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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Schultern. »Es scheint sich um einen Luftangriff zu handeln. Das war es, was Lord Salisbury uns vermitteln wollte. Vielleicht hätten wir ihm Gehör schenken sollen, statt schnöde aufzubrechen.«
    »Sollen wir Schutz suchen?«, erkundigte sich Emerson. »Am Ende der Straße ist ein Tunnel.«
    »Wozu sollte das gut sein? Bomben fallen aufs Geratewohl. Ich möchte nach Hause.«
    In der Ruhepause zwischen dem Gefechtsfeuer vernahm ich ein weiteres Geräusch – ein entferntes Summen. »Seht doch«, flüsterte Nefret. »Da oben.«
    Sie sahen hübsch aus und harmlos, wie riesige, silbrige Fische in einem Meer aus Schwärze. Die Suchscheinwerfer erhellten sie und eine weitere Explosion ließ die Luft erzittern.
    »Das sind keine Bomben, das sind unsere Kanonen«, bemerkte Ramses. »Von den Bataillonen im Hyde Park. Vater, gestattest du, dass ich fahre? Ich hoffe, ich trete dir nicht zu nahe, aber mein Nachtsehen …«
    »Jetzt ist nicht der richtige Augenblick für höfliches Geplänkel«, zischte ich. »Wo ist das Automobil? Ramses, du fährst.«
    Emerson fasste meinen Arm. »Ja, wir können ebenso gut weitergehen. Es sind nur drei dieser verfluchten Dinger und sie scheinen ziemlich weit im Norden zu sein. Sobald die Deutschen ihre Flugzeuge in Kampfstellung bringen, sieht die Sache anders aus.«
    »Emerson, würdest du so freundlich sein, dir deine pessimistischen Bemerkungen zu verkneifen und dich zu beeilen?«
    Der Himmel über dem East End war ein einziges, rotes Flammenmeer. Sie zielten auf die Docks und trafen auch, soweit ich das beurteilen konnte. Ich konnte meinen Blick nicht losreißen von jenen hübschen, silbrigen Konturen. Warum zum Teufel konnten unsere Kanonen sie nicht abschießen? Gefechtsfeuer im Hyde Park und im Hafen … Was drohte als Nächstes, Luftkämpfe über dem Buckingham-Palast? Meine behandschuhten Finger schwitzten unangenehm. Ich schalt mich für meine Feigheit, aber ich erlebte zum ersten Mal einen Luftangriff und ich verabscheute es – nicht nur das Gefühl der Hilflosigkeit, sondern auch die Distanziertheit des Ganzen. Wenn mich jemand umbringen will, dann doch bitte aus persönlichen Beweggründen.
    Mir schien, als würde Ramses unendlich langsam fahren – bis er gerade noch rechtzeitig eine Vollbremsung hinlegte, um einer schemenhaften Gestalt auszuweichen, die direkt vor ihm auf die Straße torkelte.
    »Betrunken«, stellte er fest, derweil fragliches Individuum schwankend seinen Weg fortsetzte.
    »Die Flucht in den Alkohol ist für manche der einzige Ausweg«, bemerkte Emerson. Er drehte sich um, seinen Arm auf die Lehne des Autositzes gelegt. »Tut es dir Leid, dass du den Portwein abgelehnt hast, Peabody?«
    »Nein. Aber zu Hause werde ich mir einen anständigen Whisky Soda genehmigen.«
    »Das werden wir alle. Kopf hoch, mein Schatz, es ist so gut wie vorbei. Sie können nicht die ganze Nacht weitermachen.«
    Ich konnte die Zeppeline nicht mehr sehen und das Gefechtsfeuer hatte nachgelassen. Wo wir waren, hätte ich nicht zu sagen vermocht, denn Ramses hatte einen Umweg genommen. Kleinere Geschäfte und Lagerhäuser säumten die Straßen. Ich begann mich zu entspannen, als ich Emersons Aufschrei vernahm und ein grässliches Pfeifgeräusch. Ramses’ Schultern zuckten und der Wagen schleuderte und schoss um die Kurve. Er kam schlingernd zum Halten, während das Quietschen der Bremsen von einer gewaltigen Explosion übertönt wurde. Ich fand mich auf dem Boden des Automobils wieder; Nefret lag auf mir und versuchte, mit ihren Armen meinen Kopf zu schützen.
    »Nefret?« Ramses stemmte die Tür auf und hob seine Frau auf. Nachträglich fügte er hinzu: »Mutter?«
    »Alles in Ordnung«, krächzte ich. »Was zum Teufel war das?«
    Emersons riesige Hände stützten mich und halfen mir auf. »Setz dich noch nicht, der Sitz ist voller Scherben, darunter auch Glassplitter. Beruhige dich, mein Schatz. Bist du verletzt?«
    »Ich nicht. Nefret hat mich zu Boden gestoßen und mit ihrem Körper geschützt. Ist sie verletzt?«
    »Ein paar Schrammen an den Armen«, räumte Ramses ein. Auf seinem und auf Emersons Gesicht waren Blutspritzer. Die Windschutzscheibe war zerschellt und beide Männer mit Glassplittern bedeckt.
    Eine Zeit lang blickten wir einander nur fassungslos an. Abgesehen von dem klaffenden Krater in der Straße und der eingedrückten Motorhaube unseres Fahrzeugs hätte der gesamte Vorfall ein entsetzlicher Albtraum gewesen sein können. Die Nacht war totenstill, nur ein

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