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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Teil meines Jobs ist.«
    »Er hat gestört. Rächen Sie mich!«
    Die Freiheit läutet, aber niemand öffnet; es war schwierig, immer optimistisch zu bleiben. Ich seufzte, wandte mich wie im Traum dem Verkäufer zu. Arbeit ist Arbeit, und ich tue meine Arbeit; schließlich machte die protestantische Arbeitsethik Amerika zu dem, was es ist, und ich fand immer meinen Stolz in ehrlicher Arbeit. Mein Vater erzählte mir, jeder könne nach oben kommen; er war leicht zu verleiten und dadurch immer wieder ein Opfer fremder Schliche: zu den lieblichsten Lügen wächst die tiefste Zuneigung. An diesem Tag fürchtete ich, daß ich nicht höher hinaufkommen würde, wenn ich keinen anderen Weg fand, irgendeinen Weg; ich war wie ein Junge, dem man erlaubt, in dem großen Schaufenster mit den Süßwaren Staub zu wischen.
    »O'Malley.«
    Seht euch im Spiegel an und werdet verrückt, sagen die Ambients, und ich wußte, wovon gesprochen wurde. Mit ihm sank auch ich, und ich wußte, daß ich nicht tiefer sinken konnte. An diesem Morgen ging in meinem Denken eine Veränderung vor sich und machte mich bereit, nach anderem Ausschau zu halten – aber es gab nichts anderes, noch schien es möglich, daß es je etwas geben würde. Nimm das Gegebene oder verliere alles; das war die Realität. Da stand ich, ohne Ohren, ohne Liebe, ohne Seele; teils Besitzer, teils Ambient, beides zusammen weniger als jedes für sich.
    »O'Malley!«
    Ich überlegte, welches Zubehör aus meinem Anzug am geeignetsten wäre: der Batog, die Schlagringe, die Kette oder der Gummiknüppel. Ich entschied, daß mein Batog – zwei scharfe Stecken, mit dickem Draht fest umwickelt – ausreichen würde. Wozu mit Kanonen auf Spatzen schießen? Wieder hielt ich inne; aber Mister Dryden hatte die Grenzen seiner Geduld erreicht.
    »Sollst nicht gucken, Muchacho«, sagte er und zitterte dabei, als hätte man ihn unter Strom gesetzt, »sondern tun!«
    Ich tat.
     

2
    W ÄHREND A VALON DURCH EINEN S TROHHALM aus einer Literflasche Glenlivet trank, spielte die Stereoanlage ›Blue Moon of Kentucky‹. An Konferenztagen trank sie schwer, da sie dann von einem Monat auf den anderen zu vergessen hoffte, wie es gewesen war.
    »Hat er für dein Gefühl genug geblutet?« fragte sie, als sie die Schirmmütze ablegte und die Verschnürung ihrer Ledertracht löste.
    Mister Dryden sagte nichts; er sah auch nicht hin, als sie ihr Kleid abwarf. Er nahm den Hörer vom Telefon, rief die Buchhandlung an und verlangte, daß ihm die Bücher binnen einer Stunde ins Büro geliefert würden. Die Bücher seien wieder in die Regale gestellt worden, wurde ihm gesagt. Er antwortete, daß er keinen Grund sehe, warum seine Wünsche nicht wie verlangt erfüllt werden sollten, und legte auf; damit brüskierte er jeden, ausgenommen seinen Vater. Er nahm LSD und Benzis aus seinem Schubfach und spülte sie mit Absinth hinunter. Dazu eine Prise Koks eingeschnüffelt, und er saß befriedigt. Bis vor einem Jahr, als seine Mutter gestorben war, hatte Mister Dryden nicht viel mit den Drogen zu tun gehabt, die er durch seine Organisation so erfolgreich importierte. Jetzt war er immer kräftig angetörnt. Drogennebel hüllte ihn so dicht ein, daß es den Anschein hatte, er sei – verletzt und schutzsuchend – darauf verfallen, sich so fest mit Bandagen zu umwickeln, daß er leicht daran ersticken konnte, bevor sich Heilung einstellte.
    Wir fuhren zu seinem Büro im Rockefeller Center, dem Dryco-Gebäude. Auf der Fifth Avenue marschierten Truppen in aufgelöster Ordnung. Die grinsenden Plakettengesichter an ihren Helmen hüpften im Schritt auf und nieder.
    »Gelbjacken«, höhnte Jimmy und nickte zu ihren Sonnenblumen-Reklamejacken. »Bilden sich ein, sie brennen wie Feuer.«
    Avalon legte ihre Konferenzausrüstung an, ein schweres Stahlkorselett mit orangefarbenem Besatz. Aus den Brustplatten ragten scharfe Dolchspitzen. Sie streifte ihre ledernen, mit Stahlspitzen besetzten Stachelarmbänder über, die Knieschützer, die Ellbogenschützer, ihre dicken wollenen Beinlinge und ihren ledernen Tanga. Zuletzt schnallte sie ihre Rollschuhe an und zog die engen ledernen Fäustlinge über.
    »Du polsterst dich?« fragte Mister Dryden stirnrunzelnd.
    »Ja.« Sie ölte die Räder mit Nähmaschinenöl.
    Wir parkten vor dem Haus, in der schmalen Straße bei der Plaza. Beim Aussteigen rieb ich mir Ruß aus den Augen; vom bloßen Aufenthalt an der Luft fühlten sich meine Hände schmutzig an. In der Ferne heulten Sirenen.

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