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Am Ufer

Am Ufer

Titel: Am Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo
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wusch, bevor es sie aß. Denn ohne Sand und Dreck schmeckten sie besser. Der Wissenschaftler, der dies nur getan hatte, weil er an einer Untersuchung über die Lernfähigkeit von Affen arbeitete, konnte nicht ahnen, was dann geschah: Er staunte, als er sah, daß die anderen Affen auf der Insel dieses Affenweibchen imitierten. Und eines Tages, als bereits eine bestimmte Anzahl von Affen gelernt hatte, die Kartoffeln zu waschen, fingen die Affen auf allen anderen Inseln des Archipels an, es ihnen gleichzutun. Das Allerverwunderlichste aber war, daß diese Affen es gelernt hatten, ohne Kontakt zu der Insel zu haben, auf der das Experiment durchgeführt wurde.«
    Er schwieg einen Augenblick.
    »Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Nein«, antwortete ich.
    »Es gibt verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen darüber. Gemeinhin lautet die Erklärung, daß, wenn eine bestimmte Anzahl von Menschen sich entwickelt, sich mit ihnen die gesamte Menschheit weiterentwickelt. Wir wissen nicht, wie viele Menschen dazu notwendig sind – doch wir wissen, daß es so ist.«
    »Es ist wie bei der Geschichte von Maria der Unbefleckten Empfängnis«, sagte ich. »Sie erschien den Weisen im Vatikan und der ungebildeten Bäuerin.«
    »Die Welt besitzt eine Seele, und es kommt der Augenblick, in dem diese Seele in allen Dingen und in allen Menschen gleichzeitig handelt.«
    »Eine weibliche Seele.«
    Er lachte, ohne mir zu sagen, was dieses Lachen bedeutete.
    »Natürlich war das Dogma der Unbefleckten Empfängnis nicht etwas, was allein aus dem Vatikan kam«, sagte er. »Acht Millionen Menschen haben eine Petition an den Papst unterzeichnet. Die Unterschriften kamen aus allen Teilen der Welt. Die Sache lag in der Luft.«
    »Ist dies der erste Schritt, Pater?«
    »Wovon?«
    »Auf dem Weg, auf den uns unsere Heilige Mutter Gottes führen wird, damit wir sie als das weibliche Antlitz Gottes erkennen? Wir haben schließlich schon anerkannt, daß Jesus sein männliches Antlitz ist.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Wie lange wird es noch dauern, bis wir eine Heilige Dreifaltigkeit haben, in der die Frau vorkommt? Eine Dreifaltigkeit aus Heiligem Geist, der Mutter und dem Sohn?«
    »Lassen Sie uns weitergehen«, sagte er. »Es ist zu kalt, um hier länger stehenzubleiben.«
    »Vorhin haben Sie über meine Sandalen nachgedacht«, sagte er.
    »Können Sie wirklich Gedanken lesen?«
    Er gab mir darauf keine Antwort.
    »Ich werde Ihnen die Geschichte der Gründung unseres Ordens erzählen«, sagte er. »Wir sind Barfüßige Karmeliter nach den von Teresa von Avila aufgestellten Regeln. Die Sandalen gehören dazu. Wer den Körper beherrschen kann, kann auch den Geist beherrschen.
    Teresa war eine schöne Frau, die vom Vater ins Kloster geschickt wurde, damit sie dort eine gute Bildung erhielt. Eines schönen Tages, als sie durch einen Flur ging, begann sie mit Jesus zu sprechen. Ihre Ekstasen waren so stark und tief, daß sie sich ihnen vollkommen hingab. Nicht lange, und ihr Leben änderte sich von Grund auf. Als sie sah, daß die Karmeliterklöster zu Heiratsagenturen verkommen waren, beschloß sie, einen Orden zu schaffen, der den ursprünglichen Lehren Christi und des Karmels folgte.
    Die heilige Teresa mußte sich erst selbst besiegen und sich dann den Großmächten ihrer Zeit stellen: der Kirche und dem Staat. Weil sie aber von ihrer Mission überzeugt war, ließ sie sich von nichts abhalten.
    Eines Tages, als ihre Seele schwach wurde, erschien eine in Lumpen gehüllte Frau vor dem Haus, in dem sie untergebracht war. Sie wollte, koste es, was es wolle, mit der Mutter Oberin sprechen. Der Hausbesitzer bot ihr ein Almosen an, doch sie lehnte es ab: Sie würde erst gehen, wenn sie mit Teresa gesprochen hätte.
    Drei Tage lang wartete sie vor dem Haus und aß nicht und trank nicht. Die Mutter Oberin, die Mitleid mit ihr empfand, ließ sie schließlich hereinkommen.
    ›Tut es nicht‹ sagte der Hausherr. ›Sie ist verrückt.‹
    ›Wenn ich auf alle hören würde, müßte ich glauben, daß ich verrückt bin‹, antwortete die Mutter Oberin. ›Vielleicht leidet diese Frau unter derselben übermäßigen Liebe wie ich: der zu Christus am Kreuz.‹
    »Die heilige Teresa redete also mit Christus«, sagte ich.
    »Ja«, antwortete er. »Aber zurück zu unserer Geschichte. Jene Frau wurde von der Mutter Oberin empfangen. Sie sagte, sie heiße Maria de Jesus Yepes und sei aus Granada. Sie sei Karmeliter-Novizin gewesen, als ihr die Heilige Jungfrau

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