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Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin

Titel: Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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meinem Vorschlag zuvorzukommen, dass er gefälligst Abendgarderobe anziehen solle. Emerson verabscheut einengende Kleidung, und ich muss unumwunden zugeben, dass seine beeindruckende Gestalt nie besser ausgesehen hat als in den zerknitterten Baumwollhosen und aufgeknöpften Hemden, die er bei seinen Exkavationen trägt. Allerdings sah ich mich in diesem Fall genötigt, auf meinem Standpunkt zu beharren.
    »Wir schreiben den 31. Dezember, Emerson. Wir müssen auf das neue Jahr anstoßen und darauf hoffen, dass 1917 besser wird.«
    »Pah«, schnaubte Emerson. »Das ist lediglich ein bedeutungsloses Datum. Das einzig Wichtige am 1. Januar ist die Tatsache, dass wir einen Tag näher an Alexandria sind. Du bist schick genug für uns beide. Das Kleid steht dir, meine Liebe. Ist es neu?«
    Es war nicht neu, und das wusste er genau – zumindest dachte ich das, denn bei Emerson kann man nie sicher sein. Er übersieht geflissentlich, was er bemerken soll, und nimmt die Dinge wahr, die ihn nichts angehen.
    Ein Blick in den Spiegel konnte sein Kompliment kaum bestätigen, da mein Erscheinungsbild von dem Schlingern und den tanzenden Schatten verzerrt wurde. Gleichwohl kenne ich mein Äußeres gut genug – eine vielleicht etwas rundlichere Figur als in der Vergangenheit, ein ziemlich vorstehendes Kinn, stahlgraue Augen und schwarzes Haar, das lang und kräftig ist, aber nicht seidig glänzend, trotz der hundert Bürstenstriche jeden Abend. (Auf den Seiten meines persönlichen Tagebuches werde ich einräumen, dass der Naturfarbe künstlich etwas nachgeholfen wurde. Emerson weiß nichts von diesem kleinen Trick, und ich sehe keine Veranlassung, ihn darüber aufzuklären.) Kurz gesagt, schön bin ich nicht – außer in den Augen meines Göttergatten.
    Aufgrund seines Kompliments milde gestimmt, lächelte ich ihn zärtlich an. »Nein, Emerson, du wärst der Einzige, der nicht in Abendgarderobe erscheint. Bei einem solchen Anlass ist es besonders wichtig, Contenance zu zeigen und –«
    »Hölle und Verdammnis!«, brüllte Emerson. Mit meiner Hilfe und viel Murren tat er, wie ihm geheißen. Dann bot er mir seinen Arm, und der letzte Rest seiner Übellaunigkeit versiegte, als ich mich bei ihm unterhakte. Emerson mag das. Ich tue es nicht sehr oft, bezweifle jedoch, ob ich mich ohne seine Unterstützung an jenem Abend auf den Beinen hätte halten können.
    Wir hatten noch nicht allzu viel von unseren Mitreisenden gesehen – es waren ohnehin weniger als in der viel gelobten Vergangenheit. Das grässliche Wetter hatte die meisten Passagiere an ihre Kojen gefesselt. Dank des maßvollen Genusses von Whisky-Soda, was unter anderem auch ein hervorragendes Mittel gegen Seekrankheit ist, hatten wir keinerlei Probleme, trotzdem war es wenig vergnüglich, über leergefegte Decks zu schlendern.
    An jenem Abend kamen mehr Passagiere als sonst zum Dinner. Die Silvesterparty war zweifellos der Auslöser, indes schienen die Wenigsten in Feierlaune. Die fest zugezogenen Vorhänge vor den Fenstern im Speisesaal waren ein stummer Hinweis auf den Krieg, das ständige Rollen und Schlingern des Schiffes wirkte beunruhigend. Vielleicht, dachte ich hoffnungsvoll, fahren Unterseeboote bei schlechtem Wetter nicht hinaus. Danach sollte ich mich wirklich einmal erkundigen.
    Die anderen waren bereits an unserem Tisch versammelt; als wir im Zickzackkurs auf sie zusteuerten, erhob sich Ramses, eine Hand lässig auf seinen Sesselrücken gelegt, um sein Gleichgewicht zu halten. Ich war angenehm überrascht, ihn in einem korrekten schwarzen Abendanzug vorzufinden; Nefret sah besonders hübsch aus in dem matten Blauton, der zu ihren Augen passte und ihr rotgoldenes Haar unterstrich. Das fünfte Mitglied der Runde saß fest zwischen die beiden geklemmt, damit sie nicht aus ihrem Stuhl herauskatapultiert würde. Sennia hätte in ihrer Kabine mit Basima, ihrer Kinderfrau, sein sollen, war es doch reichlich spät für eine Siebenjährige, doch Basima fühlte sich nicht gut, und Sennia hatte den Jahreswechsel mit Ramses feiern wollen – und sie hatte ihren Willen bekommen, wie so oft.
    Es war nicht verwunderlich, dass viele Leute das Kind meines Neffen für Ramses’ illegitime Tochter hielten, denn sie hatte meine dunkelgrauen Augen und seinen Teint geerbt. Ramses hatte schon immer mehr Ähnlichkeit mit einem Ägypter als mit einem Engländer: gewelltes, schwarzes Haar, schwarze Augen und dichte, dunkle Wimpern, seine Haut um einiges dunkler als auf unserer Insel

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