Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
diesen Sachen könnt ihr nicht klettern!«, und Selim versicherte uns tief gekränkt, dass er hervorragend in der Lage sei, das verfluchte Automobil über den Hang zu manövrieren. Natürlich ignorierte ich diese Worte. Nachdem ich ein bisschen herumgewühlt hatte, fand ich eines der mitgenommenen Bündel, worin zwei Paar Stiefel waren.
»Was zum Teufel …«, hub Emerson an.
»Ich glaube, ich bin für alle Eventualitäten gerüstet«, versetzte ich. »Und wie du siehst, stimmt es! Krempel deine Hosen hoch, Nefret, und stopf den Saum in deine Stiefel. Ja, ich denke, so geht’s; bist du bereit, mein Schatz?«
Nefret grinste. »Ramses hat Recht: Du überraschst einen immer wieder, Mutter. Ja, ich bin bereit.«
Es war kein schwieriger Aufstieg – es gab sogar einen Trampelpfad, der über den Steilhang führte. Wir konnten fast die ganze Zeit aufrecht gehen, mussten also nicht auf Händen und Füßen vorwärts kriechen. Als wir die Kuppe erreichten, sahen wir vor uns eine verdorrte, karge Landschaft im gleißenden Sonnenlicht; die heiße Luft indes trocknete unsere verschwitzten Körper, und es war herrlich, dass wir uns aus dieser fürchterlichen Vermummung geschält hatten.
Nefret spähte hinunter in das Wadi. »Selim hat den Wagen gewendet«, sagte sie. »Sie sehen uns – der Professor winkt, dass wir aus dem Weg gehen sollen-, sie kommen … Oh, Schreck. Ich glaube, das kann ich nicht mit ansehen!«
Gleichwohl wäre es unmöglich gewesen, nicht hinzusehen. Unter dem Krachen und Stottern und Husten des Motors donnerte das Vehikel über den Hang. Noch lauter als die Wagengeräusche waren die Begeisterungsstürme von Emerson, der hochhüpfte wie ein Gummiball und von einem Ohr zum anderen griente. Als Selim anhielt, auf einem relativ ebenen Stück, liefen Nefret und ich zu ihnen.
»Seht ihr!«, prahlte Emerson. »Ich habe ja gleich gesagt, dass es funktionieren wird!«
»Ein Reifen ist platt«, bemerkte ich.
Emerson winkte ab. »Das ist schnell gemacht.«
Selim gelang es, den Reifen zu wechseln, trotz Emersons Versuchen, ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wir ließen die Wasserflasche kreisen, zwängten uns wieder in unsere Reisekostüme und fuhren weiter.
Über die nun folgenden Stunden will ich den Mantel des Schweigens legen. Ich weiß nicht mehr, wie oft wir in einer Sandverwehung stecken blieben. Mehrfach gelang es Selim, diese geschickt zu umfahren; dann wieder musste er die Planken unterlegen und Emerson den Wagen anschieben. Er hatte seine extravagante Kleidung abgelegt und feuerte Selim an, als die Räder durchdrehten und ihn mit einer Ladung Sand torpedierten. Er war barhäuptig, sein feines Batisthemd zerrissen und mit Öl bekleckert; kurzum, mein Gatte hatte eine herrliche Zeit.
Als die Sonne im Westen unterging, erkannten wir, dass wir es an diesem Tag nicht mehr bis zur Küstenstraße schaffen würden. Schweißgebadet und völlig vermummt, sann ich bereits auf Methoden, Emerson zu meucheln und Selim vielleicht gleich mit, als ich ein paar spindeldürre Palmen vor uns sah.
»Da ist es«, sagte Emerson ausgelassen. »Ich wusste, ich würde es wiederfinden!«
»Du wusstest es?«, wiederholte ich.
Es eine Oase zu nennen, wäre im höchsten Maße übertrieben gewesen, aber es gab Wasser, abgestanden und trüb, sodass wir uns wenigstens Gesicht und Gliedmaßen erfrischen konnten. »Deine kleine Abkürzung hat uns nur einen Tag gekostet«, schnaubte ich, als wir uns um das kleine Feuer setzten. »Bis jetzt.«
»Morgen sind wir wieder auf der Hauptstraße«, tönte Emerson. »Und gegen Abend in Khan Yunus.«
»Das sagst du.« Ich spähte zu Nefret, die im Schneidersitz auf dem Boden hockte und Sardinen aus einer Konserve verdrückte. »Ich werde deine Haut noch einmal schminken müssen, Nefret. Durch den Sand und das Schwitzen ist das meiste verwischt. Und du, Emerson –«
»Was stimmt denn nicht mit meiner Maske?«, erkundigte sich Emerson, er fuhr sich mit der Hand durch seinen Bart und streute dabei Sand auf seine Sardinen.
»Bekomme ich auch eine Verkleidung, Sitt Hakim?«, fragte Selim hoffnungsvoll.
»Du könntest deinen Bart rasieren«, schlug ich vor.
Selim wurde blass und umklammerte seine kostbare Manneszierde. Ich bereute meinen üblen Scherz sogleich. »Ich habe nur Spaß gemacht, Selim. In dieser Gegend kennt dich keiner; ich glaube nicht, dass du eine Tarnung brauchst.«
Es ist leicht nachvollziehbar, wie die Israeliten sich fühlten, als sie nach mühevollem
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