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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Mutter. Vielleicht geben sie uns Kredit. Oder es gibt irgendwo öffentliche Arbeit. Sie können nicht ein ganzes Land verhungern lassen.«
    »Weißt du, wie viele Menschen schon gestorben sind? Tausende, vielleicht sogar mehr.« Ihre Mutter war stehen geblieben und blickte nachdenklich in die Ferne. »Die Engländer sind zu allem fähig. In dem Krieg, in dem mein Vater, euer Großvater, fiel, haben wir unser ganzes Land an sie verloren und sie haben Gesetze erlassen, durch die uns kaum noch Luft zum Atmen bleibt. Wenn es nach ihnen ginge, könnten alle Iren verhungern oder erfrieren. Es kümmert sie nicht. Ihr habt doch erlebt, wie sie uns behandeln. Es macht ihnen Freude, uns zu schikanieren. Wir sind schlimmer dran als Sklaven.«
    Molly musste ihr recht geben, sagte aber: »Wir finden einen Weg, Mutter. Fanny und ich arbeiten irgendwo, bis wir das Geld für die Vorräte zusammenhaben. Für ein paar Tage bekommen wir sicher Arbeit. Und wenn es keinen Mais gibt, besorgen wir die Vorräte irgendwo anders.« Ihre Worte klangen so entschlossen und bestimmt, dass sie selbst daran glaubte. »Bei den Höhlen gibt es genug Holz, das reicht für den ganzen Winter. Keine Sorge, Mutter!«
    Auch Fanny war wieder besserer Stimmung. Sie lächelte sogar, als wäre ihr gerade erst eingefallen, wie man noch leichter an die Vorräte kommen könnte. »Wir lassen uns nicht unterkriegen, Mutter! Schon gar nicht von den Engländern! Die Zeiten bleiben nicht immer so schlecht, und wenn die Kartoffelfäule endlich vorbei ist und wir wieder gute Ernten haben, bekommen wir sicher eine neue Farm. Wir haben es ohne Vater geschafft. Vor der Fäule hatten wir eine bessere Ernte als alle Nachbarn. Und so wird es wieder sein.«
    Sie marschierten weiter auf den Wald zu. Molly immer noch voraus, den Blick nachdenklich in die Ferne gerichtet. Ihre Schwester und ihre Mutter wenige Schritte hinter ihr. Fanny hatte einen Arm unter die Achsel ihrer Mutter geschoben, stützte sie und gab ihr etwas von ihrer Wärme ab. Rose Campbell wirkte nach den Worten ihrer Töchter hoffnungsvoller, war aber zu schwach für den langen Marsch und brauchte Hilfe, obwohl sie das niemals zugegeben hätte. Sie hatte weniger gegessen als Molly und Fanny, die ganzen letzten Wochen schon, und auf vieles verzichtet, um das Überleben ihrer Töchter zu sichern. Molly und Fanny waren jung und hatten ihr Leben noch vor sich. Wenn der Herrgott jemanden zu sich rief, wollte sie sich freiwillig melden.
    »Wisst ihr noch, was der Leichensammler gesagt hat?«, fragte Molly nach einer ganzen Weile. Sie drehte sich zu Fanny und ihrer Mutter um. »Amerika ... wir sollten nach Amerika auswandern. Dort gibt es genug zu essen.«
    »Und die Überfahrt kostet drei oder vier Pfund.« Rose Campbell war froh, als sie einen Augenblick stehen blieben und sie sich etwas ausruhen konnte. »So viel Geld hatten wir nicht mal in guten Zeiten. Und wer sagt uns denn, dass das Leben dort wirklich besser ist? Auch dort müssten wir hart arbeiten, wahrscheinlich härter als hier. Wisst ihr, wie man ein Haus baut? Kennt ihr eine Bank, die einer Frau einen Kredit geben würde?« Sie schüttelte den Kopf. »Wir müssten schon einen Mann bei uns haben, einen starken Mann, der sich vor nichts fürchtet und zupacken kann. Ich bin schon zu alt, um mich noch einmal zu binden, außerdem würde mich keiner mehr nehmen. Und ihr ...« Sie betrachtete ihre Töchter. »Ihr seid hübsch und ihr fürchtet euch nicht vor harter Arbeit, aber die Männer haben im Moment andere Sorgen.«
    »Wer weiß«, sagte Fanny lächelnd. »Ich würde bestimmt einen rumkriegen. Habt ihr gesehen, wie mich der Leichensammler angesehen hat? Der hätte garantiert einen Penny bezahlt, um mich anfassen zu dürfen. Und der Wanderarbeiter, der bei uns war?« Sie lachte. »Der hatte nur Angst, weil du ihn so scharf angesehen hast, Mutter. Sonst hätte er es bestimmt versucht.«
    »Fanny!«, wies Rose Campbell ihre Tochter zurecht. Zum ersten Mal, seit sie die Farm verlassen hatten, straffte sich ihre Gestalt. »So etwas darfst du nicht sagen. Wer sich für Geld von einem Mann anfassen lässt, ist nicht besser als die –« Sie brach mitten im Satz ab. »Du weißt, was ich meine.«
    »Und wenn wir dafür nach Amerika kämen?«
    »Ich will so etwas nicht mehr hören, Fanny!« Die Stimme ihrer Mutter klang erstaunlich fest. »Du weißt, wie unser Herrgott über so etwas denkt. Ich erwarte, dass du deine sündigen Gedanken beichtest. Ich weiß nicht, ob

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