Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
verschwitztes Gesicht abwischend.
»Ganz sicher.« Emerson schien verblüfft. Er führte aus: »Wir befinden uns nur noch drei Kilometer von Medinet Habu entfernt. Kopf hoch, Peabody, von nun an geht’s bergab; zum nächsten Wadi gibt es einen kinderleichten Weg und von dort ist es nur ein Katzensprung bis zum Friedhof der Affen.«
Als wir das Ende des »kinderleichten Weges«, der natürlich alles andere als das war, erreichten, stand die Sonne hoch am Himmel. Ein langer, relativ niedriger Felskamm trennte das erste Wadi von dem zweiten, obwohl ich besagte Passage wahrlich nicht als Katzensprung bezeichnet hätte. Der Boden war extrem uneben, mit Felsbrocken und archäologischem Geröll übersät – Fragmente aus rotem Ton, Feuersteine und so fort.
Erhitzt, außer Atem und mit diesem frustrierenden Anblick konfrontiert, machte ich meinem Herzen Luft.
»Aha, das ist vermutlich das Wadi, wo die Prinzessinnengruft lokalisiert wurde. Würdest du mir jetzt bitte erklä ren, was zum Kuckuck wir hier sollen? Du hast Cyrus dargelegt, er würde nur Zeit verschwenden, wenn er hier nach Gräbern sucht.«
»Hmph«, meinte Emerson. »Meine Bescheidenheit verbietet mir zu erwähnen, dass ich vielleicht ein bisschen qualifizierter bin als Vandergelt. Allerdings ist das nicht mein vorrangiges Ziel. Ich – äh – möchte mir diese Prinzessinnengruft nur kurz anschauen. Diese Bastarde können sie nicht komplett ausgeräumt haben.«
»Oh doch, das können sie. Ich garantiere dir, Emerson, du wirst nichts Interessantes finden – wie sollen wir es überhaupt exakt lokalisieren? Das Grab war gut verborgen, und in diesem Gestein gibt es Dutzende von Spalten und Ritzen.«
»Vielleicht finden wir irgendwelche Hinweise«, beharrte Emerson. »Wassermarken, frisch aufgeworfenes Geröll, womöglich sogar winzige Splitter von den Grabbeigaben. Fällt dir irgendwas auf, Ramses?«
»Nein, Sir.« Ramses bückte sich und hob einen bearbeiteten, mit Patina überzogenen Stein auf. Er warf ihn fort. »Paläolithisch.«
Die Felswände zu beiden Seiten taxierend, bahnten wir uns langsam den Weg durch das holprige Wadi-Gelände.
Dort gab es noch mehr Schutt, in Form von Tonscherben und Steinsplittern. Ich blieb vor einem gähnenden Loch stehen und kreischte aufgeregt: »Emerson! Ein Schachtgrab, nicht wahr? Und hier–« Ich tastete nach einem Objekt, halb verborgen von Geröll – es war etwas metallisch Glänzendes. »Hier ist – oh.«
Es war eine zerknüllte Zigarettenschachtel.
»Carter«, fluchte Emerson.
»Woher willst du das wissen?«
»Die Einheimischen können sich keine europäischen Zigaretten leisten«, knurrte Emerson. »Ist doch seine Marke, oder?«
Als wir weitergingen, wurde der Boden unter unseren Füßen immer unwegsamer; es schien, als hätte jemand eine ziellose, aber umfassende Exkavation vorgenommen.
Emerson fluchte. »Entweder hat Carter auch noch den letzten Rest seines archäologischen Ethos verloren, oder die Einheimischen haben hier gebuddelt, auf der Suche nach Grabstätten.«
»Sicherlich Letzteres«, murmelte Ramses. »Carter hat jedes Recht, hier zu sein, Vater; er hat nichts Verbotenes getan.«
»Hmph«, knurrte Emerson, der dies zwar nicht leugnen konnte, der aber im Grunde seines Herzens ganz Ägypten für sein persönliches Eigentum hielt – archäologisch betrachtet.
Wir hatten das Ende der Schlucht fast erreicht, als ich schwach einen unangenehmen Geruch wahrnahm. Ich sah in der Erwartung auf, über mir jene geflügelten Jäger kreisen zu sehen, die sich von Aas ernähren; doch der Himmel war nur ein Meer aus Licht.
Jumana war die Erste, die auf einen der von uns gesuchten Anhaltspunkte stieß. Sie lief flink und sicher über den unebenen Boden voraus und blieb unvermittelt stehen. »Seht doch!«
Das Objekt, das sie hoch hielt, war eine winzige, goldene Perle.
»Holla«, meinte Emerson. »Gut gemacht, Jumana. Ja, genau wie ich erwartet habe. Das Grab muss teilweise von Felsgestein verschüttet worden sein, das sich von Wänden und Decke gelöst hat. Die Schurken haben nicht mehr entfernt als unbedingt nötig, dabei aber zwangsläufig ein paar Dinge verloren. Meine Güte, das sieht aus wie ein Knochen.«
Als er den Gegenstand aufhob, zerfiel er zu Staub.
»Verwest aufgrund der Feuchtigkeit«, knurrte Emerson und fing an, in dem Schutt herumzuwühlen.
»Das Grab muss dort oben sein«, sagte Ramses, seine Augen mit einer Hand überschattend. »Direkt über uns, in dieser
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