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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Körperverletzung. Und Freiheitsberaubung«, stößt er hervor.
    Diesmal fängt ihn der Fette nicht auf, und Jakob stürzt samt Stuhl hinterrücks auf den Boden. Er schlägt mit dem Kopf an die Holzlehne, für einen Moment wird ihm schwindelig. Und, merkwürdig, in diesem kurzen Moment, in dem er das Bewusstsein zu verlieren glaubt, denkt er an Laura. Er denkt: Was haben die Schweine mit Laura angestellt?
    Dschingis Khan und der fette Rocker ziehen den Stuhl wieder hoch, und jetzt sitzt er wieder vor dem Sonnenbrillen-Typ, der ihn völlig ruhig ansieht und nichts sagt.
    Jakob nennt ihm leise die Geheimzahl seines Telefons. Der kleine Rocker nimmt das Nokia, tippt die Zahl ein, und als er feststellt, dass es die richtige PIN -Nummer ist, notiert er sie auf dem Papier. Dschingis Khan zieht Jakob vom Stuhl hoch und bringt ihn zu den anderen zurück.

17. Stuttgart, Denglers Schlafzimmer, frühmorgens
    Das wird er nie vergessen: Sein Sohn, gerade vier Jahre alt, umklammerte mit beiden Armen Georgs Beine, drückte den kleinen Lockenkopf gegen seine Knie und schrie. Er schrie im Wohnzimmer, er schrie im Flur, er schrie vor dem Haus, er schrie noch in dem dunklen Mercedes, aber dann freilich hörte er es nicht mehr, er sah nur das tränennasse Gesicht seines Sohnes hinter der Scheibe im Fond. Dann rollte der Wagen davon, und Dengler stand noch lange am Fenster.
    Er hatte sich zu seinem Kind hinuntergebückt, hatte ihm zärtlich über den Kopf gestreichelt und ihm gesagt, dass er ihn bald besuchen und dass alles gut werden würde. Er kam sich vor wie ein Verräter.
    Willkommen im Club, sagten die Kollegen.
    Wieder eine gescheiterte Polizistenehe.
    Schulterklopfen. Und Dutzende von Geschichten. Nie wieder hörte er so viele Geschichten von Familienkatastrophen. Aber geteiltes Leid ist nicht halbes Leid.
    Er lebte wie betäubt.
    Er stürzte sich in die Arbeit.
    Und er überprüfte Hans Hummels in den Datenbanken des BKA .
    Busverkäufer bei Daimler. Und der Kerl war natürlich verheiratet. Ob Hildegard darüber im Bilde war?
    Oft nahm er jetzt freitags frei, fuhr nach Stuttgart. Hildegard übergab ihm seinen Sohn an der Haustür ihrer Wohnung im Stuttgarter Westen. Der Kleine lief mit ausgestreckten Armen auf ihn zu. Dengler hob ihn hoch und drückte ihn an sich.
    »Um 18 Uhr bringst du ihn zurück. Dann gibt es Abendessen.«
    Er ging mit seinem Sohn in die Wilhelma. Sie standen vor dem engen Tigerkäfig und sahen zu, wie das gefährliche Tier vor den Gitterstäben auf und ab ging. Der Tiger hatte wenig Platz, nur einige Schritte, dann drehte er um und ging zurück. Endlos. Dengler mochte den Tiger. Er konnte ihn gut verstehen. Jakob fragte: Warum macht der Tiger das?
    Ihm fehlt die Freiheit. Die Gefangenschaft macht ihn krank.
    Jakob kannte sich im Zoo aus, wahrscheinlich war er auch schon mit Hildegard hier gewesen – und mit diesem Hans. Jakob nahm ihn an der Hand, zog ihn zu den Eisbären, ins Affenhaus, zu den Giraffen und Krokodilen. Dengler interessierte sich nicht für die Tiere. Die Begeisterung seines Sohnes ermüdete ihn, und wenn er Jakob nach drei oder vier Stunden wieder bei Hildegard ablieferte, fühlte er sich erleichtert. Aber kaum hatte sich die Tür hinter Jakob und Hildegard geschlossen, sprang ihn die Sehnsucht nach seinem Sohn an. Und sie blieb an ihm haften, die ganze Woche über, bis er wieder nach Stuttgart fuhr, und wieder waren die Stunden mit dem Kind so anstrengend und fordernd, dass er fast froh war, wenn ihre gemeinsame Zeit abgelaufen war. Und doch wütete die Sehnsucht nach Jakob in ihm, sobald sich die Tür zu Hildegards Wohnung hinter ihm geschlossen hatte.

18. Rückblende: Kimi im Bus
    Sie sitzen wie betäubt im Bus. Kimi hebt vorsichtig den Arm hoch. Er kann ihn noch bewegen. Aber der Schmerz ist kaum zu ertragen. Er sitzt aufrecht, damit die Wunde am Rücken nicht mit der schmutzigen Lehne in Berührung kommt.
    Toma steht vorne neben dem Fahrer, zwei Wikinger sitzen in der ersten Reihe, drei in der hintersten Bank des Busses. Einer hat einen Baseballschläger quer über die Knie gelegt.
    Schockstarre im ganzen Bus. Es ging alles so schnell. Eine solche Brutalität hat Kimi noch nie erlebt. Sie wurden bestraft. Und jetzt werden sie wie Vieh zur Arbeit getrieben. Sie haben nichts zu sagen. Sie haben zu arbeiten. Nichts weiter. Sie sind Arbeitsvieh. Sie unterscheiden sich in nichts von dem Vieh, das sie schlachten und zerlegen.
    »Ich hab’s euch gesagt«, sagt Toma laut, sodass man ihn

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