie ausgerichtet – besagt, dass wir nicht verschieden sind, dass wir wechselseitig miteinander verbunden, dass wir gemeinsam stark sind. Stärke liegt nicht in den Händen, die Waffen abfeuern und den Tod bringen, Stärke liegt in den Händen, die helfen und trösten und gemeinsam für den Frieden arbeiten.
    Einer der Wege, auf denen ich versuche, meiner Verpflichtung nachzukommen, besteht darin, mit anderen Menschen zu sprechen, die an ihren Kriegserfahrungen leiden – unabhängig von der Art ihres Krieges, unabhängig davon, ob sie auf dem Balkan leben oder obdachlos auf der Straße oder ob der Krieg bei ihnen zu Hause stattfindet. Ich möchte ihre bewusste Aufmerksamkeit auf die wechselseitige Verbundenheit lenken.
    Seine Feinde retteten seinen Arm,
retteten sein Leben
    Im November 1993, also noch bevor ich ordiniert wurde, war ich eingeladen, mich einer Gruppe von Menschen anzuschließen, die sich Friedensarbeiter auf dem Balkan nannten. Einer der ersten Orte, die wir besuchten, war eine Stadt namens Mostar. Mostar wird von einem Fluss in eine östliche und eine westliche Hälfte geteilt und ist von Bergen umgeben. Mostar stand unter Belagerung. Die Menschen auf der Westseite beschossen die Menschen auf der Ostseite, die Menschen auf der Ostseite beschossen die Menschen auf der Westseite, und die Menschen in den Bergen beschossen die Menschen auf der Ostseite und der Westseite. Jede Straße, die rechtwinklig zum Fluss verlief, war ein Schießstand, und jede Seite belegte die andere Tag für Tag, von morgens bis abends, mit Granatfeuer. Jede Seite besaß zudem Heckenschützen, die ebenfalls Menschen töteten. Wann immer jemand die Straße überquerte, stellte er ein Ziel dar.
    Als ich in Mostar eintraf, stellte ich fest, dass die Menschen herumliefen, als befänden sie sich in den Straßen von Smith Center, Kansas – als wären sie sich der Realität des Krieges offenkundig gar nicht bewusst. Und ich begann zu weinen, weil ich die Abwesenheit jeglichen Gefühls bemerkte. Ich kannte diesen abgespaltenen Zustand als Überlebensmechanismus aus eigener Erfahrung nur zu gut – so lässt sich vermeiden, die Realität dessen, was geschieht, zu berühren. Und ich begriff unmittelbar die langfristigen Folgen dieser Abspaltung. Wenn wir unsere Gefühle nicht berühren, bedeutet das nicht, dass sie nicht da sind. Es bedeutet einzig, dass wir uns ihrer nicht bewusst sind und dass sie uns beherrschen werden, und zwar in einer Art stummer, dumpfer Unbewusstheit. Wenn wir unsere Gefühle nicht berühren, wenn wir sie nicht in unserem Leben willkommen heißen, dann werden uns diese unbeachteten Gefühle an Orte führen, die wir nicht aufsuchen wollen; sie werden uns Dinge tun lassen, die wir nicht tun

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