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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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war. »Warum bin ich hierhergekommen?«
    Ich überlegte einen Moment lang. »Um dir die Weisheitszähne ziehen zu lassen«, sagte ich. »Und um die Zahnspangen abnehmen zu lassen. Erinnerst du dich?«
    »Nein«, sagte sie und fuhr sich mit einer Hand über die Stirn. »Warum haben sie mir den Kopf rasiert?«
    »Es gab Komplikationen.«
    »Ist das deine neue Freundin?« fragte sie. Ich befürchtete, daß ich sie noch oft würde miteinander bekanntmachen müssen. Avalons Gesicht würde niemals eines sein, das ihr länger als wenige Minuten im Gedächtnis bleiben konnte.
    »Ja«, sagte ich und schloß Avalon in die Arme; sie sah mich an, und sah Enid an.
    »Sie ist hübsch«, sagte Enid. »Seamus? Können wir jetzt heimgehen?«
    »Ja, Enid.«
    »Ich möchte morgen einkaufen gehen. Möchtest du mitkommen?«
    »Klar, Enid. An welche Geschäfte hast du gedacht?«
    »Bloomingdales«, sagte sie. »Saks. Wir können den Bus nehmen.«
    Avalon legte einen Arm um Enids Mitte, um ihr stehen zu helfen, ohne umzufallen. Als beide das Gleichgewicht gefunden zu haben schienen, ging ich hinüber zu Alice, vorbei an dem Alten Mann, der in Frieden vor ihr am Boden lag. Alices blauer Bildschirm blickte mich an und erwartete meine Fragen.
    »Ich werde George sagen, daß er sich um ihn kümmert«, sagte sie.
    »Hast du eine Idee, was geschehen ist?« fragte ich. »Du sagtest …«
    »Ich tat«, sagte sie, »was zu tun ich programmiert worden bin. Es liegen noch keine Informationen vor. Ich würde jedoch meinen, daß wir bereits etwas bemerkt hätten, wäre das Programm angelaufen.«
    »Das meine ich auch«, sagte ich. »Dann werden wir jetzt gehen.«
    »Ich hoffe dich wiederzusehen, Seamus«, sagte sie. »Es macht mir Freude, mit dir zu arbeiten.«
    »Hast du einen Rat für mich?« fragte ich.
    »Caveat emptor«, sagte sie.
    Avalon und ich nahmen Enid in die Mitte, und zu dritt gingen wir durch den Raum. Hinter einer der Türen war ein Aufzug, und als er sich öffnete, traten wir hinein.
    »Wohin gehen wir, Seamus?«
    Ich sah Avalon und Enid an, sah die Aufzugtüren zuschnurren und fragte mich. Für jeden Segen kam Verdammnis, für jeden Gewinn zwei Verluste, für jeden Kuß ein Dutzend Schläge. Ein ruhigerer Geist, ein sichereres Leben: das war alles, was ich mir wünschte. Der Klang der Freiheit war ein Sirenengesang, der jene entsetzte, die nicht vorbereitet waren, ihn zu hören, der jene betäubte, die sich bemühten, nicht zu hören. Er rief ein Bewußtsein auf, das ich nicht länger leugnen, Wissen, dem ich nicht länger ausweichen, Wahrheiten, über die ich nicht länger lügen konnte. Es gab doch eine Wahl; in einer Ambientwelt gab es immer eine Wahl.
    »Heim.«
    Aus der dunklen Asche des Herbstes sprießen die grünen Gebeine des Frühlings, überall und immer wieder, bis an das liebliche Ende aller Zeiten. Zu früh gestrandet an furchtbaren Ufern, zu früh gespalten von Mividas Gestalt, sah ich jetzt diamantenscharf meinen Platz; dort werde ich die Chamäleonhaut der Täuschung ablegen und die Nörgeleien beruhigen, die kaltes Glück überschatten. In meiner Nestgefährtin blauen Spiegeln sah ich Liebe, Freund, Vater, Mutter, alles; vergangen, kummervoll, verlustgebeugt. Porque? Herzverflucht dieser Schmortopf, diese Stadt, dieses reizbare Wespennest; diese längst aus den Pfoten der Gottheit geschlagene Welt. Porque? Warum nicht? Ich drückte die Knöpfe, und wir fuhren hinauf.
     

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