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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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von blitzähnlichen Lichtzuckungen, wo sich die Haare senkrecht aufrichteten und die Haut kribbelte.
    Ich griff nach dem Satz Karten in meiner Tasche und zog ihn heraus. In diesem Moment fingen wir an uns zu drehen, und ich hatte Angst, sie könnten mir aus der Hand gerissen werden. Ich hielt sie fest umklammert, wagte nicht, sie durchzusehen, sondern drückte sie nahe an den Körper. Langsam, vorsichtig hob ich sie hoch. Diejenige, welche obenauf lag, würde uns den Ausweg weisen.
    Dunkle Blasen bildeten sich um uns herum und zerplatzten, wobei sie ekelhafte Dämpfe verströmten.
    Als ich die Hand hob, sah ich, daß meine Haut ein graues Aussehen angenommen hatte und sich fluoreszierende Kringel darauf gebildet hatten. Lukes Hand auf meinem Arm wirkte leichenartig, und als ich mich zu ihm umdrehte, fiel mein Blick auf einen grinsenden Totenschädel.
    Ich wandte mich ab, richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die Karten. Es war schwierig, durch das Grau hindurch eine klare Sicht zu erlangen, da alles seltsam weit entfernt schien. Doch schließlich wurde das Bild deutlich. Ich sah ein grasbewachsenes Stück Land vor mir - wie lange hatte ich es schon betrachtet? -, an dessen Rand sich ein ruhiges Gewässer ausbreitete, und die Ausläufer von etwas Kristallinem und Leuchtendem ragten auf der rechten Seite ins Blickfeld.
    Ich konzentrierte meine Aufmerksamkeit unvermindert darauf. Laute hinter mir deuteten an, daß Luke versuchte, mir etwas zuzurufen, doch ich verstand die Worte nicht. Ich sah weiterhin unablässig den Trumpf an, und er wurde immer deutlicher. Aber das geschah langsam, sehr langsam. Etwas schlug hart gegen die rechte Seite meines Brustkorbes. Ich zwang mich, nicht darauf zu achten, und konzentrierte mich weiterhin.
    Schließlich schien sich die Darstellung auf der Karte zu mir her zu bewegen und größer zu werden. Es ging jetzt eine vertraute Kälte von ihr aus, und die Szene umfing mich und ich sie. Eine beinahe elegische Anmutung von Stille hing über dem kleinen See.
    Ich fiel nach vorn ins Gras, mein Herz pochte wie wild, und mein Brustkorb hob und senkte sich durch hastige Atemzüge. Ich keuchte, und die subjektive Empfindung der Welten, die an mir vorbeijagten, war immer noch gegenwärtig, wie die Nachbilder von Highways, wenn man nach einer langen Autofahrt die Augen schließt.
    Der Geruch von süßlichem Wasser stieg mir in die Nase, als ich das Bewußtsein verlor.
    Ich spürte dumpf, daß ich gezogen, getragen und mir dann beim Weiterstolpern geholfen wurde. Dann folgte ein Bann tiefer Bewußtlosigkeit, der in Schlafen und Träumen hinüberdämmerte.
    ... Ich schritt durch die Straßen eines in Ruinen liegenden Amber unter einem sich herabsenkenden Himmel. Ein verkrüppelter Engel mit einem feurigen Schwert stolzierte auf den Höhen über mir dahin und fuchtelte mit seiner Waffe herum. Wo immer seine Klinge traf, stoben Rauch, Staub und Flammen auf. Sein Lichtschein war mein Geistrad, das gewaltige Luftströme aus sich heraus ergoß, angetrieben von abscheulichen Wesen, die wie ein lebendiger dunkler Schleier an dem Gesicht des Engels vorbeizogen und Unordnung und Zerstörung hinterließen, wo immer sie niedergingen. Der Palast war halb zusammengestürzt, und in der Nähe waren Galgen auf gestellt, an denen meine Verwandten hingen und sich im Wind drehten. Ich hielt eine Klinge in der einen Hand, und an der anderen baumelte Frakir. Ich stieg jetzt bergan,
    um dem hell-dunklen Feind entgegenzutreten und mit ihm zu kämpfen. Ein schreckliches Gefühl belastete mich, während ich den felsigen Pfad hinaufkletterte, als ob meine Niederlage bereits festgelegt wäre. Doch selbst dann, so beschloß ich, sollte das Geschöpf sich die Wunden lecken müssen, bevor es von dannen zog.
    Es nahm Notiz von mir, als ich ziemlich nahe herangekommen war, und es wandte sich in meine Richtung um. Sein Gesicht war noch immer verborgen, als es seine Waffe erhob. Ich stürmte voran und bedauerte nur, daß ich keine Zeit gehabt hatte, meiner Klinge das Gift meines Hasses einzugeben. Ich wirbelte beim Herantreten zweimal herum, eine Finte, um dann irgendwo in der Nähe seines linken Knies zuzuschlagen.
    Es folgte ein Lichtblitz, und ich fiel und fiel; Flammenfetzen zuckten um mich herum auf wie ein Feuersturm.
    Ich fiel immer weiter, scheinbar anderthalb Ewigkeiten lang, bis ich schließlich mit dem Rücken auf einem großen Steinplateau landete, das die Zeichen einer Sonnenuhr trug, deren Zeiger nur knapp

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