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Ambient 04 - Terraplane

Ambient 04 - Terraplane

Titel: Ambient 04 - Terraplane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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hoffen. Wenn nicht, wird es auch nichts machen. Wenn es aber klappt – nun, ich weiß einfach nicht.«
    »Angst?«
    »Zum Teufel, ja«, sagte sie beinahe unhörbar, als ob das Eingeständnis einen Blitz auf sie herablenken würde. »Wenn Sie alle aus der Zukunft sind, wie Sie gesagt haben, dann ist es dort ganz verschieden von allem, womit wir hier aufgewachsen sind.« Sie zeigte zu den Torpfosten der Welt von Morgen. »Nach Ihrem Handeln zu urteilen, jedenfalls. Wie Sie reden. Manchmal handeln Sie wie wir. Manchmal nicht. Ich weiß nicht, was mir mehr Angst macht.«
    »Wir haben uns dem Vertrauten angepaßt«, sagte ich. »Unsere Ängste hier sind auch groß gewesen, aber schon jetzt passen wir uns an. Mit der Zeit würde uns alles hier echt vorkommen, wie unsere Welt Ihnen mit der Zeit echt vorkommen wird.«
    »Ja, Gut. Wer ohne Arme geboren wird, vermißt sie nicht, aber die Leute nennen Sie trotzdem Stummel«, sagte sie mit einem halben Lächeln. »Norman war derjenige, der hätte mitgehen sollen. Er war immer so scharf darauf, über die Zukunft zu reden und sich Spekulationen darüber hinzugeben. Er wäre sofort mitgegangen. Hätte alles getan, um aus diesem herauszukommen.«
    Mit diesem hatte sie diese Welt, dieses Land, dieses Leben gemeint. »Ich weiß nicht, Luther«, fuhr sie fort und umarmte das Lenkrad, wie um Halt zu suchen. »Sie alle brauchen mich nicht. Sie können hinübergehen, und sobald Sie durch das Drehkreuz sind, können Sie einfach weitergehen. Mich vergessen.«
    »Selbst wenn die Behörden Sie als Nichtbeteiligte ansehen«, sagte ich, »wenn keine Verfolgung wartet, selbst dann, was bleibt?«
    »Nichts.«
    »Also begleiten Sie uns«, sagte ich. »Ich kann helfen, sobald wir daheim sind. Sie werden sich schon anpassen.«
    »Sie meinen, ich würde wie Sie?«
    »Die Menschen verändern sich«, sagte ich. »Das liegt in der Natur der Dinge.«
    Sie suchte nach Worten, als müßte sie sich in einer fremden Sprache ausdrücken, eingedenk der Fallgruben der Übersetzung, in Sorge, sich durch Gesten zu verraten. »Sie alle benehmen sich nicht einmal wie Leute«, sagte sie.
    »Das ist unvernünftig.«
    »Nicht wie Leute, die ich kenne«, sagte sie. »Wie Sie die Dinge ansehen. Wie Sie etwas tun. Menschen töten, als ob Sie Frühstück bereiteten. Es ist einfach nicht …« – sie hielt inne –, »ich will Sie nicht beleidigen, ich möchte nur erklären, und das ist schwierig.«
    »Verstanden«, sagte ich. »Sonnenklar.«
    »Ich meine, bedeutet das Leben den Menschen nichts mehr?« fragte sie. »Uns hier bedeutet es was, Luther. Alle haben erleben müssen, wie Leute, die sie liebten, das Leben verloren. Was bedeutet es Ihnen?«
    »Etwas, mit dem man lebt«, sagte ich, und genauso empfand ich es.
    »Aber ist es wichtig oder nicht?«
    »Wichtig.« Wichtig das Leben derjenigen, die man kannte, liebte und verlor; das Leben der Millionen oder das Leben des Fremden auf der Straße konnte niemals so wichtig sein, denn man konnte nicht übermäßig bei der alles umgebenden Tragödie verweilen, ohne den Verstand zu verlieren. Es konnte keine Rettung aller geben, und der Versuch war sinnlos; jene zu schützen, die man schützen konnte: Darin erschöpfte sich menschliches Vermögen.
    »Aber nicht in gleicher Weise«, sagte sie. »Das jedenfalls ist der Eindruck, den ich bekomme. Wie sind wir zu dem geworden, was Sie alle sind, Luther? Was ging schief?«
    »Nichts«, sagte ich. »Niemand bemerkt die Veränderungen, bis sie eingetreten sind.«
    »Das ist noch schlimmer, dann«, sagte sie. »Zu Ungeheuern werden und es nicht mal wissen.«
    »Sie finden mich so furchtbar?«
    »Luther«, sagte Sie. »Sehen Sie, was geschehen ist. Ich kann erkennen, daß Sie in Ihrem Herzen nicht schlecht sind, aber etwas ist einfach nicht da. Ich glaube, es muß allmählich geschehen sein, ein klein bißchen zur Zeit. Eines Tages geschieht etwas, und Sie sehen keinen anderen Ausweg als etwas zu tun, das Sie normalerweise nicht getan haben würden; dann, wenn es das nächste Mal zu solch einer Lage kommt, tun Sie es schon ohne Gewissensbisse, oder Sie tun etwas, das ein wenig schlimmer ist. Und das nächste Mal kommt es wieder so. Bis Sie am Ende sind …« Ihre Stimme verlor sich, sie seufzte. »Haben Sie eine Ahnung, wovon ich spreche?«
    Und sie beäugte mich, daß ich mich fragte, was sie sah. »Ich verstehe es nur zu gut«, sagte ich. »Alles wird hier genauso geschehen.«
    »Vielleicht nicht«, sagte sie. »Ich glaube, es ist

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